Kia Niro EV: Elektrischer Bestseller mit viel Potenzial

Es ist anzunehmen, dass derzeit in der Kia-Zentrale im südkoreanischen Seoul mit Blick auf Deutschland das eine oder andere Glas Soju gekippt wird. Dabei handelt es sich um jenen südkoreanischen Nationalschnaps auf Reisbasis mit 20 Prozent Alkohol, von dem sich jeder erwachsene Südkoreaner im Durchschnitt fast zehn Liter pro Jahr hinter die Binde gießt und damit – was Hochprozentiges angeht – die meisten trinkfesten Nationen der Welt mit Abstand in den Schatten stellt.

Bei Kia gibt es aber auch allen Grund zum Feiern. Der zur Hyundai Motor Group gehörende Fahrzeughersteller schwimmt nämlich hier zu Lande auf einer bislang nicht gekannten Erfolgswelle. Vor 30 Jahren startete er sein Deutschland-Geschäft und brachte es – während der Automobil-Absatz hier zu Lande einer Rezession entgegen schliddert – im ersten Halbjahr 2022 mit 36.366 verkauften Fahrzeugen auf einen Marktanteil von knapp unter drei Prozent. Gegenüber dem gleichen Zeitraum des Vorjahres konnte sich sein Absatz um fast ein Fünftel verbessern.

Thomas Djuren, Geschäftsführer von Kia Deutschland, führt den Erfolg in erster Linie auf „eine konsequente Elektrifizierungsstrategie“ und „eine hochattraktive zukunftsweisende Modellpalette“ zurück. Doch das ist es nicht allein. Ein ständig verbessertes und damit gefälligeres Design kommt hinzu. Was den Strom angeht, so exportierte Kia bereits vor acht Jahren mit dem Soul EV seinen ersten Elektrischen nach Deutschland und schaffte in diesem Jahr mit dem EV6, dem ersten ausschließlich für den Batterieantrieb konzipierten Kia-Modell, die Krönung zum europäischen „Car of the Year 2022“.

Die zweite Generation der Niro-Familie soll ab sofort den Kia-Aufschwung festigen. Mit dem Niro Hybrid, dem Niro Plug-in Hybrid, vor allem aber mit dem Niro EV zielen die Südkoreaner in erster Linie auf E-Mobilitäts-Neulinge, die sich bislang noch nicht so recht mit dem Erwerb eines batterieelektrisch angetriebenen Autos anfreunden konnten. Dieses Modell soll die Erfolgsgeschichte seines Vorgängers e-Niro fortsetzen, dem ersten, seit Anfang 2019 als reiner Kia-Stromer auf dem deutschen Markt erhältlichen Fahrzeug. Dass der Neue schon jetzt über ein beträchtliches Maß an Potenzial verfügt, liegt auf der Hand. In den ersten fünf Monaten 2022 war der e-Niro in Deutschland der meist verkaufte Elektro-Kia und vereinte rund drei Viertel der Niro-Neuzulassungen auf sich.

Der Gattung „Crossover“ ordnet Kia die Niro-Familie zu, also einer Art Kreuzung aus SUV und Limousine. Vom SUV hat sie die höhere Sitzposition der Insassen, verzichtet aber auf – bisweilen bei diesen Typen vorgetäuschten – Anzeichen von Geländetauglichkeit. Die Frontpartie bezeichnen seine Designer als „weiterentwickeltes Tigergesicht“, während das Niro-Profil mehr als nur einen Hauch von Sportlichkeit vermittelt. Markant und charakteristisch fällt die C-Säule mit den integrierten Rückleuchten in Form eines Bumerangs ins Auge.

Einmal in den Innenraum vorgedrungen, erweist sich der Niro-EV gegenüber den Passagieren als Platz-Hirsch im wahrsten Sinne des Wortes. Das ist ihm von außen kaum anzusehen, obwohl er in der Länge gegenüber seinem Vorgänger um sechseinhalb Zentimeter zugelegt hat. Vorne wie hinten kommen sich die Passagiere mit genügend Beinfreiheit kaum in die Quere, die Sitze sind ergonomisch so günstig geformt, dass auf ihnen auch längere Strecken weitgehend ermüdungsfrei und bequem bewältigt werden können. Und für die Koffer für den Urlaub ist ebenfalls reichlich Raum vorhanden.

Optisch für die Insassen auf den beiden vorderen Plätzen interessant ist die asymmetrisch gestaltete Armaturenpartie mit dem volldigitalen Kombiinstrument und dem Navigations-Touchscreen. Dass sich die beiden Vordersitze elektrisch verstellen lassen, gehört zur Serienausstattung. Keiner Rede wert ist die angenehme Ruhe auch während der Fahrt im Innenraum – schließlich handelt es sich um ein geräuschloses Elektrofahrzeug, das zudem über artgerechte Fahrleistungen verfügt: Bereits nach 7,8 Sekunden erreicht der Zweitonner 100 km/h und schafft mühelos sein Spitzentempo von knapp 40 km/h jenseits der Autobahn-Richtgeschwindigkeit.

