Praxistest Toyota RAV4 PHEV: Kraftvoll und komfortabel

Man kann es als einen Schritt in Richtung Mainstream werten: Toyotas derzeit leistungsstärkstes Modell ist ein SUV. Allerdings hat der RAV 4 eine Besonderheit zu bieten: drei Motoren und einen Anschluss für die Steckdose. Die Baureihe gehört weltweit zu den dienstältesten SUV – und beliebtesten. Global gesehen gibt es zwar noch Versionen mit reinen Benzin- und Dieselmotoren, hierzulande hat sich der Anbieter bei Einführung der fünften Generation aber von konventionellen Antrieben verabschiedet. Aktuell ist er nur noch als Hybrid zu haben.

Mit der Plug-in-Version ist ein enormer Zuwachs an Leistung und elektrischer Reichweite zu verzeichnen. Allerdings auch ein Anstieg des Gewichts, denn die zwischen den Achsen montierte Lithiumionen-Batterie bringt inklusive Nebenaggregaten und Ladeeinrichtung rund 215 Kilogramm mehr ins Auto. Die Zwei-Tonnen-Marke an Leermasse knackte der Testwagen dennoch nicht: Mit genau 1950 Kilogramm (bei vollem Benzintank) gehört er noch zu den schlankeren Vertretern seiner Kategorie.

Der beim Normal-Hybrid kaum nennenswerte emissionsfreie Aktionsradius ist durch den jetzt an Bord befindlichen Energievorrat von 18,1 kWh erheblich erweitert. Der Hersteller spricht von maximal 75 Kilometern elektrischer Reichweite, unter günstigen Umständen sollen es im Stadtverkehr sogar mehr als 90 sein. Über Nacht an der Haushalts-Steckdose aufgeladen versprach der Bordcomputer unseres RAV4 immerhin 72 Kilometer.

Die angebene Reichweite ist praxisnah

Mehrere Fahrversuche im EV-Modus bestätigten die Praxisnähe der angezeigten Werte, obwohl berücksichtigt werden muss, dass bei Temperaturen um den Gefrierpunkt ein Teil der Energie zum Erwärmen der Batterie gebraucht wird. Rechnerisch rückt der Wagen sogar in die Liga der Ein-Liter-Autos ein. Der offizielle CO2-Ausstoß liegt bei 26 Gramm je Kilometer, denn bekanntlich profitieren elektrifizierte Fahrzeuge bei der Verbrauchsberechnung nach EU-Norm von einem Bonus. Für den Fall, dass einmal die Entfernung zwischen zwei Ladesäulen sehr groß sein sollte, hat der RAV4 bis zu 55 Liter Benzin dabei.

Das geräumige Allrad-SUV mit fünf Plätzen, elektrischer Heckklappe und einem Gepäckvolumen von bis zu 1604 Litern hat ein komplexes Antriebssystem. Es besteht aus einem 2,5 Liter großen Vierzylinder-Benziner mit 185 PS, einem an der Vorderachse montierten Elektromotor mit 134 kW sowie einer 40 kW starken E-Maschine an der Hinterachse. Sie kommen zusammen auf eine Systemleistung von 306 PS (225 kW). Allein der vordere E-Motor leistet 46 kW (63 PS) mehr als sein Pendant im RAV4 Hybrid. Der Allradantrieb ist mit sperrbaren Differenzialen ausgestattet, so dass dem Fahrzeug durchaus gewisse Offroad-Eigenschaften zugesprochen werden können. Die Bodenfreiheit beträgt 18 Zentimeter.

Während der Verbrennungsmotor 227 Newtonmeter Drehmoment zur Durchzugskraft beisteuert, drücken die beiden Permanent-Synchronmotoren 270 bzw. 121 Nm an das stufenlose Automatikgetriebe. Auch wenn Toyota darauf verzichtet, einen Wert für das gemeinsame System-Drehmoment nennen, geht es spürbar zügig zur Sache: Das Spurtvermögen wird mit sechs Sekunden aus dem Stand auf 100 km/h angegeben. Um diesen Wert zu erreichen, wird allerdings die Unterstützung des Vierzylinders benötigt, im rein elektrischen Betrieb vergehen zehn Sekunden und es sind maximal 135 km/h möglich. Die Höchstgeschwindigkeit des RAV4 PHEV beträgt wie beim Schwestermodell mit der kleineren Batterie 180 Stundenkilometer.

Die Rekuperation lässt sich nicht verändern

Unterwegs in Stadt und Land, wo zunächst nur selten der konventionelle Motor gefordert ist, verwöhnt der Wagen seine Insassen mit druckvollem Antritt bei gleichzeitiger angenehmer Ruhe. Meist übertönt das Abrollgeräusch der Reifen das elektrotypische Summen des Antriebs. Das automatische Getriebe vermeidet weitgehend den gefürchteten „Gummiband-Effekt“ stufenloser Schaltboxen, vom Wechsel der Übersetzungen bekommen Fahrer oder Fahrerin kaum etwas mit. Freunde des manuellen Schaltens per Lenkrad-Paddel müssen sich allerdings darauf gefasst machen, nicht zum Zuge zu kommen: Dieses Ausstattungsmerkmal wird in Deutschland nicht angeboten. Der von der Platzierung des Akkus herrührenden niedrigen Schwerpunkts fördert ein ausgewogenes und, falls gewünscht, agiles Fahrverhalten.

