Ein Wochenende zwischen Wein und Geschichte

Die Blätter färben sich herbstlich und das Farbenspiel in den steilen Weinbergen mit ihren Reben hätten wohl selbst die berühmtesten Impressionisten nicht herrlicher abbilden können. Der Oktober ist wirklich noch einmal golden geworden und lockt zu einer Ausfahrt mit dem Camper. An die Mosel soll es gehen, nicht nur, weil sie mit einer Länge von 544 Kilometer nach der Maas der zweitlängste Nebenfluss des Rheins ist, sondern auch wegen der nahezu perfekten Infrastruktur der Region.

Kaum eine der malerischen Ortschaften verzichtet auf ein Stellplatzangebot. Rund 2700 Wohnmobil-Stellplätze gibt es an dem Fluss, der in den Vogesen am Col de Bussang entspringt, dann vorbei an Metz, Luxemburg und Trier in atemraubenden Schleifen durchs nördliche Rheinland-Pfalz mäandert um schließlich in Koblenz am Deutschen Eck in den Rhein zu münden. Die meisten Camps bieten Stromanschluss, Ver- und Entsorgung, Sanitär-Anlagen mit Toilette und Dusche und oft auch WLAN.

Die Preise für ein Mobil mit zwei Personen an Bord liegen zwischen zwölf Euro und 20 Euro je Nacht. Die meisten der Plätze liegen direkt am Ufer. Wer frühzeitig anreist, kann sich in erster Reihe aufstellen und den nicht allzu starken Schiffsverkehr beobachten. Allerdings ist auch die Straße nicht nur in Sicht-, sondern meist auch in Hörweite. Besonders während der Weinlese herrscht dann reger Verkehr, abgesehen von den zahllosen Reisemobilen, die – wie wir – von Februar bis November auf Mosel-Tour gehen.

Wir reisen dort an, wo das Flusstal noch breit ist und in der kleinen luxemburgischen Winzergemeinde Schengen 1985 Geschichte geschrieben wurde. Am 14. Juni dieses Jahres unterzeichneten fünf EU-Mitgliedsstaaten auf dem vor Anker liegenden Passagierschiff „Princesse Marie-Astrid“ das Schengener Abkommen. Es sollte den Abbau der Kontrollen an den gemeinsamen Grenzen und die Einführung des freien Personen- und Warenverkehrs regeln und trat am 26. März 1995 in Kraft. Am Flussufer wollen das Europadenkmal und das Europäische Museum an den Vertragsschluss erinnern.

Für unsere erste Übernachtung melden wir uns beim Winzer Edwin Pauly im deutschen Weindorf Palzem an, wenige Kilometer flussabwärts. Der Familienbetrieb erzeugt respektable Weine, Hauptsorten sind Riesling und Elbling (der nur hier angebaut wird), die sich nicht nur durch einen fein ausgewogenen Geschmack sondern auch vergleichsweise geringen Alkoholgehalt auszeichnen. Weißweine mit weniger als zwölf Volumenprozent Alkohol finden sich heute eher selten.

15 Euro kostet die Übernachtung auf einem der drei Stellplätze, die Pauly direkt unterhalb des Weinguts im Weinberg angelegt hat, Stromversorgung ist inklusive, und auch die Toiletten der Probierstube bleiben nachts geöffnet. Das gastronomische Angebot der Ortschaft ist jedoch überschaubar, besser ist es, vorher einzukaufen und selber zu kochen oder mit dem Fahrrad auf dem sehr gut ausgebauten Mosel-Radweg fünf Kilometer nach Remich zu fahren, wo die Auswahl deutlich größer ist.

