Wortklauberei (30): Verbot und Angebot

Die Reaktionen auf den Beschluss des EU-Parlaments, den Verbrennungsmotor aus der Welt zu schaffen, liegen nun vor. Für Beobachter beginnt jetzt die amüsante Phase einer Bewertung der vorgebrachten Behauptungen und Argumente. Dabei fallen zwei Aussagen der Befürworter des Verbrennerverbots ins Auge: „Die Automobilindustrie ist doch längst auf dem Weg“ und „Wir haben für die Pkw keine e-Fuels übrig“. Das reizt zu einem vertiefenden Blick.

All die Umweltpaten in Lobbygruppen, Behörden, Parteien, Ministerien und Kommissionen haben vor Jahren den Automobilherstellern ein Angebot gemacht, dass sie nicht ablehnen konnten: null Emissionen als Ziel der europäischen Gesetzgebung. Von dem Moment waren genau die Unternehmen im Vorteil, deren Manager die Beharrlichkeit der Prozesse in Brüssel richtig einschätzten und ganz fix auf diese Linie einschwenkten. Denn Wohlverhalten war angesichts der Dieselthematik angebracht. Außerdem ergab sich eine Perspektive, Kosten zu sparen, wenn das teure Weiterentwickeln der High-Tech-Verbrenner mit HighTech-Abgasbehandlung wegfiel. Also akzeptierten die meisten das Angebot der Umweltpaten und schoren dem Verbrenner ab.

Doch die wenigsten Schwüre waren so gemeint, wie die Umweltpaten sind verstehen wollten. Die Automobilindustrie arbeitet global. Deswegen galt jeder Schwur nur für Europa und auch da nicht in jedem Fall. Denn zum Plug-in-Hybrid gehört ein Verbrenner, und die meisten Absatzmärkte unserer Welt sind nicht ganz so begeistert von der Elektromobilität mit Batterien wie die Umweltpaten. In Vorstandssprech hört sich ein E-Schwur dann so an: „Bis 2030 sind wir bereit, überall dort vollelektrisch zu werden, wo es die Marktbedingungen zulassen.“

Ob der deutsche Markt das wohl zulässt?

Seit Jahren fordern Wissenschaftler, Unternehmen und Investoren klare Rahmenbedingungen für die Entwicklung bei den alternativen Kraftstoffen ein, besonders für die mit Solar- oder Windstrom synthetisierten e-Fuels. Brüssel hat deren Forderungen auf die lange Bank geschoben. Also fanden die notwendigen Investitionen für ein Hochfahren der e-Fuel-Produktion nicht statt, obwohl jeder einzelne Liter einen Schritt in Richtung Klimaneutralität und Unabhängigkeit von importierten fossilen Kraftstoffen bedeutet hätte.

Das ist nicht nur fürs Klima bedauerlich und geopolitisch bedenklich. Es zehrt am technologischen Vorsprung in Deutschland.

Jetzt zu sagen, das Transportwesen zu Lande, zu Wasser und in der Luft brauche die e-Fuels. Es sei zu wenig für all da, empfinden die, die sich bisher für die synthetischen Kraftstoffe eingesetzt haben als dreist.

Der autofahrende Mensch könnte es auch als zynisch verstehen. Er soll jetzt dafür bezahlen, dass die Politik die e-Fuels verschlafen hat? Jedenfalls sehen wir uns in Europa nun mit einem Angebot konfrontiert, dass wir nicht ablehnen können sollen. (Peter Schwerdtmann, cen)


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Peter Schwerdtmann.

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Foto: Auto-Medienportal.Net