Praxistest Knaus CUV Tourer MQ 500: Der das Hütchen lupft
12. September 2024 Von Michael Kirchberger, cen
Mit seiner Breite von nur 2,16 Meter kommt der Tourer mühelos durch enge Ortsdurchfahrten und auch der lange nicht mehr freigeschnittene Weg zum Stellplatz bereitet ihm keine Schwierigkeiten. Obendrauf thront wie ein Hütchen das Hubdach, das den gesamten Aufbau einschließlich Fahrerhaus bedeckt.
Angehoben werden die Kunststoffhaube und die Stoffwände an allen Seiten elektrisch per Fernbedienung. Gut 100 Sekunden lang surren die vier Elektromotörchen und stemmen das Dach um 70 Zentimeter nach oben, dann werden im Innenraum mehr als zwei Meter Stehhöhe geboten und die Fortbewegung im Wohnraum gelingt anders als bei geschlossenem Dach mit erhobenem Haupt. Das ist eben der Nachteil des Konzepts, bei einer kurzen Rast können die Mitfahrer hinten nur mit eingezogenem Kopf und gebeugtem Rücken zu ihren Plätzen gelangen. Auch das Befüllen der Schränke nach dem Einkauf erfordert die ehrfurchtsvolle Haltung, wenn nicht die Zwangspause fürs Heben und Senken des Dachs in Kauf genommen werden soll. Wenigstens erleichtert der direkt am Eingang positionierte 90 Liter fassende Kompressorkühlschrank dank einer wechselseitig angeschlagenen Tür das Verstauen gekühlter Lebensmittel von außen.
Ohnehin sollte Zurückhaltung den Einkauf prägen, denn was den Stauraum angeht, offenbart der CUV Tourer schnell einen konzeptionellen Nachteil. Zwar hat der Küchenblock mit zweiflammigem Gaskocher und Edelstahlspüle eine große Fläche zum Anrichten, aber nur wenig Platz für Töpfe und Tiegel oder Vorräte. Ganze zwei Schubladen und ein flacher Schrank finden sich in der Pantry, es fehlen eben die Dachstaukästen. Im Stand und bei hochgefahrenem Dach zumindest lassen sich Aufbewahrungskörbe auf dem inneren Dachsims befestigen, während der Fahrt müssen die jedoch anderenorts verstaut werden.
Eine genaue Kontrolle des Innenraums ist vor dem Herunterfahren des Dachs unbedingt erforderlich. Denn wenn irgendwo auch nur ein gefaltetes Handtuch oder ein gelesener Krimi vergessen wird, kann die voluminöse Kunststoffhaube in Schräglage geraten und verklemmt sich aufgrund der gnadenlos weiterziehenden Stellmotoren. Erst ein Neustart des Systems und vorherige mühevoll-manuelle Kurbelei bringt den Deckel wieder in die Balance.
Eine konstruktive Meisterleistung ist Knaus mit dem Waschraum gelungen. Sein weniger häufig genutzter Bereich der separierten Dusche wartet zusammengeschoben unter dem Heckbett auf seinen Einsatz. Ein Teil des Polsters auf der Liegefläche wird dafür herausgenommen, die Kabine mit einer Federunterstützung nach oben gefahren. Schon ist die Duschkabine mit soliden Plexiglaswänden mit 1,9 Meter Stehhöhe benutzbar. Davor ist das Kassetten-WC angeordnet, das Waschbecken darüber kann für einen komfortableren Toilettengang einfach zur Seite geschoben werden. Die Bewegungsfreiheit ist daher sowohl in Dusche als auch im Waschraum gut – nur fehlen auch hier passende Ablagen und Staufächer.
Der Grundriss des Hubdachmobils entspricht gängigem Standard. Das Querbett im Heck taugt für zwei Ruhesuchende und ist gut 200 Zentimeter lang. Waschraum und Küche schließen nach vorne an, auf der linken Seite findet sich die Halbdinette mit zwei in Fahrtrichtung weisenden, gurtbewehrten Plätzen und einem Tisch samt Verlängerung. Die gesamt Sitzecke ist nicht im rechten Winkel sondern leicht angeschrägt eingebaut, das soll für einen besseren Sitzkomfort sorgen. Die Polster sind angenehm straff, auch dies ist eine Voraussetzung für die entspannte Haltung an der Tafel oder unterwegs. Die beiden Sessel für Fahrer und Beifahrer lassen sich leicht drehen und in die Sitzgruppe integrieren.
