Interview Xavier Martinet: „Dacia bleibt dem Verbrenner treu“

Dacia, im Jahr 2004 als Billigmarke von der Renault Group übernommen, hat sich in den vergangenen Jahren von diesem Image gelöst und bietet aktuell Modelle mit einem ausgeprägten Preis-Leistungsverhältnis an. Die Palette besteht zurzeit aus vier Modellen, die in den kommenden Jahren wachsen wird, und dabei stößt die Marke in neue Segmente vor. Im vergangenen Jahr setzte die Renault-Tochter 573.800 Fahrzeuge ab. Wie sich Dacia in den kommenden Jahren weiterentwickeln wird, erklärt Xavier Martinet, im Vorstand für Marketing und Vertrieb zuständig, im Gespräch mit Walther Wuttke von der Autoren-Union Mobilität.

Während die Automobilindustrie an der Transformation zur E-Mobilität arbeitet, konzentriert sich Dacia auf den Antrieb mit Verbrennungsmotoren. Wir lange wollen Sie diese Strategie fortsetzen?

„Bei uns steht unverändert das beste Preis-Leistungsverhältnis im Vordergrund, und da spielt der Antrieb eine bedeutende Rolle. Wir werden daher so lange wie möglich Modelle mit Verbrennungsmotoren anbieten. Außerdem bieten wir erfolgreich umweltfreundliche Antriebstechnologien wie Autogas und Vollhybrid an. In Europa erreicht die Autogas-Technik bei Dacia einen Anteil von ungefähr einem Drittel. Diese Antriebe verursachen zwar dreistellige zusätzliche Kosten, beim Hybrid wie im Jogger sind wir sogar im vierstelligen Bereich, aber unsere Kunden sind bereit diesen Aufpreis zu zahlen.

Unsere Modelle basieren auf einer modularen Plattform, die verschiedene Antriebsarten ermöglicht, so eben auch den Vollhybridantrieb. Wir werden, wenn es die regulatorischen Gegebenheiten notwendig machen, auf den rein elektrischen Antrieb wechseln und dabei auf die technologischen Ressourcen der Renault Group zurückgreifen können. Was wir auf diesem Gebiet leisten, haben wir mit dem Spring gezeigt, indem wir als erster Hersteller ein erschwingliches Elektrofahrzeug im Kleinwagensegment für den urbanen Verkehr mit großem Erfolg auf den Markt gebracht haben: Seit dem Marktstart vor zwei Jahren wurden nämlich mehr als 110.000 Spring weltweit bestellt.“

Wie reagiert Dacia auf die neue EU-Vorschrift Euro 7, die für Verbrenner noch einmal verschärfte Abgaswerte vorsieht?

„Ich verstehe ehrlich gesagt nicht, warum die Euro-7-Abgasnorm, die mit hohen Kosten und einem eher überschaubaren Nutzen verbunden ist, relativ kurz vor dem Verbrennerverbot im Jahr 2035 in Kraft tritt. Wir werden alle notwendigen Vorschriften im Sommer 2025 erfüllen, wenn Euro 7 verbindlich wird, allerdings entstehen dadurch nicht unerhebliche Kosten, auch für den Kunden.“

Andere Hersteller verabschieden sich angesichts der zu erwartenden Mehrkosten durch Euro 7 vom Kleinwagen. Wird Dacia in dieser Klasse bleiben?

„Natürlich werden wir den Sandero weiter im Angebot behalten. Die Herausforderung für ihn ist nicht Euro 7, sondern das Verbrennerverbot im Jahr 2035. Wenn die nächste Generation des Sandero am Ende des Jahrzehnts kommt, wird diese wahrscheinlich verschiedene Antriebsarten aufweisen. Diese Technologien gibt es bereits innerhalb der Renault Group. Die Diversifizierung der Antriebe ist notwendig, denn wir verkaufen unsere Modelle weltweit auf insgesamt 44 Märkten und werden deshalb auch weiterhin Fahrzeuge mit Verbrennungsmotor anbieten.“

Wie sieht die Dacia Modellplanung für die nächsten Jahre aus. Wird die Marke weiter in neue Segmente aufsteigen, und wo ist der Hauptmarkt für Dacia?

„Europa ist unsere wichtigste Region, und Deutschland ist der größte europäische Markt. Dort wollen wir eine wichtige Rolle spielen. Wir konzentrieren uns hier aktuell auf das C-Segment, der profitabelsten Klasse überhaupt und wollen dort mit dem gleichen Rezept vorgehen, dass uns im B-Segment erfolgreich gemacht hat. Der Jogger ist das erste Element dieser Strategie, 2025 kommt mit dem Bigster unser erstes SUV im C-Segment auf den Markt, mit dem wir den Durchbruch in dieser Klasse in Europa erreichen wollen. Nach dem Bigster werden noch zwei weitere Modelle in dieser Klasse folgen, die auf der vorhandenen, modularen CMF-B-Plattform aufbauen. Auf dieser lassen sich Fahrzeuge mit einer Außenlänge von 4,60 Meter darstellen und Hybridantriebe sowie Allradtechnik umsetzen. Im B-Segment bringen wir im nächsten Jahr die neue Generation des Dacia Duster, unserer Ikone im Modellangebot.“

Werden diese beiden noch unbekannten Modelle ebenfalls als SUV auf den Markt kommen?

