Weiße Ware im Akkord

Jede Minute verlässt ein nagelneuer Transporter das Band: Meist in Weiß lackiert und in 15 Schichten pro Woche. Das italienische Werk Sevel liegt in den Abruzzen nahe der Gemeinde Atessa, rund zweieinhalb Autostunden von der Hauptstadt Rom entfernt. Auf dem 1,2 Millionen Quadratmeter großen Gelände nahe der Adriaküste werden Kleintransporter gebaut. Die baugleichen Modelle heißen Citroën Jumper, Fiat Ducato, Opel oder Vauxhall Movano und Peugeot Boxer und gehören alle zur Nutzfahrzeugsparte aus dem Stellantis-Konzern, die unter dem Dachnamen Pro One firmiert.

Die Produktionsstätte Sevel (Società Europea Veicoli Leggeri) entstand 1981 aus einem Joint Venture von Fiat und Citroën/Peugeot (damals PSA) und ist die weltweit größte Fabrik für leichte Nutzfahrzeuge. Weit über 7,3 Millionen Fahrzeuge wurden seitdem in Atessa produziert. Aktuell gibt das Werk 5000 Menschen Arbeit. Für die wirtschaftlich schwache Region ist das mehr als ein Segen. Ebenso aber auch für den Stellantis-Konzern, der mit seinen 14 verschiedenen Marken der fünftgrößte Automobilhersteller der Welt ist und mit den leichten Nutzfahrzeugen rund ein Drittel seines Nettoumsatzes erwirtschaftet.

Montagehalle ist fast einen Kilometer lang

Die Montagehalle ist fast einen Kilometer lang. Aufgereiht wie an einer Perlenkette ziehen die Modelle von Citroën, Fiat, Opel, Vauxhall und Peugeot auf mehreren Etagen vorüber. Dabei ist es egal, ob gerade ein Kastenwagen, ein Bus, eine Pritsche oder einfach nur ein Fahrgestell montiert wird. Der Entstehungsprozess ist allerdings hochkomplex, da je nach Version noch jeweils drei unterschiedliche Radstände und Fahrzeughöhen hinzukommen. Die unterschiedlichen Ausstattungskombinationen in Sachen Sitze über Cockpitausführungen bis hin zu den verschiedenen Optionsmöglichkeiten machen die Angelegenheit nicht einfacher.

Gut die Hälfte aller produzierten Karosserievarianten fallen auf den Kastenwagen, knapp über 40 Prozent sind Basisfahrzeuge für Wohnmobile, die von den Reisemobilhersteller individuell aufgebaut werden und elf Prozent sind Spezialumbauten, wie Kleinbusse, Kipper, oder etwa Pritschenwagen. Zählt man alle unterschiedlichen Versionen zusammen, ergeben sich insgesamt 247 Karosserievarianten. Bei den Motoren steht der 2,2-Liter-Turbodiesel in drei Leistungsstufen zur Wahl, der mit einem Handschaltgetruiebe oder einer neuen Achtstufenautomatik kombiniert werden kann.

Von der enormen Vielfalt ist in der Fabrik kaum etwas zu spüren. Die 740 Roboter erledigen ihren Job mit Bravour, schweißen die Rohkarossen zusammen und die vielen Arbeiter am Montageband strahlen eine beruhigende Gelassenheit aus. Jeder der wiederkehrenden Handgriffe sitzt. Professionell, aber auch ausgesprochen leise geht es zu. Außerdem wird nichts dem Zufall überlassen. Es gibt etliche Kontrollebenen, bei denen die Qualität und Messtoleranzen immer wieder überprüft werden. Auf automatischen Vermessungsbänken, oder von zumeist weiblichen Beschäftigten, die mit ihren geschulten Blicken überprüfen, ob alles korrekt zusammengebaut wurde. Der Frauenanteil im Werk liegt bei rund 20 Prozent.

Von Verbrenner bis Wasserstoff

Die aktuelle Nutzfahrzeug-Generation von Stellantis befindet sich seit 2006 auf dem Markt und wurde über die Jahre immer wieder modellgepflegt. So ein Lebenszyklus ist lang, was aber im Nutzfahrzeugbereich ein ganz normaler Prozess ist. Das letzte Update hat soeben stattgefunden. Von außen aufgefrischt und innen gibt es neue Technologien. Angefangen vom digitalen Kombiinstrument bis hin zum Multimediasystem mit neuen Telematik-Diensten.

