Fahrbericht Alfa Romeo Giulia GTA: Manche mögen‘s heiß

Wann ist die Zeit angemessener als zu einem Geburtstag, in der Vergangenheit zu stöbern, vor allem, wenn das stattliche Alter von 110 Jahren erreicht wurde? Alfa Romeo feiert dieses Jubiläum gerade und legt sich und den besonders sportiven Kunden ein bemerkenswertes Geschenk auf den Gabentisch. Die ohnehin schon überaus potent motorisierte Sportlimousine Giulia schmückt künftig und in einer auf 500 Exemplare limitierten Serie das Traditionskürzel GTA. Die drei Buchstaben, sie stehen für Gran Turismo Alleggerita, haben bereits in den 1960er-Jahren mit der Giulia Sprint in den Motorsport-Arenen für Aufsehen gesorgt: Jetzt bekommt die aktuelle Baureihe eine neue Krone aufgesetzt.

Der 2,9-Liter große V6-Biturbomotor kommt nach einer erneuten Leistungsspitze auf 540 PS (397 kW) und übertrifft damit das bisherige Spitzentriebwerk mit gleichem Hubvolumen in der Giulia Quadrifoglio um immerhin 30 PS. Das Hexenwerk im GTA betrifft jedoch vor allem das Gewicht. 50 Kilogramm leichter ist er, die Rennversion GTAm unterbietet das Serienpendant sogar um 100 Kilogramm, verzichtet deswegen auf die Rückbank und ist mit Schalensitzen sowie einem Überrollkäfig ausgerüstet. Ein Wettbewerbsfahrzeug mit Straßenzulassung also.

Das A in der Typenbezeichnung steht für extremen Leichtbau. Aluminium und vor allem Karbon-Werkstoff werden überall dort eingesetzt, wo die Pfunde purzeln müssen. Die Scheiben im Fond und am Heck werden aus leichtem Lexan geformt, unter anderem Front- und Heckschürze, Motorhaube und Sitzschalen sowie das Dach sind aus Kohlenstofffasern gebacken. Auffälliges Spoilerwerk nutzen beide Versionen der heißen Giulia, beim GTAm sieht der aufragende Flügel schon etwas aufgesetzt aus, erinnert uns an den seligen Lancer Evo von Mitsubishi. Aber Abtrieb muss sein. Immerhin verspricht Alfa Romeo eine Höchstgeschwindigkeit von 307 km/h. Da kann es ohne das Flügelwerk schon zu unliebsamen Aufwinden kommen. Beim GTA ohne m tun es zwei Verlängerungen der Abrisskante an der Kofferraumklappe. Frontsplitter und Heckdiffusor leiten die Windströme außerdem in die gewünschten Richtungen.

Unter dem Heck kuscheln die beiden schwarzen Endrohre der Akrapovic-Auspuffanlage aus Titan miteinander, gar nicht kuschelig wird es nach dem Druck auf die rote Taste am lederbezogenen und unten leicht abgeflachten Lenkrad. Mit heiserem Bellen springt der V6 an und gibt einen akustischen Vorgeschmack darauf, welches Spiel gleich angepfiffen wird. Sanft gleitet der Wahlhebel der achtstufigen Automatik in die D-Stellung, schon eine sachte Berührung des Gaspedals lässt die Giulia loshuschen. Der Beschleunigungsstreifen der Autobahn erscheint erstaunlich kurz, wie aus dem Rohr geschossen nimmt der Wagen Fahrt auf, die Hinterachssperre hat eine Menge Arbeit zu bewältigen, um das Durchdrehen der Räder zu verhindern.

Denn satte 600 Newtonmeter (Nm) Drehmoment liefert die Maschine schon bei 2500 Umdrehungen pro Minute (U/min) als Maximum ab. Also stehen bereits bei niedrigen Drehzahlen Bärenkräfte bereit. Andererseits wird dem V6 nicht bange, wenn die Nadel des Tourenzählers sich bei 6500 U/min dem roten Bereich der Skala nähert. Geschmeidig wandert das Triebwerk durch alle Höhen und Tiefen eines Motordaseins und gibt sich ganz entspannt oder eben rattenscharf.

