Kommentar: Immer noch nichts dazugelernt

Der Klimawandel erfordere drastische Eingriffe. So gehörten sämtliche Fluggesellschaften verstaatlicht, zusätzlich alle Energieversorger und die Bahn sowieso. Nur die Automobilindustrie bleibe vorerst noch verschont. Doch auch sie soll wohl demnächst dran glauben müssen. Bernd Riexinger, einst Angestellter bei der Leonberger Bausparkasse, heute Vorsitzender der Partei Die Linke und seit 2017 Abgeordneter des Deutschen Bundestags, ist fest davon überzeugt, dass sich Klimaschutz mit Kapitalismus nicht verträgt. "Was so dramatische gesellschaftliche Folgen haben kann, darf nicht marktwirtschaftlich und unreguliert bleiben", diktierte er jetzt Redakteuren der Essener Funke-Mediengruppe ins Notizbuch.

Lieber Herr Riexinger, wenn auch zum Zeitpunkt des Interviews in Deutschland Rekordtemperaturen herrschten und Sie deshalb Nachsicht verdienen, darf ein solcher Blödsinn nicht unwidersprochen bleiben. Gerade Sie müssten wissen, dass staatlich gelenktes Wirtschaften niemals in der Geschichte zielführend war. Haben Sie etwa in den vergangenen 30 Jahren nichts dazugelernt?

Planwirtschaft hat noch nie funktioniert. Das wissen wir alle und sämtliche ernst zu nehmenden Wirtschaftswissenschaftler nicht erst seit dem grandiosen Scheitern der DDR 1989. Wäre alles so eingetroffen, wie es sich das Zentralkomitee der SED und die Strategen in Pankow in ihren Fünfjahresplänen ausgerechnet hatten, gäbe es heute keine neuen Bundesländer. Stattdessen blühende Landschaften im Osten Deutschlands, neidvoll betrachtet von der nach Vorgaben der sozialen Marktwirtschaft Ludwig Erhards gebremst kapitalistisch organisierten alten Bundesrepublik.

Oder nehmen wir die Zeiten, da die EU noch EWG hieß. Damals flossen politisch gewollt derart hohe Fördergelder in die europäische Landwirtschaft, dass Brüssel schließlich nicht mehr wusste, wohin mit den Milchseen und Butterbergen. Und neuerdings schwebt auch über der Automobilindustrie das Damokles-Schwert Planwirtschaft. Doch vorgeschriebene Quoten batterieelektrisch angetriebener Fahrzeuge sind von vorne herein zum Scheitern verurteilt. Wetten dass?

Staatlich verordnete Zielvorgaben für wirtschaftliche Prozesse sind und bleiben Werkzeuge aus der Mottenkiste des Sozialismus. Gewiss, Flugpreise wie 8,99 Euro von Berlin nach Budapest oder 26,69 Euro von Frankfurt nach Malle sind alles andere als klimafreundlich, entsprechen aber zum Glück fürs Klima in den wenigsten Fällen den tatsächlich erreichbaren Angeboten.

Wirksamer als staatlich beschlossene Gesetze sind Anreize oder Rahmenvorgaben. Seit zum Beispiel Schreckensbilder unsere Zigarettenpackungen zieren, ist die Qualmerei deutlich zurück gegangen. Und was unser Klima angeht, könnte ein maßvolles Regelwerk Wunder wirken, wenn es den Verbrauchern überlassen bleibt, welchen Weg sie zum erwünschten Ziel wählen wollen. Eine am CO2-Ausstoß orientierte Kfz-Steuer oder ein geregelter Emissionshandel wären zum Beispiel nicht die schlechtesten denkbaren Mittel. Wohl aber die Verstaatlichung ganzer Industriezweige.

Übrigens, Herr Riexinger: Die Deutsche Bahn gehört zu 100 Prozent der Bundesrepublik Deutschland, ist also im weiteren Sinn ein staatlich geführtes Unternehmen. Wie es um dessen Qualität im europäischen Vergleich bestellt ist, was Verspätungen und Zuverlässigkeit angeht, brauchen wir gar nicht erst zu diskutieren. (ampnet/hrr)


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Hans-Robert Richarz.

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Foto: Auto-Medienportal.Net