BYD träumt davon, Nummer eins zu werden – nicht nur beim E-Auto

In langen Bahnen laufen die Aluminium-Folien durch die Fertigungsstraße in Kengzi, einem Stadtteil von Shenzhen im Süden Chinas. Man sieht dem Werk an, dass es nicht mehrbganz neu ist. Obwohl schon 2008 errichtet, ist es immer noch so geheim, dass Fotografieren streng verbogen ist. Die Maschinen sind eine Eigenentwicklung von BYD, dem mittlerweile vor Tesla größten Elektroautohersteller der Welt. Hier werden die Anoden und Kathoden der Eisen-Phosophat-Akkus bedruckt, bei 100 Grad getrocknet, in kleine Pakete gefaltet, in Gehäuse gesteckt und mit der Elektrolyt-Flüssigkeit gefüllt. In Kengzi bauen 6000 Mitarbeiter Eisen-Phosphat-Batterien, mit denen BYD den Siegeszug auf dem Weltmarkt fortsetzen will – auch in Europa.

1995 als Batteriehersteller gegründet, ist BYD zum globalen Player der Autoindustrie geworden. 700.000 Mitarbeiter beschäftigt der Konzern, mehr als Volkswagen. In 30 Werken bauen sie neben Batterien auch Tablet-PCs, medizinisches Gerät, Handygehäuse, Busse und Autos. Mehr als drei Millionen Pkw waren es im vergangenen Jahr, 70 Prozent davon rein elektrisch, 30 Prozent als Plug-in-Hybride zumindest teilweise elektrisch unterwegs.

BYDs Eisen-Phosphat-Batterie ist ein Baustein der Strategie, die Autowelt zu erobern, zumindest die elektrische. Oder will BYD auch der größte Autohersteller werden, vor Toyota und VW? „Jeder träumt davon, die Nummer eins zu werden“, sagt Stella Li, für Europa zuständige Vorständin von BYD. 15.644 Autos hat BYD 2023 in Europa verkauft, davon 4139 in Deutschland, bisher alle in China gefertigt.

Die Zahl dürfte sich mittelfristig mehr als verzehnfachen, denn 150.000 Autos will BYD ab nächstem Jahr allein im neuen Werk in Ungarn fertigen, das derzeit errichtet wird. Die Kapazität kann auf 300.000 Autos verdoppelt werden. Dem Wachstum scheinen keine Grenzen gesetzt. Das erste europäische Werk ist noch nicht eröffnet, das denkt Stella Li schon an eine zweite Fertigung, wie sie im Gespräch mit deutschen Journalisten sagt. Der Standort steht noch nicht fest.

Auch ein Design- und Entwicklungszentrum in Europa ist geplant. Das könnte auch in Deutschland entstehen: „Deutschland ist ein extrem wichtiger Markt für uns“, sagt Li. Hier sei der Wettbewerb am größten, hier ist die Heimat von Mercedes, BMW und Volkswagen, mit denen sich BYD messen will. Li: „Wer hier erfolgreich ist, kann es überall schaffen.“

Kostenseitig wäre es sicher einfacher für BYD, weiter Autos nur in China zu bauen, wo die Arbeiter eine 54-Stunden-Woche haben und die Energiekosten niedrig sind. Aber BYD denkt nicht an den schnellen Gewinn: „15 Jahre haben wir gebraucht, bei Elektroautos Nummer eins zu werden. Wir denken langfristig“, sagt Li. Deshalb stört es Frau Li auch nicht, dass sich Elektroautos in Europa derzeit nicht gut verkaufen. Unbeeindruckt von dem Nachfragerückgang startet BYD nun mit zweite weiteren Marken in Europa: Denza soll oberhalb von BYD, im Premiumsegment etabliert werden, Yangwang mit einem robusten Geländewagen kommen.

Der Kostenvorteil, den BYD gegenüber den europäischen Herstellern hat, ist auch hausgemacht. Die wichtigste Innovation im Auto-Bereich, die Eisen-Phosphat-Batterie, ist in der Produktion deutlich billiger als Lithium-Ionen-Batterien.

In langen, schmalen Einheiten, so genannten Blades verpackt, sind die Batterien kompakter als herkömmliche Antriebsakkus. 120 Blade-Zellen stecken in der 400 Kilogramm schweren 54 kWh-Batterie eines Kompaktautos wie dem BYD Seal. Ein Nachteile der Eisen-Phosphat-Akkus: Sie können nicht ganz so schnell geladen werden. Die Kunden stehen länger an der Ladesäule. Dafür halten sie 3000 Ladezyklen aus, was für 1,2 Millionen Kilometer reichen soll. Aber ihr größter Vorteil: Dank der Technik kann BYD seine Elektroautos mindestens 20 Prozent günstiger verkaufen als der Wettbewerb.

Und die Batterie soll bei Unfällen sicherer sein, wie das Unternehmen in einer Vorführung zeigt: In einem Labor in der Firmenzentrale stößt ein Bohrer in eine gewöhnliche Lithium-Ionen-Batterie, aus der sofort eine Stichflamme schießt. Die danach penetrierte Blade-Batterie hingegen raucht nicht mal. Damit will BYD der zwar unbegründeten, aber auch in China weit verbreiteten Angst begegnen, Elektroautos seien besondere feuergefährlich.

100.000 Ingenieure beschäftigen sich bei BYD mit solchen Innovationen. Das Unternehmen sieht sich als technologiegetriebener Innovator in der Tradition von Carl Benz, Henry Ford und Toyota – wie BYD in einem Image-Film vorführt. Carl Benz hat das Auto erfunden, Henry Ford das Fließband, Toyota die schlanke Produktion. BYD will das Elektroauto massentauglich machen und damit die nächste Revolution in der Automobilindustrie einläuten. In China hat das Unternehmen damit schon Erfolg: Die Pkw und Busse von BYD sind im Straßenbild unübersehbar. (cen/gr)


Wenn Sie der Artikel für Ihr Medium interessiert, registrieren Sie sich bitte hier!
Dann können Sie den Artikel oder die Bilder und Videos herunterladen.


Bilder zum Artikel

Stella Li, BYD-Vorständin für Europa.

Stella Li, BYD-Vorständin für Europa.

Foto: Autoren-Union Mobilität/BYD


Autoproduktion bei BYD.

Autoproduktion bei BYD.

Foto: Autoren-Union Mobilität/BYD