Fahrbericht Kia EV3: Sternbild Stromer

Mit dem EV6 und EV9 hat Kia in punkto Design und Technologie in der Elektromobilität Ausrufezeichen gesetzt. Beim EV3 müssen die Koreaner nun zeigen, dass sie auch im hart umkämpften Kompaktsegment gegen Konkurrenten wie VW ID 3, Volvo EX30 oder auch dem kommenden Skoda Elroq bestehen können. Der gerade erzielte Gewinn des „Goldenen Lenkrads“ kommt dabei nicht unverdient. Nach den ersten Proberunden mit dem monolithisch gestalteten Crossover fällt die Bilanz größtenteils positiv aus – mit Ausnahme des bekannten Stromer-Handicaps: die deftigen Preise.

Zwar glaubt Thomas Djuren, Geschäftsführer von Kia Deutschland, dass der EV3 wegen seines Designs, der großen Reichweite und den kurzen Ladezeiten „viele ermutigen wird, die beim Wechsel zur E-Mobilität bisher noch gezögert haben“. Doch mit Einstiegspreisen zwischen 35.990 und 48.690 Euro rangiert der ab Mitte November ins Autohaus rollende EV3 dabei auf Augenhöhe mit den zitierten Wettbewerbern. Und mit begehrenswerten Optionen wie Head-up-Display, Sitzheizung, Glasschiebedach, Relax-Sitze, einigen Assistenz- und Parksystemen sowie farbige Lackierungen außer Weiß kommen schnell nochmal bis zu 10.000 Euro oben drauf. Warum also sollen Käufer ausgerechnet zum Kia EV3 greifen?

Nun, tatsächlich hat der EV3 einiges zu bieten. Neben seiner auffallend massig-monolithischen Gestaltung, deutlich sichtbar vom großen Modellbruder EV9 inspiriert, eine durchaus üppige Grundausstattung. Zum selbstbewussten Auftritt des 4,31 Meter (GT-line 431) langen Kompakt-SUVs tragen die weit seitlich positionierten vertikalen LED-Scheinwerfer bei, die die Breite des Fahrzeugs (1,85 Meter) betonen und deren Tagfahrlicht-Grafik an die Darstellung von Sternbildern erinnern soll. Auch am Heck fallen die geometrisch gezeichneten LED-Rückleuchten mit „Starmap“-Lichtsignatur ins Auge, die in die Heckscheibe übergehen und die Heckklappe einrahmt. Schwarze SUV-Designelemente an Stoßfängern, Radläufen, unteren Türbereichen und Seitenschwellern runden die robuste Erscheinung ab. Doch trotz der kantigen Erscheinung ist die Karosserie mit abfallender Dachlinie, optimierter Unterbodenverkleidung, versenkten Türgriffen und aktiven Luftklappen aerodynamisch ausgefeilt und kommt auf den verblüffend guten cW-Wert von 0,263.

Auch der Innenraum nimmt sich in punkto Design und Funktionalität ein Beispiel an Kias Elektro-Flaggschiff. Der lange Radstand von 2,68 Meter ist identisch mit dem größeren Sportage und schafft entsprechend viel Raum in der Kabine. Fünf Menschen finden hier bequem Platz, wobei die hinteren drei sich, trotz guter Kopf-, Bein- und Schulterfreiheit, schon etwas kuscheln müssen. Maximalen Komfort bieten die optionalen „Premium-Relaxation- Sitze“ für Fahrer und Beifahrer, die bei Park- oder Ladestopps per Knopfdruck in eine bequeme Liegeposition gefahren werden können. Ins Auge fällt die multifunktionale Mittelkonsole vorn (Upgrade-Paket oder GT-line). Sie beinhaltet oben eine ausziehbare Ablagefläche, auf der sich in Fahrpausen zum Beispiel ein Laptop oder ein Tablet abstellen lässt, und unten einen Ablagebereich, in dem Getränke, Snacks oder sogar eine große Handtasche verstaut werden können.

Auf dem Armaturenbrett thront bis weit in die Fahrzeugmitte das serienmäßige, gut ablesbare Panoramadisplay. Es vereint die beiden 31,2-cm-Bildschirme (12,3 Zoll) des digitalen Kombiinstruments und des Navigationssystems sowie dazwischen einen 13,5-cm-Touchscreen (5,3 Zoll) zur Steuerung der Klimatisierung. Unterhalb des zentralen Bildschirms befindet sich eine Reihe Sensortasten, die erst beim Einschalten des Fahrzeugs sichtbar werden und mit denen sich unter anderem der Homescreen, die Kartenansicht und die Mediafunktionen direkt aufrufen lassen. Viele Funktionen, wie Fahrmodus, Tempomat, Entertainment und Navigation, können auch über Tasten am dreispeichigen Lenkrad (GT-line) gesteuert werden. Vor allem lässt sich das nervige Warn-Gebimmel der Fahrer- und Tempoüberwachung einfach und schnell durch längeres Drücken der Tasten abstellen. Auch das neue i-Pedal-System zur individuellen und passgenauen Rekuperation kann über Schaltwippen am Lenkrad gesteuert werden. Optional erscheint außerdem ein brillantes Head-up-Display in der Frontscheibe.

Der Kofferraum des EV3 fasst 460 Liter und lässt sich durch Umklappen der asymmetrisch geteilten Rücksitzlehne variabel auf bis zu 1251 Liter vergrößern. Das Gepäckabteil verfügt ab Werk über Gepäcknetzösen und einen höhenverstellbaren Boden (zwei Stufen), in der Topversion GT-line (oder im Upgrade-Paket) ist auch die sensorgesteuerte elektrische Heckklappe mit drin. Ein beleuchteter 25-Liter-Frunk vorn unter der Haube bietet weiteren Stauraum.

