Fahrbericht Toyota Land Cruiser 2.8 L D-4D: S-U-Wie?

Zuverlässiger Nutzwert erlebt als Kaufkriterium eine Renaissance – Nudeln statt Hors d'oeuvres führen die Hand im Supermarkt. In dieser Bresche ist der seit 2009 produzierte Land Cruiser eine feste Größe: Schnörkel und Infotainment-Oasen – diese Sprache will das liebevoll „Buschtaxi“ genannte Offroad-Vehikel nicht sprechen. Stattdessen offeriert der hoch gewachsene Toyota 70 Zentimeter Wattiefe, permanenten Allradantrieb mit Untersetzung, und das Gefühl, für alles gewappnet zu sein - als Dreitürer zum Sparpreis.

Qualität statt Quantität – das ist Geist der Japaner, wenn es ums Gelände geht. Die Ausstattung des Land Cruiser ist überschaubar: Autonomes Fahren, adaptives Fahrwerk oder menschlich wirkende Sprachsteuerungssysteme sind nicht das Konzept des Geländewagen-Klassikers. Nebenan geparkte SUV wirken wie ein Abklatsch für Warmduscher.

Denn in Tokio wird man der Geländewagenklasse noch in vollem Maße gerecht. Auf Überhänge wird verzichtet, die Schürzen nur so weit herunter gezogen wie zwingend für die Verdeckung der Technik notwendig. Und noch ein Faktum unterscheidet den Toyota von seinen neumodischen Brüdern: Er steht als J15 seit 2009 noch immer auf der gleichen Basis. Mittlerweile erhältlich sind verschiedene Fahrprogramme, die unser Testwagen allerdings nicht mitbekommen hat.

Das steht ihm als Nutztier im Grunde gut, denn der robuste Aufbau und die makel-, aber auch schnörkellose Verarbeitung, besinnt den Land Cruiser auf seine Stärken. Die sind vor allem im Gelände zu finden wo das Fahrwerk Unebenheiten wegbügelt und mit den Rädern immer festen Kontakt zum Boden hält. Die Untersetzung kann mit dem Torsen-Hinterachsdifferential verbunden werden und dann scheint kein Schlammloch zu tief. Besonders im Gelände animiert die Lenkung aber auch zu Kurbelexzessen und Sensibilität: Stark servounterstützt und mit langer Übersetzung erinnert sie bisweilen an den Kochlöffel im Nudeltopf. Dafür ist der Lenkeinschlag so üppig ausgelegt, dass man den Dreitürer gefühlt auf der Stelle wenden kann.

Wie am Schnürchen gezogen wühlt sich der mindestens zwei Tonnen schwere Tross in Windeseile trotzdem durchs Gelände. Zugute kommen ihm dabei der hohe Rampenwinkel von 22 Grad und die üppigen Böschungswinkel von 31 Grad vorn und 25 Grad hinten. In Kombination mit dem kurzen Radstand des Dreitürers spielt auch das Facelift des J15 seine Stärken aus. Und erst bei 42 Grad Schräglage legt sich der Land Cruiser aufs Ohr. In punkto Geländegängigkeit ist der Toyota damit ein richtiger Könner. Hinzu kommen optionale Hilfen wie die Rundumsicht per Kamera und eine Anstiegs- und Abfahrtshilfe, die den Zweitonner auch in kritischen Situationen ohne Zutun optimal bewegen.

Nun werden auch Geländewagen zum größten Teil auf der Straße bewegt, so muss sich der große Bruder des SUV auch auf dem Teer beweisen. Dafür stehen 177 PS und 450 Newtonmeter aus einem 2,8-Liter-Turbodiesel parat, die mit einem schön geführten Schaltgetriebe verbunden sind. Der Motor kann mit sattem Durchzug und homogener Leistungsentfaltung punkten, die Kupplung führt dem Antriebsstrang bei jedem Schaltvorgang einen neuen Kraftschub zu. Etwa zehn Liter Diesel gehen durch, angesichts des permanenten Allradantriebs und des hohen Gewichtes geht das in Ordnung. Auf der Autobahn sind knappe 180 km/h möglich. Das reicht für den Hochsitz voll aus. Die Bremsen lassen sich punktgenau dosieren und packen auch bergab fest zu. In Kurven liegt der Land Cruiser erwartungsgemäß weich, kann aber durch den Allradantrieb, die ausgeglichene Gewichtsverteilung und den kurzen Radstand auch richtig Spaß machen.