Neuerdings werden im Werk in Atessa auch die rein elektrischen Transporter komplett gefertigt. Angefangen beim Karosseriewerk über die Lackiererei bis hin zur Montage. Das war vorher anders. Bisher mussten die Stromer noch zur Endmontage kreuz und quer durch Europa gekarrt werden. Nun wurde das Werk modernisiert und gleichzeitig auf die für dieses Jahr angekündigte neue Wasserstoff-Brennstoffzellen-Variante vorbereitet. Sie soll bis zu 500 Kilometer weit stromern. Bei der rein batterieelektrischen Ausführung sind es aktuell 420 Kilometer.

Marktführer bei leichten Nutzfahrzeugen

Vielleicht würde die Brennstoffzelle auch als zukünftiger Antrieb unter den Wohnmobilen dienen, da sie kompakter baut und leichter sein dürfte als der reine Stromer. Für den Fiat Ducato, der als Basisfahrzeug für Reisemobile dient, ist Deutschland mit einem Anteil von 21 Prozent der größte Markt. Zählt man die Transporter von Citroën, Opel und Peugeot noch hinzu, hat Stellantis mit rund 33.800 zugelassenen Camper, im letzten Jahr erneut die Spitzenposition eingenommen.

Aber auch insgesamt liegt das Unternehmen weit vor Ford, Mercedes, Renault oder VW. Jedes vierte in Deutschland neu zugelassene leichte Nutzfahrzeug stammte im vergangenen Jahr von einer Stellantis-Marke – damit war der Verbund aus den ehemaligen Unternehmen Groupe PSA und Fiat Chrysler Autombiles sowie Opel den vierten Monat in Folge hierzulande die klare Nummer eins. (cen)


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Bilder zum Artikel

Transporterproduktion im italienischen Stellantis-Werk Sevel.

Transporterproduktion im italienischen Stellantis-Werk Sevel.

Foto: Autoren-Union Mobilität/Stellantis


Transporterproduktion im italienischen Stellantis-Werk Sevel.

Transporterproduktion im italienischen Stellantis-Werk Sevel.

Foto: Autoren-Union Mobilität/Stellantis


Transporterproduktion im italienischen Stellantis-Werk Sevel.

Transporterproduktion im italienischen Stellantis-Werk Sevel.

Foto: Autoren-Union Mobilität/Stellantis


Transporterproduktion im italienischen Stellantis-Werk Sevel.

Transporterproduktion im italienischen Stellantis-Werk Sevel.

Foto: Autoren-Union Mobilität/Stellantis


Transporterproduktion im italienischen Stellantis-Werk Sevel.

Transporterproduktion im italienischen Stellantis-Werk Sevel.

Foto: Autoren-Union Mobilität/Stellantis


Transporterproduktion im italienischen Stellantis-Werk Sevel.

Transporterproduktion im italienischen Stellantis-Werk Sevel.

Foto: Autoren-Union Mobilität/Stellantis


Transporterproduktion im italienischen Stellantis-Werk Sevel.

Transporterproduktion im italienischen Stellantis-Werk Sevel.

Foto: Autoren-Union Mobilität/Stellantis


Transporterproduktion im italienischen Stellantis-Werk Sevel.

Transporterproduktion im italienischen Stellantis-Werk Sevel.

Foto: Autoren-Union Mobilität/Stellantis


Transporterproduktion im italienischen Stellantis-Werk Sevel.

Transporterproduktion im italienischen Stellantis-Werk Sevel.

Foto: Autoren-Union Mobilität/Stellantis


Transporterproduktion im italienischen Stellantis-Werk Sevel.

Transporterproduktion im italienischen Stellantis-Werk Sevel.

Foto: Autoren-Union Mobilität/Stellantis


Transporterproduktion im italienischen Stellantis-Werk Sevel.

Transporterproduktion im italienischen Stellantis-Werk Sevel.

Foto: Autoren-Union Mobilität/Stellantis


Transporter-Werk Sevel von Stellantis in Italien.

Transporter-Werk Sevel von Stellantis in Italien.

Foto: Autoren-Union Mobilität/Stellantis