Kommentar: ADAC – Angst vor der eigenen Courage?

Es gab Zeiten, in denen der ADAC als Verbraucherorganisation die Interessen der Autofahrer ohne Wenn und Aber vertrat. Besonders hartnäckig gegen diejenigen, die sich als Obrigkeit fühlten und die sich auch so benahmen. Doch diese Zeiten sind leider vorbei. Heute hängt der Verein mit seinen 20,18 Millionen Mitgliedern (Stand 31.12.2017) sein Mäntelchen gerne in den Wind und folgt gehorsam politischen und anderen Trends – seien sie auch noch so falsch oder abwegig.

Keinen Krach scheute der Club zum Beispiel 1973, als sich seine Mitgliederzeitschrift „ADAC Motorwelt“ den später viel geschmähten Slogan „Freie Fahrt für freie Bürger“ als Kritik an der damaligen Bundesregierung einfallen ließ. Grund war das umstrittene Tempolimit auf Landstraßen (80 km/h) und Autobahnen (100 km/h) und die gleichzeitigen Sonntagsfahrverbote wegen der damaligen Ölpreiskrise. Bald danach stellten sich die vermeintlichen Ölspar-Maßnahmen als unsinnig heraus. Der Spruch bewährte sich derart als Ohrwurm, dass ihn die FDP 40 Jahre später als Argument gegen die Ausländermaut einsetzte.

Kein Blatt vor den Mund nahm der ADAC auch 2006, als mehrere Bundesländer anlass- und verdachtsfreie Kontrollen der Autofahrer mittels automatischer Kennzeichenerfassung einführten. Der Verein beklagte eine Verletzung der Grundrechte und meinte: „Totale Kontrolle wirkt sich negativ auf das Gemeinwohl aus und verletzt das Grundrecht auf die freie Entfaltung der Persönlichkeit. Beim Kennzeichenscanning werden alle Autofahrer sozusagen unter Generalverdacht gestellt.“ Das Bundesverfassungsgericht machte diesem Spuk 2008 ein Ende.

Oder nehmen wir die 2008 eingeführte Umweltplakette. Mehrfach sprach sich der ADAC gegen die innerstädtischen Umweltzonen aus, da sie kein geeignetes Instrument zur Bekämpfung der Feinstaubbelastung seien. Bis heute hat es noch keine hieb- und stichfeste Untersuchung zur Wirksamkeit der so genannten Umweltzonen gegeben.

Dann aber brach über Deutschlands – auf dem Papier – mächtigsten und einflussreichsten Verband die Katastrophe herein. Es wurde bekannt, dass Autotests manipuliert und Teilnehmerzahlen an Leserumfragen der Mitgliederzeitung aufgeblasen waren. Außerdem hatten sich einige Mitglieder aus der Führungsriege geldwerte Vorteile verschafft. Weil ihm die Aberkennung der Gemeinnützigkeit drohte, organisierte sich der ADAC neu und brachte zum Beispiel seine kommerziellen Aktivitäten in einer eigenen Aktiengesellschaft unter.

Seither ist er lammfromm geworden und hat Kreide gefressen. So hätten zum Beispiel die Proteste gegen die von der CSU durchgepeitschte Ausländermaut wesentlich schärfer sein können. Und kein ADAC-Wort gab es zum Amoklauf der Deutschen Umwelthilfe gegen den Diesel. Statt sich kompromisslos auf die Seite der von Fahrverboten bedrohten Besitzer von Dieselautos zu stellen, lobt ADAC Vizepräsident Klaus Becker den neuen Verkehrsminister Andreas Scheuer über den grünen Klee und erwartet von ihm „saubere Luft“ und dass er der „Gesundheit der Menschen höchste Priorität“ einräume. Kein Gedanke zur Seriosität der durch die EU beschlossenen Stickoxid-Grenzwerte, kein Gespräch mit anerkannten Fachleuten aus der Medizin zum Thema.

Statistisch gesehen ist jeder vierte Deutsche vom Säugling bis zum Greis Mitglied des ADAC. Der Verein ist damit nach dem US-amerikanischen AAA der zweitgrößte Automobilclub weltweit. Ist der sich der damit verbundenen Macht nicht bewusst? Wahrscheinlicher dürfte sein, dass er seit den Fehltritten von 2014 Angst vor der eigenen Courage bekommen hat. (ampnet/hrr)


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Hans-Robert Richarz.

Hans-Robert Richarz.

Foto: Auto-Medienportal.Net