Fahrbericht Benelli 752 S: Nackt, schwarz und betörend

Wie viele italienische Traditionshersteller geriet auch Benelli nach der japanischen Zweirad-Invasion in den 1970er- und 1980er-Jahren ins Straucheln. Dass es die Marke mit dem Löwen im Logo immer noch gibt und sie besser da steht als viele andere Leidensgenossen, hat sie Qianjiang (Q. J.) zu verdanken. Das chinesische Unternehmen baut seit 15 Jahren die Motorräder, die immer noch am Stammsitz in Pesaro entwickelt werden. So wie die 752 S.

251, 302 oder 502 und eben 752 – Benelli macht es sich bei einigen (nicht allen) Modellen einfach. Die ersten beiden Ziffern stehen für den Hubraum, die letzte für die Anzahl der Zylinder. Aktuell ist die 752 S das Spitzenmodell im Programm. Das Naked-Bike mit dem zur Schau gestellten Gitterohrrahmen gibt sich als schnörkellose Fahrmaschine zu erkennen. Auch wenn Grün die Hausfarbe ist, kam unser Exemplar in Schwarz daher – und bildete optisch eine schöne Einheit.

Kritiker mögen das etwas hohe Gewicht der schicken Nackten von fast 230 Kilo bemängeln, und zugegeben, es ist durchaus spürbar. Aber Motorrad fahren ist bekanntermaßen mehr als nur eine reine Leistungsfrage. Es ist eine emotionale Art der Fortbewegung, die sich aus allerlei Komponenten zusammensetzt. Dazu gehört auch der Sound. Und der ist bei der Benelli 752 S einfach nur betörend. Der Verdacht, hier wurde eine Maschine mit einem kurzen Endrohr aus dem Zubehör ausgeliefert, bestätigte sich nicht. Alles original. Und so konnten wir uns kaum satt hören am voluminösen Klang. Ob Werner-Zeichner Rötger Feldmann mit „Farz“ in seinen Comics etwas ähnliches im Ohr hatte? Fakt ist, als eher untertouriger Fahrer bewegten wir die 752 S – aller aktuellen Lärmdiskussion zum Trotz – gerne einen Gang niedriger als sonst, um bei etwas höheren Drehzahlen die Benelli in vollen Tönen zu genießen.

Um die beiden recht üppigen Zylinder ist ein Gitterrohrrahmen gestrickt. Davor breitet ein mächtiger, gebogener Kühlergrill seine Flügel aus und trägt die beiden Lüfterräder offen zur Schau. Auch die Schläuche werden unkaschiert präsentiert. Das mag nicht jedermanns Sache sein, passt aber gut zum Charakter der Benelli als überwiegend reine Fahrmaschine. Der Kennzeichenhalter ist nach neuer Sitte als Ausleger rechtsseitig an der asymetrisch ausgeführten Schwinge montiert. Mit 50 Millimetern Durchmesser fällt auch die USD-Gabel recht gewichtig aus. Während auf dem Kupplungsdeckel stolz „Benelli engine“ eingschlagen ist und auch im Scheinwerfer der Marken-Schriftzug prangt, bleibt es beim Tankemblem bei einem schlichten Aufkleber. Gerade wegen des an sich schmucken Löwen-Logos wünschte man sich hier doch etwas mehr.

Die Sitzposition auf der gut geplosterten Bank erweist sich als sehr angenehm, der Knieschluss an der Blende zwischen Tank und Rahmenrohr ist in unserem Fall (1,76 Meter groß) nahezu perfekt. Das Sechs-Gang-Getriebe lässt sich auch hier (wie schon bei der TRK 502) angenehm weich und präzise schalten. Die Kupplung rückt allerdings erst sehr spät wieder aus, so dass man beim ersten Anfahren etwas vorsichtig sein sollte. Der nach hinten umgelenkte Fußbremshebel hingegen ist à la bonne heure. Er ist schön dicht am Stiefel positioniert und spricht angenehm früh an. Wenngleich sich auch die vorderen Bremsscheiben durch gute Dosierbarkeit auszeichnen, haben wir noch bei keinem Motorrad so gerne und oft nur auf die Hinterradbremse vertraut und das selbst bei Verzögerungen aus 150 km/h heraus. Das ABS regelt etwas rustikal, aber zuverlässig.

Die Pirelli-Angel-Reifen erlauben punktgenaues Dirigieren. Der 754-Kubik-Zweizylinder entfaltet seine Leistung recht linear, legt sich ab etwa 6000 Umdrehungen in der Minute kurz vor der Drehmomentspitze aber noch einen Hauch stärker ins Zeug. Bei 10.000 Touren stottert die Benelli dann recht unvermittelt in den Begrenzer.

Das Cockpit-Display mit kleinen roten und orangen Akzenten ist nicht das allerschärfste, hat aber ein angenehm warmes Blau als Hintergrund und ist ausreichend kontrastreich. In der Dämmerung und im Dunklen wechselt der Bildschirm bis auf die zentrale Geschwindigkeitsanzeige sämtliche Darstellungsformen. Die Nachtansicht mit schwarzem Hintergund und weißen Ziffern sowie einer blauen Phantasiegrafik wirkt unterm Strich klarer.

Fazit: Die Benelli 752 S legt es nicht auf das letzte Quentchen Leistung an, sondern will als Charakter-Bike verstanden werden. Wir jedenfalls sind ihrem Charme erlegen. Leicht macht sie es potenziellen Käufern aber nicht: Mit aktuell 7408 Euro kann sie sich trotz Produktion in China preislich nicht ganz der japanischen Massenware erwehren. Unser Herz hat sie aber trotzdem erobert. (ampnet/jri)

Daten Benelli 752 S

Motor: Reihen-2-Zylinder, 754 ccm, wassergekühlt
Leistung: 56 kW / 77 PS bei 8500 U/min
Max. Drehmoment: 67 Nm bei 6500 U/min
Höchstgeschwindigkeit: 190 km/h
Beschleunigung 0–100 km/h: k. A.
Getriebe: sechs Gänge
Antrieb: Kette
Tankinhalt: 14,5 Liter
Sitzhöhe: 810 mm
Gewicht: 228 kg (fahrbereit)
Normverbrauch: 5,9 l/100 km
CO2-Emisionen: 135 g/km
Zuladung: k. A.
Bereifung: 120/70-17 (v.), 180/55-17 (h.)
Preis: 7408 Euro


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