Kommen wir zur hervorgehobenen großen Reichweite. Die soll bis zu 605 Kilometer betragen, vorausgesetzt, die serienmäßigen 17-Zoll-Felgen und die große 81,4 kWh-Batterie sind verbaut. Der kleinere, 58,3 kWh fassende E-Speicher soll es noch auf 436 Kilometer bringen. Und obwohl nicht mit der 800-Volt-Technologie der Modellbrüder EV6 und EV9 ausgerüstet, sollen beide Akkus mit der maximalen DC-Ladeleistung von 101 oder 128 kW in rund einer halben Stunde (31 und 29 Minuten) wieder von 10 auf 80 Prozent gefüllt sein. Das kann die Konkurrenz teils deutlich besser, ist im automobilen Alltag aber noch okay. Ärgerlicher ist da schon eher das Wechselstrom-Laden, das zurzeit nur maximal 11 kW zulässt. Damit dauert es an der Wallbox jeweils mehr als fünf und sieben Stunden bis die Batterien von 10 auf 100 Prozent aufgeladen sind. Kleiner Lichtblick: 2026 sollen auch 22 kW möglich sein.

Dafür fiel der Stromverbrauch bei unseren Testfahrten auffallend niedrig aus, traf mit 16,2 kWh exakt den angegebenen WLTP-Normverbrauch – was bei dem für Stromer eher bescheidenen Antrieb aber auch nicht wirklich verwundert. Denn das frontgetriebene Kompkat-SUV ist zurzeit allein mit einem 150 kW (204 PS) starken Elektromotor zu bekommen. Dessen Drehmoment ist mit 283 Nm ebenso überschaubar und beschleunigt das 1920 Kilogramm schwere Grundmodell in 7,5 Sekunden auf Tempo 100. Die Version mit dem großen und gut 100 Kilogramm schwereren Akku braucht dafür nochmal 0,2 Sekunden länger. Die Spitze ist in beiden Fällen auf 170 km/h limitiert. Eine allradgetriebene Variante und eine GT-Version sollen zu einem späteren Zeitpunkt folgen.

Allerdings ist das 150 kW-Aggregat für die meisten Manöver vollkommen ausreichend. Es geht zwar nicht besonders flott, dafür souverän voran. Un das komfortabel ausgelegte Fahrwerk mit frequenzselektiven Dämpfern dimmt grobe Unebenheiten ebenso gut weg, wie es einen sicheren Stand in schnellen Kurven garantiert. Alles verbunden mit einer angenehmen Laufruhe. Ganz klar ein Extra-Bonus der guten Aerodynamik, wie auch der zusätzlichen Geräuschdämmung an Karosserie und Antriebsaggregaten.

Der Kia EV3 startet am 16. November, also kommenden Samstag. Angeboten werden die Ausstattungen Air, Earth und GT-Line. Schon die Basisversion ab 35.990 Euro ist recht gut ausgestattet, mit Klimaautomatik, Navi, Abstandstempomat, LED-Scheinwerfer, Rückfahrkamera und 17 Zoll-Alufelgen. Bei Earth ab 38.290 Euro gesellen sich unter anderem weitere Sicherheitssysteme (Autobahn-, Ausstiegs-, Totwinkelassistent mit Lenk- und Bremseingriff, Frontkollisoonswarner), Sitz- und Lenkradheizung, Smartphone-Schlüsselfunktion hinzu. Die große Batterie kostet für beide Versionen jeweils 5400 Euro Aufpreis. Die Topausstattung GT-line ab 48.690 Euro gibt es nur mit dem großen Akku und kommt unter anderem mit Premium-Soundsystem, Wärmepumpe, Vehicle-to-load-Funktion und 19-Zoll-Alufelgen. Privatkunden, die den EV3 bis zum 31. Dezember dieses Jahres bestellen, erhalten eine zweijährige Premium-Mobilitätsgarantie und Vergünstigungen beim Ladeservice Kia Charge. Die 7-Jahre-Kia-Herstellergarantie schließt neben dem Fahrzeug auch die Antriebsbatterie mit ein. (aum)

Daten Kia EV3 GT-line

Länge x Breite x Höhe (m): 4,31 x 1,85 x 1,57
Radstand (m): 2,68
Antrieb: Elektrisch, 150 kW (204 PS), Frontantrieb, Automatikgetriebe
Max. Drehmoment: 283 Nm
Höchstgeschwindigkeit: 170 km/h
Beschleunigung 0 auf 100 km/h: 7,7 Sek.
WLTP-Durchschnittsverbrauch: 16,2 kWh
Batteriekapazität: 81,4 kWh
Reichweite (WLTP): 605 km
Max. Ladeleistung: 11 kW AC/ 128 kW DC
Leergewicht / Zuladung: 2005 kg / 470 kg
Kofferraumvolumen: 460-1251 Liter + 25 Liter (Frunk)
Anhängelast: 1000 kg
Preis: 48.690 Euro


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Bilder zum Artikel

Kia EV3.

Kia EV3.

Photo: Autoren-Union Mobilität/Kia


Kia EV3.

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Kia EV3.

Kia EV3.

Photo: Autoren-Union Mobilität/Frank Wald


Kia EV3.

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Kia EV3.

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Photo: Autoren-Union Mobilität/Frank Wald


Kia EV3.

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Kia EV3.

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Kia EV3.

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Kia EV3.

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Kia EV3.

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Kia EV3 und Autor Frank Wald.

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Photo: Autoren-Union Mobilität/Kia