„Wir wollen in erster Linie die Bedürfnisse unserer Kunden erfüllen. SUV haben sich in der Vergangenheit sehr gut auf dem Markt bewährt. Diese Modelle haben aber bekanntlich Nachteile bei Gewicht, Aerodynamik, Verbrauch und letztlich bei den Emissionen. Irgendwann kommt daher der Moment, bei dem man über den nächsten Schritt nachdenken sollte.“

Die Automobile sollen zwar nachhaltig werden, doch gleichzeitig kommen neue Modelle auf den Markt, die sehr schwer sind und dem Nachhaltigkeitsgedanken widersprechen. Wie sehen Sie diese Entwicklung?

„Das Gewicht spielt im Fahrzeugbau eine zentrale Rolle. Und wir stellen uns bei der Konstruktion darauf ein. Der Jogger wiegt als Siebensitzer leer lediglich 1,2 Tonnen. Das Durchschnittsgewicht in dieser Klasse liegt bei 1,5 Tonnen. Bei diesem erheblichen Gewichtsunterschied können wir auf größere Motoren verzichten, einen niedrigeren Verkaufspreis realisieren und nebenbei auch bei der Fahrzeugproduktion erhebliche Mengen an Ressourcen sparen. Dacia-Modelle gehören stets zu den leichtesten auf dem Markt. Der Spring zum Beispiel wiegt 970 Kilo, und daher kann die Batterie kleiner ausfallen. Ein Elektrofahrzeug mit zwei oder drei Tonnen Gewicht zu entwickeln, ist aus unserer Sicht nicht die korrekte Lösung.“

In Deutschland gehört Dacia zu den am schnellsten wachsenden Marken und verkauft aktuell mehr Autos als Renault. Was bedeutet das für die Unternehmensstrategie?

„Wer in Deutschland erfolgreich ist, fährt auch im restlichen Europa auf der Erfolgsspur. Den neuen Duster und Bigster haben wir deshalb zuerst ausgewählten deutschen Kunden gezeigt, um ihre Reaktion zu erfahren, und wir nehmen diese Anregungen sehr ernst. Wir arbeiten an unserem Durchbruch in Deutschland und sind bereits sehr zufrieden mit dem Verlauf der Dinge, da Dacia schneller wächst als der Markt. In den ersten drei Monaten dieses Jahres haben wir einen Privatmarktanteil von 5,9 Prozent in Deutschland erreicht. Wir kennen natürlich nicht die Grenzen des Wachstums, aber ohne arrogant zu erscheinen, glauben wir an das Potenzial der Marke Dacia in Europa. Alle Modelle liegen bei den Zulassungen auf den Top-Plätzen. Das Momentum ist auf unserer Seite.“

In Deutschland hat Dacia immer noch das Image einer Billigmarke. Wie wollen Sie dies ändern?

„Mit neuen Modellen, zum Beispiel mit dem aktuellen Sandero, der ein ganz neues Design bekam. Und dem Jogger mit Hybridantrieb oder dem nächsten Duster oder Bigster. Wir entwickeln eine attraktive Modellpalette, die dem Image des Billigautos widerspricht. Dazu trägt auch unser neuer Markenauftritt bei. Als erste Automobilmarke weltweit haben wir es geschafft, das neue Markenlogo auf allen Modellen zeitgleich in allen Märkten einzuführen. Im nächsten Schritt führen wir die neue Ausstattungslinie ,Extreme‘ als Topvariante mit neuen Farben und Materialien über alle Modelle hinweg ein. Die Botschaft ist deutlich: Dacia ändert sich, bleibt sich aber treu, wenn es um das Preisleistungsverhältnis geht.“

Wo sehen Sie die Marke in fünf Jahren?

„Ich bin da sehr optimistisch, weil Dacia gut in die Zeit passt. Wir werden mit unseren neuen Modellen auf dem Markt weiterwachsen. Auch in Deutschland, wo das C-Segment traditionell sehr stark ist. Aktuell können wir nur den Jogger in dieser Klasse anbieten. In fünf Jahren werden wir ein größeres Angebot haben, und wir wollen die Zahl der Menschen, die sich vorstellen können, einen Dacia zu kaufen, deutlich steigern.“ (cen/ww)


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Xavier Martinet.

Xavier Martinet.

Foto: Autoren-Union Mobilität/Dacia


Xavier Martinet.

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Foto: Autoren-Union Mobilität/Dacia