Fahrbericht Jaguar F-Type P300: Auch kleine Katzen können fauchen

Mit einem zeitlos-eleganten Styling sowie der Power von Sechs- und Acht-Zylinder-Motoren hat sich der Jaguar F-Type als legitimer Nachfolger der 60er-Jahre-Ikone E-Type einen Namen gemacht. Als Appetithappen für Einsteiger gibt es seit vergangenem Jahr auch ein Vier-Zylinder-Angebot. Kann es die hoch gesteckten Erwartungen erfüllen?

Es ist eine ausgeprägte Sparsamkeit, die den Schotten nachgesagt wird, oft auch als Geiz kolportiert. Geizig war der Schotte Ian Callum aber gewiss nicht, als er die ersten Skizzen für den F-Type anfertigte. Großzügig goss der Jaguar-Chefdesigner die weichen Linien für eine charaktervolle Silhouette, die geduckte Haltung des Coupés lässt die latente Anspannung der Katze vor dem Sprung erkennen. Die vorwitzige Abrisskante am Heck löst diese Spannung mit gelassener Milde. Mit 4,48 Metern ist der F-Type gut zehn Zentimeter länger als ein Porsche 718 Cayman, sein deutscher Rivale. Nahezu logisch ist es da, die Harmonie der zarten Wölbungen nicht durch heraus stehende Türgriffe zu stören, jedoch wären sie mit dem beim Range Rover Velar angewendeten Prinzip griffiger und handlicher.

Mangelndes Selbstbewusstsein kann man Jaguar nicht vorwerfen. Vor allem nicht bei der Preispositionierung. Das Modell F-Type mit Vier-Zylinder-Motor ist das Einsteigermodell der Baureihe. 60 400 Euro verlangen die Briten aktuell dafür, ihr jüngstes Kätzchen dauerhaft ausführen zu dürfen. Der ebenfalls 300 PS starke Cayman ist mit Automatik ab 57 186 Euro zu haben. Der Trost besteht darin, dass eine ausstattungsbereinigte Rechnung zu einem anderen Preisverhältnis käme. Was Jaguar vom Porsche-Beispiel vorbildlich adaptiert hat, ist die Spreizung des Angebots: Nimmt man alle Motoren-, Antriebs- und Karosserieformen zusammen, kommt man auf sage und schreibe 36 Varianten des F-Type.

Ein wesentlicher Unterschied zum Cayman besteht in der Motoranordnung. Der Jaguar vertraut auf das klassische Prinzip eines Frontmotors und den Antriebsrädern an der Hinterachse, während der Mittelmotor-Porsche eine nahezu ideale Gewichtsverteilung für sich in Anspruch nehmen kann. Als Reminiszenz an das legendäre Vorbild ist beim F-Type die vorn angeschlagene Motorhaube zu sehen, die seitlich die vorderen Räder mit überdeckt. Am Heck findet ein elektrisch ausfahrbarer Spoiler Verwendung.

Der Verzicht auf einen Heckscheibenwischer, der selbst als kostenpflichtige Option nicht zu bekommen ist, erscheint plausibel. Die stimmige und geschmeidige Linienführung hätte unter solch einer Säuberungsvorrichtung gelitten. Die Hoffnung der Designer, die weit nach hinten ragende Abrisskante würde Ablagerungen von die Sicht behindernden Nässe- und Schmutzpartikeln verhindern, erfüllt sich in der Praxis nicht. Nun kann man einwenden, die Sicht aus der schmalen Luke sei ohnehin nicht besonders gut, allerdings gilt das Verschmutzungsproblem auch für das ungeschützt über dem Stoßfänger liegende Objektiv der Rückfahrkamera (plus 334 Euro).

Womit wir bei der eng geschnittenen Fahrgastzelle sind. In die tief angebrachten, belederten Sitzmulden gleitet man wie in einen Oxford-Schuh, mittels elektrischer Sessel- und Lenkradverstellung (beides serienmäßig) ist schnell die optimale Position gefunden. Gute Übersicht über das umgebende Fahrzeug hat man deshalb nicht unbedingt, das liegt in der Natur eines Sportcoupés. Die hohe Gürtellinie und die breite Mittelkonsole kosten, zumindest gefühlt, Bewegungsfreiheit, und man fragt sich, wo bei diesen Kabinenmaßen die 20 Zentimeter Radstand geblieben sind, die der F-Type gegenüber dem Cayman mehr zu bieten hat. Objektiv liegt die den Passagieren zur Verfügung stehende Innenbreite bei 1,45 Metern.

