Fahrbericht Alpine A290: Viele Muskeln, wenig Fett

Bisher hatte die sportliche Renault-Tochter mit der Alpine A110 nur ein einziges Modell im Angebot. Doch die Franzosen haben bereits angekündigt, mit ihrer „Dream Garage“ und einer Reihe neuer, rein elektrischer Fahrzeuge drastisch nachzulegen. Dazu gehören im nächsten Jahr die A390, ein GT-Crossover sowie die A110-Nachfolgerin, die 2026 debütieren soll. Auch ein 2+2-sitziges Sportcoupé als Vollzeit-Stromer steht mit der Neuauflage der A310 bereits auf der Agenda. Bis es soweit ist, macht die A290 den Anfang. Für den französischen Sportwagenhersteller Alpine ist die A290 nicht nur das erste Elektroauto in der 69-jährigen Firmengeschichte, sondern auch der erste Fünftürer überhaupt.

Die A290 (die Bezeichnung erfolgt traditionell immer in weiblicher Form) basiert wie der ebenfalls neue elektrische R5 auf der Ampere Elektroplattform AmpR-Small. Allerdings hat die französische Sportwagenschmiede Alpine ihr Kompaktmodell an den richtigen Stellen nochmals kräftig nachgeschärft.

Das fängt bereits bei der Optik an. Mit reichlich Spoilerwerk ausgestattet, lässt die A290 schon im Stand ihre Muskeln spielen. An der Front sorgen zudem die Tagfahrleuchten in X-Signatur für mehr Eigenständigkeit, während die breiten Radläufe an der Seite in Verbindung mit den breiten Seitenschwellern Erinnerungen an den legendären Renault 5 Turbo (Backen-Turbo) wecken sollen. Im Vergleich zum aktuellen Renault 5 E-Tech ist die Alpine A290 mit knapp vier Metern um gut sieben Zentimeter länger, was hauptsächlich an den dynamischer geformten Stoßfängern mit angedeutetem Heckdiffusor liegt.

Bei der Entwicklung standen der Fahrspaß und ein agiles Handling im Vordergrund. Deshalb wurde das Fahrwerk mitsamt der in der Fahrzeugklasse seltenen Mehrlenkerhinterachse neu abgestimmt und die Spur im Vergleich zum Renault 5 um 60 Millimeter verbreitert. Außerdem ist der französische Sportler recht leicht für ein Elektroauto und bringt gerade einmal 1554 Kilogramm auf die Waage. Gute Grundvoraussetzungen für einen dynamischen Sportler.

Im Gegenzug schraubten die Franzosen dafür die Leistung nach oben: Die Basisvariante A290 GT startet mit einem 130 kW (177 PS) starken Elektromotor für 38.400 Euro. Die 41.700 Euro teure A290 GT Performance und die gefahrene GTS-Version für 44.200 Euro übernehmen dagegen den Antrieb aus dem Megane E-Tech mit potenten 160 kW (218 PS).

Damit die höhere Leistung auch bissfest verzögert, haben die Alpine-Ingenieure die Bremsanlage mit größeren sowie rundum innenbelüfteten Scheiben optimiert. „Die vorderen Vierkolben-Monobloc-Bremssättel stammen 1:1 von der A110, deshalb lässt sich der Druckpunkt bei der A290 unter allen Bedingungen sehr exakt definieren“, erklärt Baureihenleiter Charlie Biardeau.

Bidirektionales Laden

Serienmäßig rollt die fünftürige Alpine auf großen 19-Zoll-Aluminiumrädern, daher ist die A290 mit 1,51 Metern auch einen Zentimeter höher als der Renault. Die Batterie mit einer Kapazität von 52 kWh entspricht dem größeren Akku aus dem R5. Dank serienmäßiger Wärmepumpe stromert die Alpine maximal bis zu 364 Kilometer. Völlig in Ordnung für einen Kleinwagen. Die maximale Ladeleistung ist mit 100 kW nicht besonders üppig, doch verspricht Alpine flotte 30 Minuten, um die Batterien an einer Schnellladestation von 15 auf 80 Prozent wieder zu füllen.

An einer Wallbox mit 11-kW werden die Akkus in 3,2 Stunden von zehn auf 80 Prozent aufgeladen. Als eines der wenigen Fahrzeuge beherrscht die A290 zudem das bidirektionale Laden und kann nicht benötigten Strom ins Netz zurückspeisen oder über einen Adapter Haushaltsgeräte wie einen Picknick-Grill betreiben.

