Als Tiger gesprungen und als Bettvorleger gelandet

Die meisten von uns können sich wohl noch daran erinnern. Es sind gerade mal zwei Jahre her, da brachte Katarina Barley (SPD), heute Mitglied des Europäischen Parlaments und damals noch Bundesministerin der Justiz, ein lange geordertes Gesetz auf den Weg. Es solle „endlich einen Schlussstrich unter das grassierende Abmahnunwesen ziehen und die finanziellen Anreize für Abmahner verringern" und „die Voraussetzungen für Abmahnungen erhöhen". Gleichzeitig sollten „die Rechte des Abgemahnten gestärkt" und so „dem Geschäftsmodell der Abmahn-Industrie" die Grundlage entzogen werden.

Bei den Autohändlern der Republik stieß das Vorhaben auf große Zustimmung. Fürchteten sie doch besonders die Keule der Deutschen Umwelthilfe (DUH) wie der Teufel das Weihwasser, weil diese damals rund ein Viertel ihres Finanzbedarfs aus Abmahnungen bestritt. Eine Reihe fest angestellter DUH-Mitarbeiter durchforstete penibel Werbung und Zeitungsanzeigen insbesondere von Autohäusern und setzte selbst bei geringsten Verstößen gegen das Wettbewerbsrecht eine Abmahn-Maschinerie mit empfindlichen finanziellen Folgen für die Betroffenen in Gang. Die DUH hatte sich so den Ruf eines Abmahnvereins erworben.

Waren es 2013 noch 1,8 Millionen, so hatte sich der Betrag – verschleiert als Einnahmen durch „Verbraucherschutz" oder „Ökologische Marktüberwachung“ – im Laufe der Jahre fast verdoppelt. Diesem Geldsegen sollte das Gesetz gegen missbräuchliches Abmahnwesen den Boden entziehen.

Doch jetzt hat sich der jüngst von Bundestag und Bundesrat verabschiedete Erlass gegen solche Machenschaften zumindest in Richtung DUH als zahnloser Tiger herausgestellt. Sandra May, Juristin beim Händlerbund in Leipzig, Europas größtem Onlinehandelsverband, sagt: „Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) ist eine qualifizierte Einrichtung gemäß des Unterlassungsklagengesetzes. Sie darf weiterhin wie gewohnt abmahnen. Das Gesetz zur Stärkung des fairen Wettbewerbs sieht lediglich Änderungen für sogenannte Wirtschaftsverbände vor. Als qualifizierte Einrichtung gibt es für die DUH zwar auch ein paar kleinere Änderungen; diese werden auf die Aktivitäten aber voraussichtlich keinen Einfluss haben.“

Auch der Bundestagsabgeordnete Jan-Marco Luczak (CDU), der sich für das neue Gesetz besonders stark gemacht hat, muss einräumen: „Die DUH ist ein klageberechtigter Verbraucherschutzverband nach dem Unterlassungsklagengesetz (UKlaG) und wird auch nach dem neuen Gesetz zur Stärkung des fairen Wettbewerbs in die Liste der qualifizierten Einrichtungen nach Paragraph 4 UKlaG aufgenommen. Generell verschärft Paragrapgh 4 UKlaG-E die Anforderungen an eine Klagebefugnis nach dem UKlaG. Diese verschärften Voraussetzungen dürfte die DUH indessen erfüllen.

Eine möglicherweise missbräuchliche Abmahnpraxis wird in Zukunft aber dadurch erschwert, als dass das Gesetz zur Stärkung des fairen Wettbewerbs in einem neuen Paragraphen (§ 8 c UWG-E) Fallgestaltungen konkretisiert, in denen eine missbräuchliche Abmahnung vorliegt. Allerdings erfordert die Bejahung immer eine umfassende Würdigung der Gesamtumstände. Auch nach dem nun abgeschlossenen Gesetzgebungsverfahren bleibt weiter ein Fokus auf missbräuchliche Praktiken von Verbänden i. R. d. UWG und des UKlaG gerichtet. Sollte hier (fortgesetzter) Missbrauch der rechtlichen Instrumente zu beobachten sein, wird der Gesetzgeber nachsteuern.“

Es bleibt also noch ein, wenn auch nur winziges Fünkchen Hoffnung. (ampnet/hrr)


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Sandra May.

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Foto: Auto-Medienportal.Net/ZDK


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Jan-Marco Luczak.

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Foto: Auto-Medienportal.Net/Deutscher Bundestag


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