Kommentar: Klammheimliche Freude

Den Jubel wollte der umstrittene Abmahnverein Deutsche Umwelthilfe (DUH) gar nicht erst verbergen, und viele Kommentatoren konnten ihre Befriedigung kaum verhehlen – endlich hatte ein Gericht eine Autobahn wegen zu hoher Stickoxidemissionen gesperrt. Das Verwaltungsgericht Gelsenkirchen hatte geurteilt, dass unter anderem auf einem Abschnitt der Autobahn A 40 im Stadtgebiet von Essen vom 1. Juli 2019 an nur noch Dieselfahrzeuge der Schadstoffklasse 5 oder höher, vom 1. September an dann nur noch Dieselfahrzeuge der Klasse 6 fahren dürfen. Tenor der Berichterstattung: Gericht sperrt Autobahn.

Das Landgericht in Augsburg verurteilt Volkswagen dazu, dem Käufer eines inzwischen zehn Jahre alten Volkswagen mit Schummeldiesel den Kaufpreis voll zu erstatten. Schlagzeile: Schlappe für Volkswagen.

Es geht nicht um die Berechtigung der Richter, solche Urteile im Namen des Volkes zu verkünden. In Gelsenkirchen hatten sie die Frage zu klären, ob die Grenzwerte eingehalten werden oder nicht. Es interessiert auch nicht die Begründung des Gerichts in Augsburg, warum Volkswagen zur Zahlung des Kaufpreises heranzuziehen sei. Was an dieser Stelle stört, ist der Umgang mit den Urteilen in so gut wie allen Kommentaren, von Seiten der Politik und in den Medien.

Wir leben in einem Rechtsstaat, und der endet weder beim Verwaltungsgericht in Gelsenkirchen noch beim Landgericht in Augsburg. Doch der Hinweis auf die nächsten Instanzen fehlt in den meisten Stellungnahmen vor Mikrofon und Kamera, taucht auch in Medien, die mehr Zeit als 30 Sekunden haben, erst unter „ferner liefen“ auf. Man hätte ja auch titeln können „Gericht will Autobahn sperren lassen“ oder „Gerichtsurteil: VW soll Kaufpreis erstatten“.

Bei dieser Medienschelte geht es keineswegs um eine Bewertung der Grenzwerte oder des moralischen Verhaltens von Volkswagen. Hier ist Verantwortung gefragt. Wenn Interessenvertreter es daran fehlen lassen, dann wird man ihnen das nachsehen. Zum Beispiel von der DUH erwartet niemand ein sauberes Abwägen nach den ethischen Regeln, wie Journalisten sie für sich reklamieren. Klammheimliche Freude gehört nicht dazu. (ampnet/Sm)


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Peter Schwerdtmann.

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Foto: Auto-Medienportal.Net