Eine Änderung der Rekuperationsstärke ist im Gegensatz zu anderen PHEV nicht vorgesehen. Dafür spielte bei der Konfiguration des Ladesystems die Batterie-Lebensdauer eine gewichtige Rolle. Es unterstützt eine Ladegeschwindigkeit von bis zu 6,6 kW, was der Dauerhaltbarkeit des Akkus zugutekommt. An der Wallbox und mit Typ 2-Ladekabel (Mode 3) soll die Batterie laut Hersteller binnen viereinhalb Stunden wieder voll sein. Wenn künftig noch jemand auf die Idee käme, die Abdeckung für die Ladebuchse oben statt seitlich anzuschlagen (wie die Tankdeckel es sind), ließe sich der Steckkontakt noch besser vor Regen schützen.

Für Komfort und Sicherheit sorgt ein reichhaltiges Angebot an Warn- und Assistenz-Systemen, wozu Front-Kollisionswarner, Notbremsassistent, autonomer Notbremsfunktion und Fußgänger-/ Radfahrererkennung, Adaptives Geschwindigkeitsregelsystem, Spurhalteassistent mit Lenkhilfe, Spurverfolgungs- und Fernlichtassistent sowie eine Verkehrsschilderkennung gehören. In den höherwertigen Ausstattungslinien sind zum Beispiel Head-up-Display und der kamerabasierte Monitor-Innenspiegel enthalten. Er bietet zwar den Vorteil, das rückwärtige Passagiere oder Ladung das Sichtfeld nicht einschränken können, eine gewöhnungsbedürftige Fokussierung oder gelegentliche Doppelbilder bei bestimmtem Lichteinfall müssen dafür aber hingenommen werden.

Für Privatkunden, die auf eine volle Ausschöpfung der staatlichen Förderung spekulieren, hat Toyota eine knapp unter 40.000 Euro (netto) kostende Basisversion ausgelegt. Die bis zu 58.380 Euro kostenden, üppig ausgestatteten „Style“- und „Technik“-Varianten zielen eher auf Flotten- und Gewerbekunden, die im Leasing von der 0,5-Prozent-Regelung bei der Steuerberechnung profitieren. In der Kölner Deutschland-Zentrale kalkuliert man mit rund 3000 RAV4 PHEV für das laufende Jahr.

Fazit: Kraftvoll und komfortabel, vielseitig und ohne auffällige Schwächen ist der RAV4 mit Strecker. Was ihn bei allen Vorzügen mit den vergleichbaren Modellen anderer Hersteller verbindet, ist ein stolzer Anschaffungspreis und die Tatsache, dass PHEV nur dann ihre Umwelt-Trümpfe ausspielen können, wenn sie kontinuierlich an der Steckdose mit Ökostrom aufgeladen werden – Staatsknete abgreifen und anschließend mit Dauer-Bleifuß Sprit verbrennen, ist sicher nicht im Sinne der Umwelt. (ampnet/afb)

Daten Toyota RAV4 PHEV

Länge x Breite x Höhe (m): 4,60 x 1,86 x 1,69
Radstand (m): 2,69
Motor: R4-Benziner, 2487 ccm, Direkteinspritzung
Leistung: 136 kW / 185 PS bei 6000 U/min
Max. Drehmoment: 227 Nm bei 3200–3700 U/min
Elektro-Motor vorn: 134 kW / 182 PS
Drehmoment E-Motor: 270 Nm
Elektro-Motor hinten: 40 kW / 54 PS
Drehmoment E-Motor: 121 Nm
Kraftübertragung: stufenloses Automatik-Getriebe (CVT)
Batterie: Hochvolt-Lithiumionenbatterie, 18,1 kWh
Systemleistung: 225 kW / 306 PS
Elektr. Normreichweite: 75 km
Höchstgeschwindigkeit: 180 km/h
Beschleunigung 0 auf 100 km/h: 6,0 Sek.
WLTP-Durchschnittsverbrauch: 1,2 Liter
Testverbrauch Benzin: 4,5 Liter/100 km
Testverbrauch Strom: 18,6 kWh
Effizienzklasse: A+
CO2-Emissionen: 26 g/km (Euro 6d)
Leergewicht Testwagen/ Zuladung: 1950 kg / max. 600 kg
Kofferraumvolumen: 520–1604 Liter
Bodenfreiheit: 180 mm
Böschungswinkel: 17,5 Grad (v.) / 20 Grad (h.)
Max. Anhängelast: 1500 kg
Luftwiderstandsbeiwert: 0,32
Basispreis: 47.490 Euro
Testwagenpreis: 54.374 Euro


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Toyota RAV4 PHEV.

Toyota RAV4 PHEV.

Foto: Auto-Medienportal.Net/Axel F. Busse


Toyota RAV4 PHEV.

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