Vorstellung Ferrari Purosangue: Souveräner Aufschlag

Lange blieben die Details unter Verschluss, jetzt ist es so weit: Ferrari kommt mit einem viertürigen, allradgetriebenen Modell namens Purosangue auf den Markt, mit dem ein neues Segment eröffnet werden soll. Wie wichtig dieses Modell ist, zeigt nicht zuletzt der Umstand, dass es exakt zum 75-jährigen Jubiläum der Marke gezeigt wird.

Noch nie hat es einen viertürigen Ferrari in Serie gegeben. 1980 ließ Firmengründer Enzo Ferrari zwar den von Pininfarina gezeichneten Prototypen Pinin entwickeln, doch man war mit den Fahreigenschaften nicht zufrieden. Der Sultan von Brunei ließ sich mehrere Viertürer auf Basis des 456 GT bauen. In den regulären Verkauf ging nichts davon, allerdings bot Lancia einige Jahre lang den Thema 8.32 mit Ferrari-Motor an. 2017 wurde der Purosangue noch von Sergio Machionne entschieden, 2018 dann offiziell angekündigt.

Als SUV will Ferrari den Purosangue trotz 18,5 Zentimetern Bodenfreiheit nicht verstanden wissen, sieht ihn sportlicher positioniert als etwa den Lamborghini Urus. Und er steckt voller ungewöhnlicher Formen und Details. Das Heck ist kurz und dynamisch, die Radhausblenden markant separiert von der restlichen Karosserie, die Schweller sind hoch eingezogen. Auffällig sind die vielen aerodynamischen Features an der Karosserie.

Dort, wo man eigentlich die Scheinwerfer erwartet, sitzen nur Taglicht und Blinkerstreifen. Oberhalb davon wird die Luft in den Motorraum geführt und seitlich am Ende der Haube ausgeströmt. Direkt darunter wird sie zu den Bremsen geführt. Die Radläufe bilden einen Luftvorhang für bessere Aerodynamik. Unter den Rückleuchten tritt der Luftstau des hinteren Radhauses aus, und es gibt einen großen Diffusor. Auf die Unterboden-Aerodynamik wurde genauso wie auf die sichtbare Karosserie geachtet.

Die Türen werden elektrisch betätigt, die hinteren Portale sind gegenläufig angeschlagen, es bleibt aber bei der B-Säule, um das Auto steif zu halten. Weil auch hinten Sportwagengefühl aufkommen soll, gibt es dort nur Einzelsitze. Das Carbondach senkt Gewicht und Schwerpunkt deutlich ab. Eine Anhängerkupplung und einen Unterfahrschutz wird es nicht geben, wohl aber Zubehör, um Fahrräder mitzunehmen. Die Rücksitze sind umlegbar, regulär fasst der Kofferraum eher durchschnittliche 473 Liter.

Bei der Sitzprobe vermitteln die Vordersitze guten Halt, das Design ist schlank. Die Kopffreiheit ist vorne sehr gut, hinten geht es allerdings etwas beengter zu und die Sitze sind ungewöhnlich hart gepolstert. Die Verarbeitung mit hervorragend, wobei je nach Modell Leder, Sichtkarbon und echtes Alcantara anstatt schöder Ersatzstoffe verwendet werden.

Ferrari legt Wert darauf, dass die Winkel von Lenkrad, Pedalen und Sitz identisch mit den Sportmodellen sind, und das Lenkrad wurde wie die großen Schaltpaddel praktisch vom SF 90 übernommen. Bis auf den bekannten Drehknopf „Manettino“ sind die meisten Knöpfe als Touch-Sensoren in Klavierlackoptik ausgelegt. Der Drehzahlmesser ist mittig im Bildschirm präsent, und die Schalter auf der Mittelkonsole nehmen das Design einer offenen Schaltkulisse auf. Auch im Purosangue wird deutlich: Ferrari verfolgt im Interieur seinen eigenen Stil.

Soviel zu Optik, Karosserie und Interieur. Kommen wir zum wichtigsten – dem Herzstück des Ferrari Purosangue. Und das ist durchaus eine Überraschung: Kein Downsizing-Turbomotor, kein Hybrid kommt hier zum Einsatz – sondern ein echter V12-Saugmotor, der auf die interne Bezeichnung F140IA hört. Der Motor wurde praktisch neukonstruiert: Der Hubraum liegt jetzt bei 6,5 Litern, die Nockenwelle ist eigenständig, Luftsammler und Ansaugbereich überarbeitet.

Die Leistung liegt bei überragenden 725 PS (533 kW) bei 7750 Umdrehungen in der Minute, das maximale Drehmoment von 716 Newtonmetern liegt bei 6250 Touren an. Dabei können allerdings schon bei 2100 U/min 80 Prozent des Drehmoments abgerufen werden. Ziel war ein Fahrzeug mit unverwechselbarem V12-Klang, aber so zivilisiert, dass man bei ruhiger Fahrt auch telefonieren kann. Wenn man es darauf anlegt: Der Spurt von 0 auf 100 km/h dauert nur 3,3 Sekunden, ganze 7,3 Sekunden später liegen bereits 200 km/h an. Die Spitze liegt bei weit über 300 km/h.
Das Achtgang-Doppelkupplungs-Getriebe ist nach dem Transaxle-Prinzip verbaut und verfügt über sieben kurze Sportgänge und einen langen achten Gang für die Autobahn.

Die Kraftübertragung lässt keine Wünsche offen: Die Gewichtsverteilung liegt bei idealen 49 zu 51, Torque-Vectoring vorne, Allradlenkung und Allradantrieb sorgen für perfekte Traktion. Das Fahrwerk kann den Fahrzeugschwerpunkt um 10 Millimeter absenken, an den Federbeinen sitzen 48-Volt-Stellmotoren, entwickelt wurde das System mit dem Zulieferer Multimatic.

Ferrari legt größten Wert darauf, dass der Purosangue nicht etwas das klassische Sportwagenprogramm überschattet. Darum und um Exklusivität zu wahren, wird er streng auf 20 Prozent der gesamten Fahrzeugproduktion beschränkt. Stammkunden haben bereits die Möglichkeit erhalten, ihr Auto vorzubestellen; die Reaktion habe die Erwartungen weit übertroffen. Die Preise beginnen bei knapp unter 400.000 Euro, ausgeliefert wird ab dem zweiten Quartal 2023. (Matthias Knödler/cen)


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Ferrari Purosangue.

Ferrari Purosangue.

Foto: Autoren-Union Mobilität/Ferrari


Ferrari Purosangue.

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Ferrari Purosangue.

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Ferrari Purosangue.

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Ferrari Purosangue.

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Autor Matthias Knödler mit Chefdesigner Flavio Manzoni am Ferrari Purosangue.

Autor Matthias Knödler mit Chefdesigner Flavio Manzoni am Ferrari Purosangue.

Foto: Autoren-Union Mobilität/Ferrari