Fiat Abarth 595 Competitione: Geht Abarth-ig gut
14. Juni 2016 Von Thomas Lang, cen
Die Rolle die AMG bei Mercedes oder die M GmbH bei BMW einnimmt, ist bei Fiat Abarth vorbehalten: als Spezialist für die sportlichen Spitzenmodelle mit einem Skorpion im Wappen. Der 1908 in Wien geborene Karl („Carlo“) Abarth hatte 1949 seine eigene Sportwagenfirma gegründet. Der Motorenfachmann profilierte sich mit kleinen, einfachen Sportler, ab 1952 auf Basis von Fiat-Modellen. Legendär war sein Tourenwagen auf Basis des Fiat 600. Dessen Zweizylinder mit 633 Kubikzentimetern Hubraum wuchs auf 742 Kubikzentimeter, die Leistung von 28,5 auf 42 PS. Abarth baute auch eigenständig Autos mit Fiat-Motoren. Zum Beispiel das Coupé Bialbero, dessen auf 982 Kubikzentimeter aufgebohrter Zweizylinder 91 PS bereitstellte. Anfang der Siebziger hatte die Marke ihren Zenit erreicht. Der Abarth 2000 wog nur 600 Kilo, sein Zwei-Liter-Motor leistete 290 PS. Zwischen 1950 und 1971 sammelte Abarth mehr als 10 000 Rennsiege, zehn Welt- und 133 internationale Rekorde.
Fiat hatte Abarth bereits 1971 übernommen, acht Jahre vor dem Tod des Firmengründers 1979. Mit dem offiziellen Relaunch 2008 erlangte die Marke wieder ihre ursprüngliche Bedeutung. Traditionell steht Abarth für kompakte Sportler mit Rennsporttechnik und sportliches, emotionales Design. Da geht der 595 in die Vollen. Emotional heißt in diesem Fall: extrem extrovertiert. Er tauscht das knubbelige Näschen des Fiat 500 gegen eine breite, aggressive Kühleröffnung im Stoßfänger. Das Heck peppt ein mächtiger Diffusor auf. Und die 17-Zöller aus Leichtmetall mit Reifen der Dimension 205/40 R17 füllen die Radhäuser bis in den letzten Winkel aus.
Für den Abarth 595, die Bezeichnung trugen schon die von Abarth überarbeiteten „Cinqecentos“ (Fiat 500) in den Sechzigern, stehen drei Leistungsstufen zur Verfügung. Die Vierzylinder benutzen die identische technische Basis mit 1,4 Litern Hubraum und Turboaufladung. Die Versionen liefern 107 kW / 145 PS, 121 kW /165 PS und 132 kW / 180 PS. Letztere ist dem Topmodell Competizione vorbehalten. Weitere technische Schmankerln umfassen unter anderem ein mechanisches Sperrdifferential für die Vorderachse, eine Sportauspuffanlage und mächtige Scheibenbremsen von Brembo, die vorne gelocht sind.
Der Innenraum stellt Fahrer und Beifahrer prächtige Sportsitze zur Verfügung, deren Lehnen und Sitzfläche über mächtige Seitenwangen verfügen, die dem Körper keine Chance lassen, in schnell gefahrenen Kurven die physikalischen Gesetze der Querbeschleunigung zu befolgen. Die geheime Zutat des Abarth ist ein Knopf in der Mittekonsole. Damit lässt sich der Sportmodus aktivieren. Das Kombiinstrument im direkten Blickfeld des Fahrers wechselt dann sein Design von Blau auf Rot, die Motorsteuerung optimiert die Leistungsabgabe bei direkterem Ansprechen des Gaspedal, und die Lenkung reagiert direkter.
In der Praxis erweist sich der 595 Competizione als durch und durch digitales Auto: Entweder verliebt sich der Fahrer unmittelbar nach dem Drehen des Zündschlüssels in den Bonsai-Renner, weil der Motor so wunderbar röhrt, röchelt, spotzt und brüllt, dass es einem die Nackenhärchen aufstellt – oder er lehnt diesen rein akustisch schon vollkommen politisch unkorrekten Auftritt als extrovertiert, impertinent oder gar nervig kategorisch ab, und bekennt sich eher zur Zielgruppe elektrisch angetriebener Kleinwagen.
Mit schierer herausgebrüllter Angriffslust schnalzt der Zwerg aus dem Stand in 6,7 Sekunden aus dem Stand auf Tempo 100. In diesem Winzling fühlt sich das wie die 2,9 Sekunden an, die ein Porsche 918 Spyder für diese Übung benötigt. Die wahre Welt des Abarth-Fahrwerks ist die Kurve. Im besten Fall die scharfe Kehre einer Serpentine. Dank der kompakten 2,3 Meter Radstand wieselt der Abarth um die Ecken, als wäre er wie ein Fahrzeug auf der Carrera-Rennbahn auf Schienen geführt. Die Lenkung ist dabei so direkt ausgelegt, dass selbst der 180-Grad-Richtungswechsel kein Umgreifen erfordert.
Im Normalmodus gibt sich der 595 jedoch durchaus handzahm. Die beachtliche Durchzugskraft schiebt den Abarth mächtig voran ohne lautmalerisch zu nerven, und Überholmanöver benötigen gefühlt nur Meter.
Die Kompromisslosigkeit des 595 Competizione erfordert logischerweise Kompromissfähigkeit seines Fahrers. Auf der Geraden ist die Spurtreue eingeschränkt. So vorzüglich die Sportsitze sind, so sehr schwächeln sie auf der Fahrerseite, die optimale Position zu bieten. Dazu müsste die Sitzfläche mehr Spielraum nach oben bieten Das Lenkrad ist zudem nur höhenverstellbar. Das Doppelkupplungsgetriebe schaltet zwar akustisch gewaltig, aber viel zu lange. 185 Liter Gepäckraumvolumen reichen nicht im Ansatz für die große Reise, und 35 Liter Tankvolumen führen beim Auskosten der Leistung zu häufigen Stopps. Schließlich ist der Abarth für 24 790 Euro nicht gerade ein Schnäppchen.
Im Lichte sportlicher Fahrfreude ist der Preis jedoch wiederum ein Sonderangebot. Für 18 290 Euro verspricht schon die Basisversion des 595 mit 107 kW / 145 PS viel Vergnügen. Und wer schon beim Fiat 500 mehr auf die Cabrio-Version steht, dem stellt Abarth die ganze Angebotspalette des 595 auch für den offenen Cinquecento zur Verfügung. Auch für diese Variante gilt: Sie gehen Abarth-ig gut.
Daten Fiat Abarth 595 Competitione
Länge, Breite, Höhe (m): 3,66 x 1,63 x 1,49
Radstand (m): 2,30
Motor: R4, Turbo, 1368 ccm
Leistung: 132 kW / 180 PS bei 5500 U/min
Max. Drehmoment: 250 Nm ab 3000 U/min
Kraftübertragung: 5-Gang-DSG
Beschleunigung 0 auf 100 km/h (s): 6,7
Höchstgeschwindigkeit: 225 km/h
ECE-Durchschnittsverbrauch: 6,0 l
CO2-Emissionen: 134 g/km (Euro 6)
Effizienzklasse: D
Gepäckraumvolumen: 185 l
Leergewicht: 1090 kg
Zuladung: k.A.
Tankvolumen: 35 l
Preis: 24 790 Euro
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