Im Innenraum macht Alpine einiges anders und auch besser als Renault. Im Gegensatz zum R5, der auf der rechten Seite des Lenkrads einen dritten Hebel zum Wechseln der Fahrtrichtung hat, wirkt die A290 keineswegs überladen. Stattdessen gibt es auf der Mittelkonsole große sowie klar definierte Knöpfe zum Einlegen der Fahrstufen. Beim Platzangebot herrscht jedoch Gleichstand. Vorne ist alles völlig in Ordnung, hinten fehlt es großen Personen allerdings an genügend Beinfreiheit.

Doch weht ein Hauch von Formel 1 durch die Alpine: Auffällig ist der rote OV-Knopf aus edlem Metall am Multifunktionslenkrad. Wird er gedrückt, entfaltet die A290 wie bei einem Kickdown ihre volle Leistung und spurtet zum Überholen in schnellen 6,4 Sekunden auf Tempo 100. Alternativ dazu genügt aber auch ein beherzter Tritt aufs Fahrpedal. Ein weiterer blauer Metallregler regelt den Rekuperationsgrad, der sich vierfach einstellen lässt. Natürlich lässt sich auch der Fahrmodus bis hin zum Sportprogramm dem eigenen Geschmack anpassen. Wobei Alpine im direkten Vergleich zu Renault den Eco-Modus einfach in „Save“ umbenannt hat.

Im Vergleich zum Renault 5 trägt das digitale Kombiinstrument der A290 ein eigenständiges Layout. Geblieben ist das 10,1 Zoll große Infotainment mit Google-Navigation und Verkehrsdaten in Echtzeit. Gut auch: Etwaige Ladepunkte werden bei der Routenführung berücksichtigt. Smartphones lassen sich zudem drahtlos ins Entertainment einbinden, auch die Sprachsteuerung verrichtet zuverlässig ihren Dienst. Über die Alpine Telemetrics-Funktion erhält der Fahrer zudem Tipps für die Rennstrecke. Wie er für schnelle Rundenzeiten die Ideallinie optimal nutzt oder etwa bessere Bremstechniken, um sein Können zu verbessern.

Was noch beeindruckt: Mit feinem Nappaleder wirkt das Ambiente im sportlichen R5-Ableger spürbar hochwertig. Zudem geben die gut konturierten Sportsitze dem Fahrer und Beifahrer einen perfekten Halt. Empfehlenswert ist auch das Premiumsoundsystem des französischen Herstellers Devialet, das mit einem 615-Watt-Verstärker und neun Lautsprechern die Alpine in einen klanggewaltigen Konzertsaal verwandelt. Das Audiosystem ist auch für den künstlich erzeugten Motorsound zuständig. Der klingt für ein Elektroauto eigentlich ganz gut. Wer den bassigen Klang aber nicht mag, kann ihn auch einfach mit ein paar Klicks abschalten.

Beim Fahren muss man den Franzosen ein großes Kompliment machen. Mit ihrem straff abgestimmten Fahrwerk zaubert die Alpine ihrem Fahrer ein breites Grinsen ins Gesicht. Sie giert förmlich nach der nächsten Kurve, dabei sorgen die von Michelin exklusiv für die A 290 entwickelten Reifen im Format 225/40 R19 sorgen für reichlich Grip. Das Schönste aber: Die Alpine verhält sich leichtfüßig und handlich, ohne dass der Komfort auf der Strecke bleibt. Über schlecht asphaltierte Boulevards flaniert die A290 ebenso gelassen wie durch enge Serpentinen.

Einziger Wermutstropfen: Die Lenkung arbeitet zwar exakt und schön direkt, aber beim starken Herausbeschleunigen ist der Antriebseinfluss deutlich spürbar – und zerrt trotz Torque Vectoring am Volant. Der 160 kW (218 PS) starke Elektromotor verfügt dagegen über ordentliche Kraftreserven, was sportlich ambitionierten Fahrern sehr entgegen kommt. Für unseren Geschmack könnte der Antrieb allerdings deutlich dynamischer performen. Aber wer weiß, vielleicht gibt´s ja noch einen Nachschlag aus der Dream Garage von Alpine. (aum)

Daten Fahrzeug Alpine A290 GTS

Länge x Breite x Höhe (m): 3,99 x 1,82 x 1,51
Radstand (m): 2,53
Antrieb: elektrisch, 1 Gang, FWD
Leistung: 160 kW / 218 PS
Max. Drehmoment: 300 Nm
Höchstgeschwindigkeit: 170 km/h
Beschleunigung 0 auf 100 km/h: 6,4 Sek.
WLTP-Durchschnittsverbrauch: 16,5 kWh
Batteriekapazität: 52 kWh
WLTP-Reichweite: 364 km
Leergewicht / Zuladung: min. 1554 kg / max. 396 kg
Kofferraumvolumen: 326–1106 Liter
Max. Anhängelast: 500 kg
Preis: 44.200 Euro


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Alpine A290 GTS.

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Photo: Alpine über Autoren-Union Mobilität


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