Ein Sommermärchen (III): Keine Chance für strategische Lösungen?
24. Juli 2019 Von Peter Schwerdtmann, cen
Keine Zeit für Wasserstoff
Bei einem Pressetermin auf dem Genfer Automobilsalon, als Mercedes-Benz-Chef Dieter Zetsche und sein Forschungsvorstands-Kollegen Thomas Weber noch im Amt waren, ergab sich folgender kleiner Disput: Ein Journalist fragte, welche Technologie Daimler bevorzuge: Batterie oder Brennstoffzelle. Der Ingenieur Weber hatte keinen Zweifel: die Brennstoffzelle. Niemand wolle immer mit einer halben Tonnen Batterie durch die Gegend fahren. Der CEO antwortete politisch: Die Batterie biete als einzige Technologie die Chance die Kohlendioxid-Grenzwerte zeitgerecht einzuhalten.
Dabei ging es Zetsche offensichtlich nicht nur darum, dass batterieelektrische Autos vor Ort kein Abgas entwickeln. Er spielte auf den Zeitfaktor an. Wenn die Kohlendioxid-Grenzwerte eingehalten werden sollten, dann mussten so schnell wie möglich Fahrzeuge verkauft werden, die entweder gar nichts emittierten oder deren Verbrauch sich – wie bei den Fahrzeugen mit Hybridantrieben – mit wohlwollenden, aber offiziellen Formeln herunterrechnen ließ. Für die Einführung der Brennstoffzelle als Ersatz für die Batterie hatte die EU mit ihren Grenzwerten keine Zeit gelassen.
Grenzwerte bestimmen die Richtung
Natürlich hatten Parlament und Kommission nur die Umwelt im Sinn, auch jetzt, da sie gerade wieder Grenzwerte nach unten verschieben wollen. Auch heute noch wird die Diskussion dabei von der Überzeugung befeuert, man müsse der Industrie nur die Pistole auf die Brust setzen, dann werde sie schon funktionieren.
Oft genug hatte das Verfahren Erfolg, etwa nachdem der französische Präsident François Mitterrand den deutschen Bundeskanzler Gerhard Schröder überredete hatte, den Dieselpartikelfilter vorzuschreiben. Was er auch tat und damit der Deutschen Umwelthilfe (DUH) die Gelegenheit verschaffte, sich zum ersten Mal so richtig gegen das Auto in Stellung zu bringen.
Der Gedanke, dass Druck erstaunliche Ergebnisse schaffen kann, steht auch dahinter, dass die Politik heute versucht, die Kräfte des Marktes auszuhebeln und von der Industrie Quoten für Autos verlangt, die heute noch gar keine Käufer finden. Die „Politik“ – das sind in Brüssel auch die Vertreter der Nationen, deren Erfolg nicht in demselben Maße von dem ihrer Automobilindustrie abhängt wie in Deutschland.
Schurigeln mit anschließender Schadenfreude ist da keine seltene Reaktion. Auch François Mitterrand und die französische Automobilindustrie werden es genossen haben, dass die deutschen Kollegen auf einmal Hardware vorgeschrieben bekamen, wo es eigentlich üblich war, Grenzwerte zu setzen und nicht etwa die Technologie zu verordnen. (ampnet/Sm)
Wenn Sie der Artikel für Ihr Medium interessiert, registrieren Sie sich bitte hier!
Dann können Sie den Artikel oder die Bilder und Videos herunterladen.
Prof. Dr. Thomas Weber.
Foto: Auto-Medienportal.Net/Daimler
Prof. Dr. Thomas Weber.
Foto: Auto-Medienportal.Net/Daimler
Dieter Zetsche.
Foto: Auto-Medienportal.Net/Daimler/Dieter Rebmann
Mercedes-Benz GLC F-Cell.
Foto: Auto-Medienportal.Net/Daimler
Der Mercedes-Benz GLC F-Cell an der Wasserstofftankstelle.
Foto: Auto-Medienportal.Net/Daimler
Bosch: Serienfertigung der Brennstoffzelle.
Foto: Auto-Medienportal.Net/Bosch
Bosch steigt in die Serienfertigung von Brennstoffzellen für Lkw und Pkw ein: Eine Brennstoffzelle.
Foto: Auto-Medienportal.Net/Bosch
Bosch steigt in die Serienfertigung von Brennstoffzellen für Lkw und Pkw ein: Laboraufbau.
Foto: Auto-Medienportal.Net/Bosch
Konzept Rover-Mondfahrzeug mit Brennstoffzellenantrieb der Weltraumagentur JAXA und Toyota.
Foto: Auto-Medienportal.Net/Toyota
Unterseeboot U-32: Die modernen deutschen U-Boote fahren mit Strom aus Brennstoffzellen.
Foto: Auto-Medienportal.Net/Bundesmarine
Brennstoffzellen-Zug Alstom Coradia i-Lint.
Foto: Auto-Medienportal.Net/Alstom
Toyota-Brennstoffzellenfahrzeug FCHV-adv.
Foto: Auto-Medienportal.Net/Wolfgang Wieland
Peter Schwerdtmann.
Foto: Auto-Medienportal.Net