Kommentar: Ein Urteil, das Kopfschütteln verursacht

Recht haben und Recht bekommen sind oft zweierlei Dinge. Als jüngstes Beispiel dafür steht das Urteil des Bundesgerichtshofs in Sachen Deutsche Umwelthilfe gegen den Geschäftsführer einer Reihe von Autohäusern im Raum Stuttgart. (Aktenzeichen. I ZR 149/18). Der hatte die Frechheit besessen, für ein neues Fahrzeug im Internet zu werben ohne dessen Verbrauchs- und Abgaswerte gesondert auszuzeichnen. Die, so war im gleichen Inserat zu erfahren, würden auf einem Aushang bei ihm detailliert verzeichnet sein. In den Augen der DUH, die aus lange bewährter Gewohnheit mit einem Sperrfeuer von gebührenbelasteten Abmahnungen (ab 500 Euro aufwärts) auf Spatzenjagd geht, eine hochwillkommene Gelegenheit, kräftig abzukassieren.

Doch das ging dem wackeren Schwaben gegen den Strich.

Verständlich, denn wer sich weigert, einer Abmahnung des DUH-Chefs oder eines seiner sechs, hauptberuflich nur mit dem Abmahnwesen beschäftigten Angestellten zu folgen und sie zu unterschreiben, dem drohen extreme Strafzahlungen. Deshalb begab sich der Autohändler auf den langen, teuren und – wie sich am Ende zeigte – risikoreichen Gerichtsweg durch alle Instanzen.

Landgericht und Oberlandesgericht hatten bereits zugunsten der DUH entschieden und auch am Ende des vorläufigen Instanzenwegs hatte der Stuttgarter in Karlsruhe das Nachsehen. Denn die obersten Richter am Bundesgerichtshof wollten seiner Argumentation nicht folgen, die DUH nutze das Abmahnunwesen aus finanziellen Gründen. Dabei mahnt der Verein im Wochendurchschnitt 30 angebliche Verstöße ab, strengt pro Jahr etwa 400 Prozesse an und erwirtschaftete 2017 nach jüngsten Veröffentlichungen mit „Verbraucherschutz" wie in der Bilanz die Einnahmen aus Abmahnungen klausoliert bezeichnet werden, knapp 2,2 Millionen, also ein Viertel seiner gesamten Einnahmen. Doch das beeindruckte die Juristen nicht.

Wörtlich heißt es in der Urteilsbegründung und für Menschen mit normalem Intellekt nur schwer nachvollziehbar: „Überschüsse aus einer Marktverfolgungstätigkeit und ihre Verwendung (auch) für andere Zwecke, als die Verfolgung von Wettbewerbsverstößen im Verbraucherinteresse, sind jedenfalls solange kein Indiz für eine rechtmissbräuchliche Geltendmachung von Ansprüchen, wie der Verbraucherschutz durch Marktüberwachung als Verbandszweck nicht lediglich vorgeschoben ist, tatsächlich aber nur dazu dient, Einnahmen zu erzielen und damit Projekte zu finanzieren, die nicht dem Verbraucherschutz durch die Verfolgung von Wettbewerbsverstößen dienen." Weiter heißt es: „Eine den Verdacht des Rechtsmissbrauchs begründende Gewinnerzielungsabsicht folgt auch nicht aus der Höhe der Vergütung der beiden Geschäftsführer." Das klingt fast wie die Aufforderung zu einer Gehaltserhöhung für Jürgen Resch und seinen Kompagnon Sascha Müller-Kraenner.

Dem Bundesgerichtshof ging es um das Klagerecht der Organisation im Verbraucherrecht und nicht um das als Umweltschutzorganisation. Jetzt wäre der Gesetzgeber am Zug, um der DUH endlich den sprudelnden Geldhahn zuzudrehen. Ein von der bisherigen Justizministerin Katarina Barley vorbereiteter Gesetzentwurf zur vernünftigeren Regelung des Abmahn(un)wesens liegt längst in der Schublade. Außerdem sollte kein privater Verein abmahnen und Bußgelder verhängen dürfen. Das sollte Gerichten vorbehalten bleiben.

Die Kraftfahrzeuginnung Region Stuttgart und das Kraftfahrzeuggewerbe Baden-Württemberg wollen sich damit nicht abfinden. „Wir werden jede Möglichkeit weiterer rechtlicher Schritte nutzen", erklärt der Geschäftsführer der Kfz-Innung, Christian Reher. Als weitere Schritte sind eine Klage vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) oder eine Beschwerde beim Bundesverfassungsgericht möglich.

Recht so. (ampnet/hrr)


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Hans-Robert Richarz.

Hans-Robert Richarz.

Foto: Auto-Medienportal.Net