In den bequemen Ledersitzen, die sich trotz geringer Verstellmöglichkeiten jederzeit angenehm anschmiegen, wird dem Fahrer schnell bewusst, weshalb der Gipfelstürmer aus Tokio so eine große Fangemeinde hat. Im Armaturenbrett ragt mittig eine Kommandozentrale hervor, die den robusten Nutzfahrzeug-Charakter des Land Cruisers unterstreicht. Darin bettet Toyota heute ein Infotainment-System mit Navigation, sowie Apple Carplay und Android Auto ein. Die übersichtliche Darstellung und die Kurzwahltasten machen die Bedienung kinderleicht, einen Haken gibt es dennoch: Die Lautstärkeregelung ist derart zeitverzögert, dass plötzliche Soundexplosionen aus dem Radio in den ersten Tagen mit dem Großen keine Seltenheit sind. Warum man das bei der Entwicklung nicht bemerkt hat, weiß wohl nur Toyota.

Wie praktisch der Land Cruiser ist, kann er wohl am besten zeigen, wenn er fünf Türen hat. In der kurzen Variante gelangen Mitfahrer nur wie Steilwandkletterer - vorbei am umgeklappten Vordersitz - ins hintere Abteil. Dort sind die Platzverhältnisse, wie auch auf den vorderen Rängen, üppig. Der 381 Liter fassende Kofferraum bei der dreitürigen Variante ist schlecht zur variablen Rücksitzbank abgegrenzt, sodass das Beladen mit Taschen, Kisten und Koffern zum Muss wird. Lose Gegenstände sollten hier eher nicht untergebracht werden. Beim Fünftürer sind übrigens 640 Liter, umgeklappt sogar knapp 2000 Liter Gepäckvolumen drin.

Ein weiteres Manko im Alltag ist die seitlich öffnende Hecktür, die beim Parken immer mit bedacht werden sollte. Alternativ lässt sich auch das Heckfenster separat öffnen, um Gepäck von oben einzuwerfen oder zu entnehmen. Für Jäger, Tierfilmer und Fans von Reserverädern am Heck mag das Heckklappenkonzept vielleicht noch ein Kaufgrund sein, im Alltag hingegen ist es unpraktisch. Die Zentralverriegelung legt noch einen Abtörner oben drauf: Sobald der Startknopf gedrückt wird, ist der Kofferraum nicht mehr von außen zu öffnen.

Und trotzdem: Traditionell ist der Land Cruiser ein beliebtes Langstrecken- und Zugfahrzeug für Abenteurer, Pferdefreunde und Landwirte. Da wundert es nicht, dass gebrauchte Exemplare mit weit mehr als 400.000 Kilometern auf der Uhr zum Verkauf beim Gebrauchtwagenhändler stehen. Der Haltbarkeit bewusst, sieht bei solchen Zahlen auch kaum jemand einen Anlass, den Preis groß fallen zu lassen. Werterhalt und Zuverlässigkeit gehören zum Land Cruiser wie die peinlich berührten Blicke, die ihm B-Segment-SUV-Fahrer zuwerfen.

Fazit: Der Land Cruiser ist nach nun elf Jahren auf gleicher Basis das, was er ist: Ein Geländewagen, der durch Verarbeitung und Nutzen punktet. Kein Tal scheint zu tief, keine Strecke zu weit, um sie nicht doch im Förster-Toyota zu fahren. Dazu tragen der Durchzug des kräftigen Dieselmotors und das sauber geführte Schaltgetriebe, ebenso wie das einzigartige Fahrgefühl bei. Zu weich hingegen ist die Lenkung, die den Bezug zum Untergrund erschwert. Wer in seinem Hochsitz weder Sportwagen noch Computer noch Kombi sucht, ist mit den bewiesenen Stärken des dreitürigen Land Cruiser aber gut beraten. Dazu spart er sogar noch bares Geld: Über 20.000 Euro behält der Kunde gegenüber dem voll ausgestatteten Fünftürer in der Tasche. (ampnet/deg)


Daten Toyota Land Cruiser 2,8 L D-4D

Länge x Breite x Höhe (m): 4,84 x 1,89 x 1,85
Motor: 2.8-Liter-Vierzylinder-Turbodiesel
Leistung: 177 PS (133 kW) bei 3400 U/min
Max. Drehmoment: 450 Nm von 1600 - 3000 U/min
Höchstgeschwindigkeit: 175 km/h
Realverbrauch: 9 – 10 Liter Diesel
Leergewicht: ab 2075 kg
Gepäckraumvolumen: 381 – 1434 Liter
Bodenfreiheit: 21,5 cm
Wattiefe: 70 Zentimeter
Böschungswinkel: 31 Grad / 25 Grad
Rampenwinkel: 22 Grad
Kippwinkel: 42 Grad
Anhängelast (gebremst): 3000 - 3500 kg
Basispreis: 43.470 Euro


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Toyota Land Cruiser 2,8 L D-4D.

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Foto: Auto-Medienportal.Net/Dennis Gauert


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