US-Experten: Was Trumps Sieg für die Autobranche bedeutet

New York, nach den Wahlen: Wechselstimmung liegt in der Luft, Donald Trump hat einen unerwartet deutlichen Sieg eingefahren. Der Ausreißer bei den Stimmen für Joe Biden im Jahre 2020 blieb ein Einzelereignis, und im Gegensatz zu 2016 kann Trump nicht nur die Mehrheit der Wahlmänner, sondern kann auch die der Einzelstimmen für sich verbuchen. Im Senat und jetzt auch im Repräsentantenhaus verfügen die Republikaner über eine Mehrheit. Damit könnte Trump durchregieren – auch in die Autobranche.

Unter dem scheidenden Präsidenten Biden hatten die USA noch voll auf E-Mobilität gesetzt: Der milliardenschwere „Infrastructure Investment and Jobs Act“ von 2021 sollte dafür sorgen, dass schon 2030 die Hälfte aller verkauften Fahrzeuge „Null-Emissions-Fahrzeuge“ sein würden. Viele Autohersteller sind auf den Zug aufgesprungen, allen voran GM, Ford und Honda. Sind die Investitionen in den Sand gesetzt?

Das könnte durchaus sein. Denn auch im 3. Quartal 2024 verfügen gerade einmal 8,9 Prozent der neuzugelassenen Autos über einen reinen Elektroantrieb. Karl Brauer, Executive Analyst bei iseecars.com, kommentiert: „Die Diskrepanz zwischen den aktuellen Vorgaben zur Elektrifizierung und der tatsächlichen Nachfrage hat die Autohersteller in eine unmögliche Situation gebracht. Sie haben Milliarden in die rasche Entwicklung von Elektroautos gesteckt, während die Nachfrage schleppend bleibt und sich die Autos bei den Händlern stapeln.“

Die Wähler erwarten, dass die Regierung den Kurs korrigiert, sagt Henry Payne, Kolumnist bei den Detroit News: „Bei der Wahl stand auch die Elektroauto-Quote zur Abstimmung, denn der gewählte Präsident Trump hat versprochen, diese Regeln zurückzunehmen. Die Arbeiter in Michigan standen ihm dabei zur Seite, weil Hersteller wie Ford und Stellantis Verluste eingefahren haben.“ Er prophezeit: „Ich gehe davon aus, dass die neue Regierung Klima-Eiferer wie Energieministerin Jennifer Granholm und EPA-Chef Michel Regan austauschen wird.“ Zumindest beim EPA-Chef hat sich die Vermutung inzwischen bestätigt.

Brauer sieht die weitere Entwicklung so: „Die Trump-Regierung wird die aktuellen Flottenverbräuche und Vorgaben genau analysieren und letztlich durch eine neue Politik ersetzen, die der Marktrealität Rechnung trägt.“ Lauren Fix, Analystin für Automotive Energy Trends bei Car Coach Reports, erwartet eine technologieoffene Zukunft: „Ich rechne damit, dass die Trump-Wahl der Autoindustrie helfen und ihr Wachstumspotential steigern wird. Wenn der Zwang zur Elektrifizierung fällt, können die Hersteller in Produkte investieren, an denen sie kein Geld verlieren, sondern die tatsächlich nachgefragt werden, und das können Hybride, Plug-in-Hybride oder einfach benzingetriebene Fahrzeuge sein.“

Gegen Ende des Wahlkampfs hatte Trump seinen Spott über die Stromer zwar zurückgefahren, aber wohl keineswegs aus Überzeugung: Er müsse „für Elektroautos sein, weil Elon (Musk) mich so stark unterstützt," witzelte er bei einem seiner Auftritte.

Lauren Fix rechnet mit einer friedlichen Koexistenz der Antriebe: „Elektroautos werden nicht verschwinden, sie werden Teil des Mixes sein, und die Kunden können ihre eigenen Entscheidungen treffen.“ Brauer sieht im erwarteten Wegfall dirigistischer Vorgaben eine klare Weichenstellung: „Für die klassischen Autohersteller ist das im Endeffekt eine gute Nachricht, für reine Elektro-Marken wie Lucid, Rivian und Tesla eine schlechte.“

Der Journalist Anton Wahlman formuliert es härter: „Trump wird für Elon Musk zum zweischneidigen Schwert. Diese Wahl rettet zwar Twitter/X, aber sie wird zum Absturz von Tesla führen, weil die Abschaffung der Subventionen und Elektro-Quoten die Marke in eine schwere finanzielle Krise führen wird.“

Ein Spaziergang wird die Deregulierung übrigens nicht: Kalifornien hat schon vor einiger Zeit entschieden, dass ab 2026 35 Prozent und ab 2035 100 Prozent „Null-Emissionen-Autos“ sind, ansonsten werden pro Einheit, die unter dieser Quote bleibt, 20.000 Dollar Strafe fällig. Die Wahl Trumps hat daran erst einmal nichts geändert.

Autoexperte Payne sagt: „Kalifornien ist immer noch der Schwanz, der mit dem Hund wedelt. Ich gehe aber davon aus, dass die Trump-Regierung vor dem Hintergrund des starken Wahlergebnisses noch einmal ihre Anstrengungen von 2019 wiederaufnehmen wird, um die kalifornischen Sonderregeln abzuschaffen und sie unter einen einheitlichen nationalen Schirm zu bringen.“

Übrigens gibt auch das bisherige Abstimmungsverhalten des kommenden Chefs der EPA, des New Yorkers Lee Zeldin, Anlass zur Vermutung, dass die Zwangsquoten zugunsten von Elektroautos fallen werden. Für die Autoindustrie bedeutet das: Wer in Zukunft moderne Verbrenner im Portefeuille hat, genießt einen klaren Wettbewerbsvorteil. Der bisherige Rückenwind der US-Regierung für die E-Mobilität wird nachlassen – bis zur Flaute. (aum)


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Bilder zum Artikel

Donald und Melania Trump mit Ex-GM-Chefdesigner Ed Welburn.

Donald und Melania Trump mit Ex-GM-Chefdesigner Ed Welburn.

Photo: GM via Autoren-Union Mobilität


Tesla Cybertruck.

Tesla Cybertruck.

Photo: Autoren-Union Mobilität/Tesla


Ram 1500 Rebel.

Ram 1500 Rebel.

Photo: Autoren-Union Mobilität/Stellantis