3,8 Sekunden vergehen beim Sprint von 0 auf 100 km/h, die 200-km/h-Marke fliegt in weniger als raschen 12 Sekunden vorüber. In scheinbar ewiger Eile wandert die Tachonadel über die Skala. Die digitale Tempoanzeige erinnert an die Timeline bei Videoaufzeichnung, das Fahrerlebnis ist berauschend. Dabei lässt sich die Giulia trotz des heißen Blutes nicht aus der Ruhe bringen. Ihr Geradeauslauf könnte besser nicht sein, wird es kurvig, legt sie extreme Agilität an den Tag, lässt sich mit sanften Gasstößen wunderbar dirigieren. Sanftes Übersteuern bekämpft das ESP mit Zurückhaltung, so wedelt die Giulia mit Genuss auch durch anspruchsvolle Kurvenkombinationen. Die grundlegende Überarbeitung von Federn, Dämpfern und Buchsen des Fahrwerks ist fühlbar gelungen und sorgt dafür, dass mit einem Zentralverschluss ausgestatteten 20-Zoll-Leichtmetallräder fein am Boden bleiben. Die standfesten und vergrößerten Bremsen bringen den Viertürer aus 100 km/h nach knapp 36 Metern zum Stehen.

Zwar ist die GTA-Version deutlich straffer als die weniger starken Giulia-Versionen, kompromisslos ist die Härte jedoch nicht geworden. Als viertürige Familien-Limousine findet sie allerdings trotz des 480 Liter großen Kofferraums wohl keinen Zugang in die Fuhrparks sportlich ambitionierter Väter. Davor steht zunächst die Limitierung und gewiss auch der Preis. 173.000 Euro verlangt Alfa Romeo für die im Autodelta Tuningwerk umgearbeitete Gulia GTA. Mehr ist auch für weniger zu bezahlen. Für den GTAm (der ohne Rückbank) sind sogar 178.000 Euro zu bezahlen. Immerhin bekommt jeder Kunde dafür einen im GTA-Racingdesign gestalteten Helm und eine Fahrzeugabdeckung von Goodwool. Und obendrein darf er an einem Fahrkurs der Alfa Romeo Driving Academy in Italien teilnehmen, um seine Rennsportkentnisse zu vertiefen. Wenn das kein Schnäppchen ist. (aum/Michael Kirchberger)


Daten Alfa Romeo Giulia GTA

Länge x Breite x Höhe (m): 4,65 x 2,02 x 1,39
Radstand (m): 2,82

Antrieb: V6-Benziner, 2891 ccm, Turbo, Direkteinspritzung
Hinterradantrieb, 8-Gang-Automatik
Leistung: 397 kW / 540 PS bei 6500 U/min
Max. Drehmoment:600 Nm bei 2500 U/min
Höchstgeschwindigkeit: 307 km/h
Beschleunigung 0 auf 100 km/h: 3,8 Sek.
WLTP-Durchschnittsverbrauch: 10,8 Liter
Effizienzklasse: F
CO2-Emissionen: 244 g/km (WLTP)
Leergewicht (EU)/ Zuladung: min. 1580 kg / max. 570 kg
Kofferraumvolumen: 480 Liter
Testwagenpreis: 173.000 Euro


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Bilder zum Artikel

Alfa Romeo Giulia GTA.

Alfa Romeo Giulia GTA.

Foto: Autoren-Union Mobilität/Michael Kirchberger


Alfa Romeo Giulia GTA.

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Alfa Giulia GTA.

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Alfa Giulia GTA.

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Im Heritage-Point kümmert sich FCA um seine Klassiker wie den Alfa Romeo Giulia.

Im Heritage-Point kümmert sich FCA um seine Klassiker wie den Alfa Romeo Giulia.

Foto: Auto-Medienportal.Net/FCA