Ausprobiert: Fahrt mit dem Elektro-Einrad

Ninebot One nennt sich eines der wohl ungewöhnlichsten Fortbewegungsmittel, die derzeit auf dem Markt sind. Das Elektro-Einrad besteht im Prinzip aus nicht mehr als einem Rad, einem schmalen Plastikkorpus drumherum, zwei ausklappbaren Trittbrettern und einem Tragegriff sowie einem 500-Watt-Motor.

Die beiliegende „Schnellstartanleitung“, wie sie heißt, ist nicht viel größer als ein DIN-A4-Blatt. Ebenfalls im Karton finden sich zwei mintfarbene Schaumstoffrollen und Klebeband. Daraus lassen sich Schutzstreifen zurechtschneiden, um das Plastik des Elektroeinrads an noralgischen Punkten vor Kratzern – besonders bei den ersten Fahrversuchen – zu bewahren. Je nach Talent zwei bis 20 Stunden braucht es laut Kurzanleitung, „bis das Fahrzeug gut beherrscht wird“. Sechs Bildchen mit jeweils ein, zwei Sätzen zeigen, wie es gehen soll.

Das Prinzip ist relativ einfach und vom Segway bekannt. Das Gewicht nach vorne verlagern heißt beschleunigen, nach hinten bremsen und rückwärtsfahren. Die größte Hürde ist das „Aufsteigen“. Sobald ein Fuß auf den Tritt gesetzt wird, kippt das Rad naturgemäß zur Seite. Die erste Übung lautet also eigentlich, das One wieder in die Waagerechte zu bekommen, damit in Sekundenschnelle auch der zweite Fuß seinen Platz findet. „Du nimmst dein stärkeres Bein und setzt es auf das seitliche Pedal. Du presst dieses Bein fest an den Ninebot One. Jetzt verlagerst Du das Körpergewicht auf die andere Seite. Körpergewicht nach vorne verlagern und das andere Bein nachziehen und los“, lautet eine Anleitung aus dem Internet. Zu Anfang helfen aber fremde Arme, ein Geländer oder eine Mauer besser beim Aufsteigen.

Aller Anfang ist schwer. Die Idee, die ersten Fahrversuche in engen Fluren zu unternehmen, wo man sich beidseitig an den Wänden abstützen kann, erweist sich schnell als nicht ganz so clever. Ist erst einmal der Halt verloren, macht sich das Ninebot gewissermaßen selbstständig und kippt auf dem Fußboden rotierend um, ehe es sich selbst abschaltet. Die ausgeklappten Fußstützen reißen da schnell einmal den Fußbodenbelag auf oder kollidieren mit dem Knöchel.

Also dann doch besser hinaus ins Freie. Die Wahl fällt auf einen Schulhof. Die Mauer des Gebäudes hilft bei den ersten Aufsteig- und Fahrversuchen. Und tatsächlich geht es mit leichter Gewichtsverlagerung nach vorn schon beim dritten Mal die ersten 30, 40 Zentimeter freihändig vorwärts. Der Gleichgewichtssinn stellt sich dann zunehmend auf die Herausforderung ein. Schon nach ein paar Minuten legen wir geschätzte anderthalb Meter zurück. Wenig später glaube ich, sogar etwa drei Meter geschafft zu haben und nach etwas mehr als zehn Minuten sind auf leicht abschüssigem Gelände bereits gut und gerne sieben Meter drin. So schnell geht es allerdings dann doch nicht in Fleisch und Blut über, denn der Wiederholungsversuch scheitert nach nicht einmal der halben Distanz kläglich.

Nach der ersten Viertelstunde steht aber zumindest fest: Das Prinzip funktioniert – und auch ich kann es schaffen. Von den Erfahrungen im Hausflur nehme ich außerdem die Erkenntnis mit, dass man versuchen sollte, beim Herunterfallen (besser ist natürlich gekonntes Absteigen) den Griff des Ninebot One zu erwischen, um das Rad festzuhalten, damit es nicht auf den Boden knallt und möglicherweise dort noch kurz nachrotiert, ehe sich das Gerät automatisch abschaltet. Festes Schuhwerk sei da von Anfang an Pflicht – ebenso wie eine Skaterausrüstung mit Helm, Arm-, Hand- und Knieschützer zu empfehlen ist. Schließlich kann es mit dem Ninebot (je nach Modellvariante) rund 20 km/h schnell und bis zu 30 Kilometer weit gehen. Das ist allerdings mehr pure Theorie, denn für öffentliche Straßen und Radwege ist das Einrad nicht zugelassen. Es fehlt unter anderem eine Beleuchtung, und auch die Gesetzesvorgaben an eine Fahrzeuglenkung und die Bremsen werden nicht erfüllt.

Von allein stehen kann das Ninebot One übrigens auch. Man muss es nur so weit nach vorne drehen, bis der innere Rand des Plastikkörpers an einer abgeflachten Kante den Boden erreicht. Das ungewöhnliche Elektrogefährt mit seinen 75 Zentimetern Durchmesser kann auch mit einer speziellen App (Nindroid) gekoppelt werden. Die zeigt zum Beispiel die Restreichweite und das Tempo an, verfügt über einen Kompass und erlaubt es auch, die maximale Geschwindigkeit zu begrenzen. Sogar die Dämpfung des Einrads lässt sich ein wenig variieren. Zudem können LED in den beiden umlaufenden Leuchtringen verschiedenfarbig aktiviert werden. Drei verschiedene Modelle mit unterschiedlicher Leistung umfasst die One-Reihe. Die Preise reichen von 699 Euro bis 990 Euro.

Nach ein paar Tagen Pause klappt der zweite Anlauf mit dem 14,2 Kilogramm wiegenden E-Einrad plötzlich überraschend gut. Ich weiß zwar immer noch nicht, wie ich aufsteigen soll, ohne mich an einer Hauswand abzustützen, aber die Wege werden schon nach wenigen Minuten länger und länger. Auch die ersten Beschleunigungsübungen – den Oberkörper leicht nach vonr beugen – gelingen. Als Haltepunkt wird ein Laternenpfahl auserkoren. Der ausgewählte Platz bietet außerdem zwei Tischtennisplatten, die sich gut als Zwischenziel eignen. Das Lenken geht zwar auch nach den zweiten 20 Minuten immer noch recht wackelig vonstatten, funktioniert aber vom Prinzip her.

Ich bin erstaunt, wie rasch es mir doch gelungen ist, mit dem ungewohnten Gefährt zurechtzukommen. Nun heißt es eigentlich nur noch, die Technik zu verfeinern und ein noch sichereres Gefühl zu bekommen, um länger auf dem Ninebot stehen und fahren zu können. Und irgendwann klappt es dann sicher auch mit dem Aufsteigen bei mir so gut wie bei meinem Sohn. (ampnet/jri)


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Ninebot One E+.

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Foto: Auto-Medienportal.Net


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Ninebot: App Ninedroid.

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