Als elektrische Reichweite gibt Kia bis zu 460 Kilometer an, im Stadtverkehr gar bis zu knapp über 600 Kilometer. Danach soll die Batterie-Erfrischung verhältnismäßig schnell vonstattengehen. In einer Kia-Pressemitteilung heißt es: „An einer 80-kW-Schnellladestation lässt sich der Akku unter optimalen Bedingungen in nur 45 Minuten von zehn auf 80 Prozent aufladen, die neue serienmäßige Batterie-Vorkonditionierung trägt zu maximaler Ladeeffizienz bei. Das Laden mit Wechselstrom wird durch einen Drei-Phasen-On-Board-Charger beschleunigt. Ebenfalls Standard sind eine Wärmepumpe, ein Vorheizsystem für die Batterie und die V2D-Funktion samt Adapter, die den neuen Niro EV zu einer leistungsstarken mobilen 220-Volt-Stromquelle machen (bis zu 3 kW). Ebenfalls praktisch: Der Stromer darf nun bis zu 750 Kilogramm schwere Anhänger ziehen (gebremst).“

Wie bei den meisten südkoreanischen Autos lässt auch beim Niro EV die serienmäßig angebotene Ausstattung an Sicherheits-, Komfort- und Assistenzelementen wenig zu wünschen übrig. Dazu gehören beispielsweise Dual-LED-Scheinwerfer, LED-Nebelscheinwerfer, LED-Rückleuchten, dunkel getönte Scheiben ab B-Säule und 17-Zoll-Leichtmetallfelgen. Für Komfort im Interieur sorgen Bluetooth-Freisprecheinrichtung mit Spracherkennung, USB-Ladebuchsen vorn und an den Seiten der Vordersitze, Klimaautomatik, Sitzheizung vorn und ein beheizbares Lenkrad. Unterstützung bieten dem Fahrer Rückfahrkamera, selbstabblendender Innenrückspiegel, beheizbare und elektrisch anklappbare Außenspiegel, elektronische Parkbremse, Parksensoren vorn und hinten, Dämmerungssensor und Regensensor. Die Herstellergarantieerstreckt sich inklusive Batterie auf sieben Jahre.

Das alles ist laut Preisliste ab 47.590 Euro zu haben. Der tatsächlich zu zahlende Preis reduziert sich nach Abzug der Innovationsprämie von 9570 Euro (6000 Euro staatliche Prämie, Herstelleranteil von 3000 Euro plus MwSt.) auf 38 020 Euro.

Eigentlich wollten bei der Europapremiere der neuen Niro-Familie in Frankfurt/Main Anfang Juli auch Kia-Vertreter der obersten Management-Etage aus Seoul zugegen sein. Hinter den Kulissen der Präsentation war zu erfahren, dass sie zwar auf dem Flughafen gelandet waren, sie ihre Maschine aber nicht rechtzeitig verlassen konnten, weil sie geraume Zeit auf eine Gangway warten mussten. Bleibt zu hoffen, dass sie noch genügend Soju zur Überbrückung der Wartezeit an Bord hatten. (Hans-Robert Richarz, cen)

Daten Kia Niro EV

Länge x Breite x Höhe (m): 4,42 x 1,83 x 1,57
Radstand (m): 2,72
Motor: Elektromotor, Permanentmagnet-Synchronmaschine
Leistung: 150 kW / 204 PS bei 6000 – 9000 U/min
Max. Drehmoment: 233 Nm bei 0–6000 U/min
Batterie: Lithium-Ionen-Polymer, 64,8 kWh
Reichweite max.: 460 km
Höchstgeschwindigkeit: 167 km/h
Beschleunigung 0 auf 100 km/h: 7,8 Sek.
Stromverbrauch gewichtet, kombiniert (kWh/100 km): 16,2
Effizienzklasse: A+++
CO2-Emissionen: 0 g/km
Leergewicht / Zuladung: min. 2200 kg / max. 443 kg
Kofferraumvolumen: 475–1392 Liter
Bodenfreiheit minimum: 150 mm
Max. Anhängelast: 750 kg
Wendekreis: 10,6 m
Felgengröße: 7,0J x 17ET52
Luftwiderstandsbeiwert: 0,286
Wartungsintervall: 20 000 km
Basispreis: 47 850 Euro
Nach Abzug der Innovationsprämie 38 020 Euro



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Kia Niro.

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Foto: Autoren-Union Mobilität/Kia


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