Oft sind Coupés wie der F-Type als Zweit- und Freizeitauto unterwegs, so dass die dürftige Transportkapazität nicht so ins Gewicht fällt. Gemessen wird üblicher Weise in der Anzahl der Golfbags, die mitzunehmen möglich ist. Mit 310 Litern Volumen gehört der Kofferraum zu den größeren dieser Fahrzeuggattung, packt man bis unter die Scheibe, so sind knapp über 400 Liter möglich. Sein Gepäck muss man bis in 85 Zentimeter Höhe hieven, um es durch die nur 66 Zentimeter breite Ladeluke in den 90 Zentimeter tiefen Stauraum zu schieben.

Als Ausgleich für den Prestigegewinn, den die größeren F-Type-Aggregate haben mögen, hat Jaguar der Vier-Zylinder-Version von Hause aus die ZF-Acht-Gang-Automatik mitgegeben, die sonst aufpreispflichtig ist. Ferner werden eine aktive Sport-Abgasanlage mit Klappensteuerung, Differential mit Torque Vectoring, Sportfahrwerk, Regensensor, Klimaautomatik inklusive Pollenfilter, Touch-Pro-Infotainment-System mit Navigation, Aufmerksamkeitsassistent, autonomer Notfall-Bremsassistent, Einparkhilfe hinten, Spurhalteassistent, Verkehrszeichenerkennung mit adaptivem Geschwindigkeitsbegrenzer, Alarmanlage und Zentralverriegelung mitgeliefert.

Im Unterschied zu seinen Schwestermodellen erhält der „kleine“ F-Type seine Leistungsspritze per Turbolader, während die anderen auf Kompressortechnik zurückgreifen. Nicht nur durch 400 Newtonmeter Drehmoment steht der F-Type besser da als der Cayman (380 Nm), sondern auch beim Sound. Die Katze kann gemütlich schnurren, aber auch richtig fauchen, bei den Insassen kommt dank der Sportabgasanlage eine authentische Geräuschkulisse für den spurtstarken Auftritt an. Weniger als sechs Sekunden vergehen laut Hersteller bis Tempo 100, wobei die Automatik auch bei verhaltener Gaspedalbewegung spürbare Schaltpausen zulässt, die aber nicht störend wirken.

Wer das Beschleunigungsvermögen mit der Stoppuhr überprüfen will, kommt möglicherweise zu einem anderen Ergebnis, und das könnte seine Ursache in einem gesteigerten Komfortbedürfnis der Besitzer haben. Zahlreiche Sonderausstattungen erhöhen nun mal die Fahrzeugmasse. 1525 Kilogramm nennt das Datenblatt als Nacktgewicht, 1620 Kilo wog der Testwagen – ohne Fahrer und mit halb vollem Tank.

An der Performance gibt es dennoch nichts zu tadeln, der Motor dreht saftig hoch, nur bei höheren Touren ist akustisch eine Anstrengung erkennbar. Die Lenkbewegungen werden unmittelbar und zielgenau umgesetzt, mit dem ausgewogenen Fahrwerk gleitet es sich unterhaltsam über gewundene Landstraßen. Nur auf kurze Stöße reagieren Federn und Dämpfer nervös, man kann das als sportliche Härte wegbuchen. Besonderer Disziplin bedarf es nicht, um überland auf unter neun Liter Verbrauch zu kommen, doch im Kurzstreckenverkehr gibt auch der kleine Motor seine Zurückhaltung auf. Da sollte man eher mit elf Litern rechnen. Vom Prospektwert 7,9 Liter ist beides ein gutes Stück entfernt.

Fazit: Eine Schwalbe macht noch keinen Sommer und ein Vierzylinder aus einem Jaguar kein Schoßkätzchen. Selbstbewusst trumpft das Einsteigermodell auf, bietet alles, was man von einem erwachsenen Sportwagen erwartet – ausreichend Leistung, guten Sound, gehobene Ausstattung. Doch hat der Jaguar F-Type letztlich eine unabweisbare Schwäche mit den vergleichbaren Produkten anderer Hersteller gemein: den nur für eine Minderheit erschwinglichen Preis. (ampnet/afb)

Daten Jaguar F-Type P300 Coupé

Länge x Breite x Höhe (m): 4,48 x 1,92 x 1,31
Radstand (mm): 2,62
Motor: R4-Benziner, Turbolader, 1997 ccm
Leistung: 221 kW / 300 PS bei 5500 U/min
Max. Drehmoment: 400 Nm bei 1500–4500 U/min
Höchstgeschwindigkeit: 250 km/h
Beschleunigung 0 auf 100 km/h: 5,7 Sek.
Verbrauch (nach NEFZ-Norm): 7,9 Liter
Testverbrauch: 9,8 Liter
CO2-Emissionen: 163g/km
Leergewicht Testwagen: 1620 kg
Kofferraumvolumen: 310 Liter
Basispreis: 60 400 Euro
Testwagenpreis: 70 984 Euro


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Jaguar F-Type P300.

Jaguar F-Type P300.

Foto: Auto-Medienportal.Net/Axel F. Busse


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