Über ihnen ist das zum Aufpreis von 900 Euro erhältliche zweite Doppelbett im CUV Tourer eingebaut, es bietet eine Liegefläche von 1,6 mal 1,8/1,9 Meter und wird durch das Herausziehen der Lattenrostverlängerung entfaltet. Auch hier ist der Liegekomfort anständig, die Kopffreiheit ausreichend. Allerdings nervt das Zusatzbett durch seinen Vorsprung über dem Eingangsbereich, der auch im zusammengeschobenen Zustand nicht verschwindet. Es dauert eine Weile, bis der Erker nach einigen Remplern im Bewegungsablauf gespeichert wird. Wer nur gelegentlich Übernachtungsgäste wie etwa die Enkelkinder empfängt, sollte für sie eine andere Schlafkoje suchen. Für vier Camper wäre der CUV Tourer nicht nur wegen des knappen Stauraums auf Dauer ohnehin zu eng.
Geheizt wird mit Diesel aus dem Kraftstofftank, deshalb genügt eine Gasflasche mit fünf Kilogramm Inhalt selbst für längere Ferienfahrten. Der unter dem Heckbett vor der Garage verbleibende Raum kann von innen beladen werden und taugt für Ausrüstung wie Auffahrkeile und Kabeltrommel oder aber für Vorräte. Erfreulich ist unterdessen das Lichtkonzept des Tourers, dessen vielfältige LED-Leuchten sich von allen vorhandenen Tastern schalten lassen. Das ist gut so, denn die Fenster des Aufbaus fallen aufgrund seiner geringen Höhe eher schmal aus und lassen nicht allzu viel Helligkeit ins Innere.
Während der großen oder kleinen Reise gefällt das Hubdachmobil mit sehr anständigem Federungskomfort, beachtlichen Fahrleistungen und vergleichsweise geringem Verbrauch. Der 150 PS (110 kW) starke Zweiliter-Turbodieselmotor begnügt sich mit 9,2 Liter Treibstoff auf 100 Kilometer, kaum mehr, als ein VW California. Die Lenkung wird gefühlvoll und präzise unterstützt, das siebenstufige Doppelkupplungsgetriebe wechselt die Gänge mit großer Sanftheit. Es bleibt der Preis, der die Vorfreude auf einen CUV Tourer schmälern könnte. 90.990 Euro werden für das gut, aber nicht vollständig ausgestattete Sondermodell Cuvision fällig. Wen es tröstet: Schon ein Kastenwagen-Camper wie der VW California überwindet heute mühelos die Grenze von 80.000 Euro.
Seine Alleinstellung erfährt das Knaus-Mobil durch das waagerecht öffnende Hubdach, wie es bislang nur in Camper-Oldies wie dem Eribacar oder den aktuellen Touring-Wohnwagenmodellen der Marke zu finden ist. Seit nunmehr 65 Jahren setzen die Klassiker unter den Caravans auf diese Bauart. Und auch der Wohnkabinen-Spezialist Tischer hatte für kurze Zeit einen futuristisch anmutenden und absetzbaren Aufbau für den VW T3 Pritschenwagen im Programm, der bei minus 18 Grad im frostigen Obertauern zwar etwas wacklig, aber trotz des Klappdachs mollig warm auf seinen Stützen stand. Bei den Camping-Vans vom Schlage des VW California und den vielfältigen Derivaten des Erfolgsmodells gehört das Hubdach ohnehin zum Standard, das man selbst heute noch einfach nicht missen will. (cen/mk)
Technische Daten Knaus CUV Tourer Van MQ Cuvision
Länge x Breite x Höhe (m): 5,89 x 2,16 x 2,32
Radstand (m): 3,4
Motor: 4-Zyl.Diesel, Hubraum 1968 ccm, Turbolader, Front, Automatik
Leistung: 110 kW/150 PS bei 3800/min,
Max. Drehmoment: 340 Nm bei 1500/min
Leergewicht: 2872 kg
Zuladung 628 kg
Max. Anhängelast: 1700 kg
Stehhöhe: 2,17 m
Schlaf-/Sitzplätze: 4/4
Frisch-/Abwassertank 65/58 Liter
Verbrauch im Durchschnitt 9,2 Liter Diesel je 100 km
Basispreis: 90.990 Euro
Testwagenpreis: 97.390 Euro
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Knaus CUV Tourer MQ 500.
Foto: Autoren-Union Mobilität/Michael Kirchberger
Knaus CUV Tourer MQ 500.
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Knaus CUV Tourer MQ 500.
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Knaus CUV Tourer MQ 500.
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Knaus CUV Tourer MQ 500.
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Knaus CUV Tourer MQ 500.
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Knaus CUV Tourer MQ 500.
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Grundriss vom Knaus CUV Tourer MQ 500.
Foto: Autoren-Union Mobilität/Knaus