Fahrbericht BYD Atto 2: Er soll es richten
12. März 2025 Von Michael Kirchberger
Der 4,31 Meter lange Viertürer wird von einem 130 kW starken Elektromotor angetrieben und soll mit einer Batterieladung nach WLTP-Norm 312 Kilometer schaffen. Der Einstiegspreis liegt bei 29.990 Euro, eine höherwertig ausgestattete Version mit dem Namen „Boost“ gibt es für 31.990 Euro.
Formal schafft es der China-Stromer nicht, sich von der Masse abzuheben und folgt den gängigen gestalterischen Linien, wie sich gleich dutzendfach in der Klasse der Kompakt-SUV gezeichnet werden. Eine hohe Front und konkave Flächen in den Flanken, dann ein sehr sachliches Heck mit erträglich positionierter Ladekante. Im Innenraum zeigt der Atto 2 mehr Charme. Das Cockpit ist meisterlich geformt, die Materialwahl begeistert und selbst der brandneue Testwagen hielt sich olfaktorisch sehr zurück. Anfassen macht Freude, denn überall dort, wo die tastende Fingerspitze hinwandern kann, schmeichelt der weiche Bezug, die veloursartige Verkleidung oder das samtige Stückchen Stoff den Sinnen.
Im Fußraum, der auf allen Plätzen überaus üppig bemessen ist, folgt dann aber die Form der Funktion. Dort, wo sich andere mit fein gekettelten Teppichen und zartem Flor zum Punktesammeln aufmachen, bietet der Atto 2 gummiartige Einlagen mit hohen Rändern, die dem Waidmann leicht als Schweißwanne taugen können. Aber die extrem schlechtwettertauglichen Matten sehen dabei gar nicht fad oder sogar hemdsärmelig aus, sondern versprechen hohe Funktionalität. Das Stichwort lautet schlichtweg „pflegeleicht“. Das gilt auch für den Kofferraum, der mit Einlegeböden die Ladefläche eben macht, überdies mit einem Volumen von 400 Litern aufwarten kann. Wer die bequem gepolsterten Rücklehnen der hinteren Bank asymmetrisch nach vorne klappt, steigert das Transportvermögen des SUV auf 1340 Liter.
Die Platzverhältnisse sind für alle Passagiere ausgezeichnet, dem vergleichsweise langem Radstand von 2,62 Meter sei es gedankt. Die Bedienung ist nahezu selbst erklärend, allerdings geht es tief in die Menüs, um selbst einfach Funktionen zu steuern. Immerhin gibt es einen Drehregler für die Audio-Lautstärke. Ansonsten reagiert das System mit leichter Verzögerung auf die Bildschirmberührung und lässt den Bediener im Unklaren darüber, ob der Befehl verstanden wurde. Die Spracherkennung funktioniert da in vielen Fällen besser und versteht auch leise Aufforderungen. Ohnehin herrscht an Bord weitgehend Ruhe. Vom Antrieb ist nicht viel zu hören, nur der Fahrwind lässt ein leises Rauschen erklingen, wenn der Tacho mehr als Tempo 130 anzeigt.
Die Motorleistung des Atto 2 ist völlig ausreichend. In 7,9 Sekunden sprintet er von 0 auf 100 km/h, bei 160 km/h ist Schluss, dann nimmt die Elektronik die Leistung zurück. Schade, dass es keine Lenkradpaddels gibt, mit denen man die Stärke der Rekuperation situativ regeln könnte. Es gibt nur zwei verschiedene Einstellungen, die umständlich im Fahrzeugmenü angewählt werden müssen. Aber auch die Sensitivität der Lenkung lässt sich anpassen, entweder wählt der Chauffeur die komfortbetonter Vollunterstützung oder sportlich straffes Ansprechverhalten. Letzteres erweist sich im Überlandverkehr als die bessere Wahl, die leichtgängige City-Servo ist eher fürs Einparken angemessen.
Die Federung verwöhnt mit sänftengleichem Ansprechverhalten der Federn und Dämpfer, trotzdem gleitet das SUV nicht ins Schwammige ab, wenn es etwas zügiger um die Kurven geht. Brav bleibt der Atto 2 auf Kurs und kommt ohne nennenswerte Neigung der Karosserie um die Biegungen. Auch die Bremsen lassen sich gut dosieren, in der höheren Rekuperationsstufe ist das One-Pedal-Driving möglich. In der Stadt fehlt es an Übersichtlichkeit, dafür gibt es aber eine Rückfahrkamera mit Rundumsicht-Funktion.
Ein Lademeister ist dieser BYD nicht. An Gleichstrom mit 65 kW vergehen 37 Minuten, bis der 45,1 kWh speichernde Akku von zehn auf 80 Prozent gebracht wird, was relativ lang ist. An den haushaltsüblichen Ladestationen mit 11 kW Wechselstrom dauert es 5,5 Stunden, bis die Batterie zu 100 Prozent gefüllt ist. Andere sind da schneller. Allerdings kommt die Batterie ohne toxische Metalle wie Nickel oder Kobalt aus, sie nutzt Lithiumeisenphosphat als Kathodenmaterial.
Die Ausstattung der Boost-Version ist sehr umfangreich. Das gläserne Panoramadach lässt sich bei zu greller Einstrahlung verschatten, aber nicht öffnen. Serienmäßig in allen Varianten ist die Wärmepumpe, die gerade bei niedrigen Außentemperaturen die Effizienz und Reichweite verbessert. Elektrisch verstell- und beheizbare Vordersitze sind an Bord, der 12,8 Zoll große Touchscreen kann gedreht werden und wechselt dabei vom Quer auf das Hochformat. Eine induktive Ladeschale ist vorne in der Mittelkonsole eingebaut, die Heizung lässt sich per App aus der Ferne steuern. Das Smartphone lässt sich kabellos verbinden und zu allem Überfluss gibt es sogar eine Karaoke-Funktion im Soundystem. Vielleicht soll man sich während der langen Ladezeiten damit vergnügen.
Ein Billigheimer ist der Atto 2 nicht. Formal unterbietet er das größere BYD-Modell Dolphin um etwa 15 Zentimeter. Das ist nur rund 2000 Euro teurer, bietet aber mit seinem größeren Akku 100 Kilometer mehr Reichweite. Aber BYD will nach eigenem Bekunden gar keine Schnäppchenmarke sein , sondern sieht sich klar im Premium-Segment aufgestellt. Ob das der Kunde in Zeiten klammer Kassen goutiert, sei dahingestellt. (aum)
Daten BYD Atto 2
Länge x Breite x Höhe (m): 4,31 x 1,83 x 1,67
Radstand (m): 2,62
Antrieb: E-Motor, FWD
Leistung: 130 kW / 177 PS
Drehmoment: 290 Nm
Höchstgeschwindigkeit: 160 km/h
Beschleunigung 0 auf 100 km/h: 7,9 s
Akkukapazität: 45,1 kWh
WLTP-Reichweite: 312 km
WLTP-Durchschnittsverbrauch: 16–19 kWh/100 km
Kofferraumvolumen: 400–1340
Leergewicht/ Zuladung: min. 1570 kg / k.A.
Preis: ab 29.990 Euro
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BYD Atto 2.
Photo: Autoren-Union Mobilität/Michael Kirchberger
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BYD Atto 2.
Photo: BYD via Autoren-Union Mobilität
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Photo: BYD via Autoren-Union Mobilität