Dieser Weg empfiehlt sich auch für den nächsten Tag, wenn die Reise im Camper weiter den Fluss hinunterführt. Denn die Fahrt unterhalb der Weinberge unserer Nachbarn am Moselufer ist landschaftlich mehr als reizvoll. Außerdem lädt kurz vor der luxemburgisch-deutschen Grenze in Mertert ein bestens sortiertes Einkaufszentrum zum Besuch ein. Kaffee und Schaumweine sind hier deutlich günstiger als bei uns, auch der Treibstoff ist billiger. Bei Diesel lassen sich je Liter etwa zwölf Cent sparen. Übertreiben sollten man den Einkauf nicht, denn gerne kontrolliert der deutsche Zoll kurz nach der Grenze, ob die erlaubten Freimengen eingehalten werden. Acht Kilogramm Kaffee je Kopf sind allerdings auch reichlich bemessen.

Auf der Weiterfahrt nach Trier passieren wir die im Ortsteil Igel stehende gleichnamige Säule. Recht unscheinbar steht sie zwischen den Dorfhäusern und ist mit ihrer Höhe von 23 Meter dann ein doch überaus imposantes Grabmal, das es in dieser Form nur sehr selten gibt. Sie stammt aus dem 3. Jahrhundert und wurde als Andenken für einen Tuchhändler errichtet, der ziemlich wohlhabend und einflussreich gewesen sein muss.

Im Zentrum von Trier lässt sich die Reise in die Vergangenheit fortsetzen. Die Porta Nigra, das Schwarze Tor, haben die Römer im 2. Jahrhundert als eines von vier Stadttoren errichtet, heute ist es Weltkulturerbe und das Wahrzeichen von Trier. Der Sandstein, so hat man herausgefunden, war zu Beginn eher weiß und ist im Lauf der Zeit immer dunkler geworden. Nigra wurde die Porta also erst im späten Mittelalter. Die Kaiserthermen der ältesten Stadt Deutschlands sind zwar erst gut 100 Jahre später entstanden, zeugen aber heute noch von der Genialität ihrer Baumeister. Vollendet wurden sie nicht, denn Kaiser Constantin I. musste aufgrund politischer Turbulenzen von Trier nach Byzanz umziehen.

Und auch ein weiterer Sohn der Stadt war nicht durchweg erfolgreich. Am 5. Mai 1818 kam in der Brückenstraße 10 der kleine Karl zur Welt. Marx lautete sein Familienname. Zu seinem 200. Geburtstag machte die Volksrepublik China der Geburtsstadt des Philosophen und Revolutionärs ein Geschenk in Form einer fast sechs Meter hohen Marx-Statue. Nach sehr kontroverser Diskussion im Stadtrat wurde beschlossen, sie auf dem Simeonstiftplatz nahe der Porta Nigra auszustellen.

Allmählich nehmen die Felsbastionen das Moseltal in die Zange, die Weinberge werden steiler. Zunächst aber inspizieren wir noch den Wohnmobilpark. Zum Fährturm in Schweich, der sich gut für kleine Ausflüge in die noch flachen Weinberge eignet, mit eigener Marina aber auch für Wassersportfreunde eine gute Adresse ist. 24 Euro für die Übernachtung sind jedoch eher in der gehobenen Preisklasse angesiedelt, was außerdem nur für Mobile bis sieben Meter gilt. Darüber wird je Meter nochmal ein Euro fällig, obendrein berechnet der Betreiber eine Stromanschlussgebühr von drei Euro.

Günstiger campen gelingt auf der anderen Seite der Mosel in Longuich beim Weingut Veiten. Hier werden 13 Euro für die Übernachtung und 2,50 Euro am Tag für Strom fällig. Die rege befahrene Landesstraße L 145 führt mit Abstand vorbei und ist kaum zu hören.

