Kommentar: Volk in Angst

Der Narr darf den Mächtigen den Spiegel vorhalten, ohne dafür kritisiert zu werden – damals. Heute haben Kabarettisten diese Rolle übernommen. Gleichzeitig gehen wir als gute Demokraten davon aus, dass die Medien ebenso in der Pflicht stehen, wie einst der Narr und furchtlos Hintergründe ausloten und sich dabei keinesfalls unkritisch vom Mainstream mitreißen lassen. Doch selbst der „Spiegel“ hat jüngst gelernt, wie verlockend es sein kann, die Erwartungen des Publikums zu erfüllen.

Da wird niemand widersprechen: Applaus darf gerade bei Politikern und Journalisten nicht alleinige Antrieb sein. Doch genau so war es aber bei allen Fragen, Vorwürfen, Debatten und Maßnahmen rund um die Stichworte Diesel, Stickoxid und Feinstaub. Die Zustimmung war jedem sicher, der sich hier empörte. Landauf, landab treten bisher Rundfunk- und Fernsehmoderatoren gern nach, floss so manche unüberlegte, ungeprüfte Floskel in die Tastauren, waren nur noch die Gesprächspartner gefragt, bei denen bekannt war, dass die Antwort in den Mainstream passte. Selbst Fachzeitschriften, die es besser wussten, ließen sich mitreißen.

Und auf einmal das: Das erste Programm der ARD zeigt am Montag, 7. Januar 2019, noch nicht einmal zu nachtschlafender Zeit, sondern um 21.45 Uhr den Beitrag „Das Diesel-Desaster“ der beiden Autoren Thomas Berbner und Torben Börgers. Unter unseren Kollegen war der erste Gedanke: Das kann nicht gutgehen. Das Erste ist doch die feste Burg der Besserwisser in Sachen Automobil und ganz vorn im Mainstream. Doch es kam anders: Die Autoren stiegen erfreulich tief ins Thema ein und bemühten die Wissenschaft. Das Ergebnis in Kürze: Die Grenzwerte für Stickoxid und Feinstaub sind wissenschaftlich nicht zu begründen, Messstationen wurden bewusst an kritischen Stellen positioniert, nicht ein Mensch starb an Feinstaub oder Stickoxid, das Vermögen der Dieselfahrer wurde umsonst geraubt.

Natürlich kam auch der Chef des Abmahnvereins Deutsche Umwelthilfe (DUH) zu Wort. Jürgen Resch nutzte die Gelegenheit, die Grenzwerte mit Hinweis auf 800 000 Stickoxiderkrankte als zu lasch darzustellen. Dagegen das Statement von Prof. Markus Huber, Krankenhaus vom Roten Kreuz in Stuttgart: „Das Recht schützt auch schlechte Gesetze.“ Legislative und Exekutive werden zur Zeit von den Geistern gejagt, die sie selbst hervorgerufen haben, sagt Huber. „Die Geister sehe ich in der DUH, die sich auf geltendes Recht berufen kann.“ Und dann streicht er heraus: „Das ist unseriöser, ideologisch geladener Populismus.“

Der Professor schiebt noch einen Satz nach, der es in sich hat: „Man kann ja die Vorstellung haben – und das ist die Ideologie, die hinter der ganzen Aktivität steht – dass man den Verkehr aus den Städten verbannen möchte. Aber die Methode sollte nicht sein, dass man Grenzwerte festlegt, die keine wissenschaftlichen Grundlage haben. So wird aus dem ersten Diesel-Skandal ein zweiter Dieselskandal.“ Wenn Vorgaben wissenschaftlich nicht begründet seien, dann unterliegen wir einem Irrtum, führt der Prof. Huber weiter aus und schließt sein Statement mit: „Irrtümer lassen sich in der Geschichte nicht dauerhaft durchhalten.“

Ist diese Dokumentation der ARD eine Ausnahme, ein Ausrutscher? Vielleicht ist diese Sendung nur ein Zeichen der Größe der „Qualitätsjournalisten“ in den öffentlich-rechtlichen Medien, die endlich auch einmal die andere Seite hören wollte. Vielleicht ist es aber auch ein Hinweis darauf, dass der Irrtum sichtbarer und spürbarer wird. Schließlich gibt es auch andere Anzeichen für einen Stimmungswandel: Der brausende Applaus für den „Narren“ Dieter Nuhr wegen seiner Darstellung des Themas in seinem Jahresrückblick – ebenfalls in der ARD – und ein völlig überraschender Leitartikel in der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“, die sonst in dieser Sache eher dem Mainstream folgte, jetzt aber immer wieder kritisch über Details berichtet. Auch vom Drei-Königs-Treffen der FDP waren gerade kritische Töne zu vernehmen.

Und wenn der Narr Nuhr nun den Wandel eingeleitet hätte und nun sogar Medien folgen; wenn die Umbesinnung kommt, was dann? Millionen Dieselfahrer wurden inzwischen enteignet. Viele Milliarden Vermögen landeten im Wortsinne auf dem Schrott. Menschen sind in Sorge, weil sie nicht mehr wissen, wie sie ihre Wege mit ihrem nicht einmal alten Diesel bewältigen sollen. Ein ganzes Volk wurde in Angst versetzt wegen der angeblich so tödlichen Luft in den Städten - alles vergeblich, aber nicht umsonst.

Besser, wir stellen uns nicht vor, was geschieht, wenn die Bürger begreifen, wie unsere Volksvertreter sich indoktrinieren ließen.

Das alles bietet eine unglaubliche Chance für populistische Bewegung oder Parteien. Je nach Wahlkampf lassen sich die Folgen entweder der Bundesregierung oder Europa anlasten. Wie man hört, beginnt die AfD schon. (ampnet/Sm)


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Peter Schwerdtmann.

Peter Schwerdtmann.

Foto: Auto-Medienportal.Net