Kommentar: Die Flut lässt sich nicht weglachen

Naturkatastrophen wie gerade in Rheinland-Pfalz, Nordrhein-Westfalen, Bayern und Sachsen verlangen von Politikern vor allem in Wahlkampfzeiten ein Höchstmaß an Feingefühl und Rücksichtsnahme. Das gelingt nicht immer und jedem. Das ganze Ausmaß der Schäden war noch nicht abzusehen, da klang es aus allen Lagern, dass man dieses Unwetter und seine Folgen nicht für Wahlkampfzwecke instrumentalisieren dürfe – und prompt machten sich die Verantwortlichen auf den Weg, produzierten Bilder der Anteilnahme, behinderten die Retter und versprachen schnelle Unterstützung für die Opfer der Fluten, wie damals Bundeskanzler Schröder beim Elbe-Hochwasser im August 2002, als er in Gummistiefeln durch die Fluten schritt und sein Konkurrent Stoiber noch seinen Urlaub genoss.

Armin Laschet muss sich an diese Bilder erinnert haben. In Altena tauchte der NRW-Ministerpräsident und CDU-Kanzlerkandidat zur Überraschung der Verantwortlichen auf, um „Bild“ exklusive Bilder zu liefern. In Hagen ließ er die Stadtspitze und die dort versammelten Medien dann anderthalb Stunden warten. Und später in Erftstadt zeigte der NRW-Ministerpräsident seinen besonderen Sinn für Humor, als er während der Rede des Bundespräsidenten ein offensichtlich lustiges Schwätzchen hielt, dass in einem herzhaften Lachen endete. Das war nicht nur dem Staatsoberhaupt gegenüber respektlos, sondern auch den Opfern gegenüber, die buchstäblich vor den Ruinen ihres Lebens stehen. Die CO2-Bilanz der Politiker-Besuche in den Katastrophengebieten ist dabei noch einmal ein eigenes Thema.

Natürlich hat niemand die Absicht, die Fluten und ihre Folgen für die eigenen politischen Zwecke zu instrumentalisieren – und doch erreicht der Pegel der plötzlich zu Klimaexperten mutierten Politiker neue Höchststände. Mit Ausnahme der rechtsradikalen Fraktion im Bundestag verkündet nun die neugeborene Gemeinschaft der Umweltfachleute, wie und warum der Klimawandel dieser Katastrophe den Weg bahnen konnte. Und was nun getan werden muss. Es ist unbestritten, dass die Klimakrise eine gewichtige Rolle für die Fluten spielt. Und doch ist es zu einfach, sich jetzt auf plakative Worthülsen zurückzuziehen, die nach der Wahl vermutlich vergessen sind. Und bei der nächsten Flut wieder hervorgeholt werden.

Nein, die Elektromobilität, inzwischen zum Heilbringer einer CO2-neutralen Zukunft befördert, wird derartige Wetterereignisse in Zukunft nicht verhindern, und auch ein Treibstoffpreis jenseits der Zwei-Euro-Grenze wird den gerade vom Kurs abgekommenen Jetstream, der unser Wetter maßgeblich bestimmt, nicht auf seine alte Bahn und Geschwindigkeit zurückbringen. Wetter und Klima sind eben globale Phänomene, die sich nicht allein mit nationalen oder europäischen Gesetzen beherrschen lassen.

Die Gesetzesvorlage der EU-Kommission mag im Europa der 27 Mitgliedsländer wirken und das Leben der Menschen deutlich verteuern, doch der Einfluss auf das Klima wird überschaubar bleiben, wenn es keine weltumfassenden Anstrengungen gibt. Dazu gehört auch die Suche nach alternativen Technologien. Alternativlos auf ausschließlich eine Technik zu setzen, ist dabei eher kontraproduktiv.

Die Ursachen für die Zerstörungen sind zudem zu vielfältig, um allein den Klimawandel für verantwortlich zu machen. Eine verfehlte Baupolitik, die Versiegelung von Naturflächen und die Begradigung von Wasserläufen spielen dabei eine ebenfalls gewichtige Rolle. Die lassen sich allerdings tatsächlich in der Tat schnell auf lokaler Ebene beheben.

Der Klimawandel ist eine Größe, mit der sich die Politik beschäftigen muss. Nur, weglachen lässt sich die Krise nicht. (aum/walther wuttke)


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Walther Wuttke.

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Foto: Auto-Medienportal.Net/Walther Wuttke