Der Fluss legt sich nun mächtig in die Kurve, bei Trittenheim (mit ebenfalls ruhigem, schönen Stellplatz am Ufer) macht er seine erste von vielen 180-Grad-Kehren. Kurz zuvor sind wir an der Ortschaft Leiwen vorbeigefahren. Dieses Weindorf erinnert uns eine obskure Geschichte aus den 1990er Jahren. Um bei den örtlichen Medien mehr Aufmerksamkeit bei einem Lauf zur Rallye-Meisterschaft zu erfahren, hatte das Team Ralli Art (Mitsubishi) den urbayrischen Beifahrer des designierten Meisterschaftskandidaten Erwin Weber kurzerhand in das verträumte Weindorf am Moselstrand verortet. Gebracht hat das bei diesem Einsatz wenig, die bayrische Mundart, die Manfred Hiemer pflegte, hat wohl dem letzten Journalisten verraten, dass der Mann nicht von hier stammt.

Ein weiteres Highlight liegt vor uns. Bernkastel-Kues gehört mit viel Fachwerk-Romantik und herrschaftlichen Villen zu den schönsten Städten Deutschlands. Weshalb hier immer viel Trubel herrscht, viele Gäste kommen mit Bussen oder dem Passagierdampfer. Die Stellplatzgebühren gehen hier daher steil nach oben wie die Mosel-Felsen. 26,50 Euro kostet die Logis auf einem Alpaca-Platz, auf dem Knaus-Campingpark ist man mit mindestens 57,90 Euro dabei. Dass die Weine aus den Steillagen ihren Preis haben, versteht man da eher.

Weiter Flussabwärts in Bremm findet sich einer der steilste Weinberge Deutschlands, die Neigung liegt bei 68 Grad, was einer Steigung von 248 Prozent entspricht. Die Arbeit zwischen den Reben ist nicht nur überaus hart, sondern auch gefährlich. Manche Winzer sichern sich bei ihrer Tätigkeit deshalb sogar mit Klettergurten. Außerdem helfen kleine und steigfähige Einschienenbahnen, sogenannte Mono-Rails, beim Auf- und Abstieg. Die Weine zählen zu den exklusivsten der Welt, wurden unter anderem an Bord der Zeppeline in den 1930er Jahren den gutsituierten Gästen kredenzt.

Wir belassen es für dieses Mal bei einem langen Wochenende und verlassen das Moseltal im Traben-Trarbach und erklimmen auf unserer Rückreise die Höhen des Hunsrück. Die Untermosel bis Koblenz sparen wir uns auf, vielleicht für das nächste Frühjahr schon. (aum)


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Bilder zum Artikel

Mit dem Camper an die Mosel: Trittenheim.

Mit dem Camper an die Mosel: Trittenheim.

Photo: Autoren-Union Mobilität/Michael Kirchberger


Mit dem Camper an die Mosel: Palzem bei Pauly.

Mit dem Camper an die Mosel: Palzem bei Pauly.

Photo: Autoren-Union Mobilität/Michael Kirchberger


Mit dem Camper an die Mosel: Unterwegs auf der L 145.

Mit dem Camper an die Mosel: Unterwegs auf der L 145.

Photo: Autoren-Union Mobilität/Michael Kirchberger


Mit dem Camper an die Mosel: Leiwen.

Mit dem Camper an die Mosel: Leiwen.

Photo: Autoren-Union Mobilität/Michael Kirchberger


Mit dem Camper an die Mosel: Riol.

Mit dem Camper an die Mosel: Riol.

Photo: Autoren-Union Mobilität/Michael Kirchberger


Mit dem Camper an die Mosel: Trilago-Camper.

Mit dem Camper an die Mosel: Trilago-Camper.

Photo: Autoren-Union Mobilität/Michael Kirchberger


Mit dem Camper an die Mosel: Stellplatz Trittenheim.

Mit dem Camper an die Mosel: Stellplatz Trittenheim.

Photo: Autoren-Union Mobilität/Michael Kirchberger


Mit dem Camper an die Mosel: Panorama vom Hunsrück.

Mit dem Camper an die Mosel: Panorama vom Hunsrück.

Photo: Autoren-Union Mobilität/Michael Kirchberger