Praxistest Hymer ML-T 570 Crossover: Stilsicher ins Allradabenteuer

Bei der Neuanschaffung eines Reisemobils greifen die Kunden gerne auf Einsteigermodelle in der Mittelklasse zurück, die trotz vieler serienmäßiger Extras zu überaus attraktiven Preisen angeboten werden. Hymer geht jetzt einen Schritt weiter und wendet das erfolgreiche Marketinginstrument in der gehobenen Klasse an. Der teilintegrierte ML-T 570 Crossover startet mit einem Preis von 156.700 Euro, dafür gibt es nicht nur den allradgetriebenen Mercedes-Benz Sprinter mit dem 190 PS (140 kW) starken 2,0-Liter-Diesel und neunstufiger Automatik, sondern obendrein auch eine Fülle von teuren Sonderausstattungen, die normalerweise mit viel Geld extra bezahlt werden müssen.

Das martialische Design des Allradmobils lässt keine Zweifel zu, hier geht es nicht um Effekthascherei, sondern um ernsthafte Offroad-Ambitionen. Die eingezogene Rückwand und die große Bodenfreiheit erlauben anständige Böschungswinkel, eine solide Metallplatte schützt den Motor vor Grundberührung und die grobstolligen 16-Zoll-Reifen sorgen für den notwendigen Grip. Damit das Manövrieren im Gelände auch bei Dunkelheit gelingt, erleuchtet eine LED-Lichtleiste über dem Fahrerhaus das Terrain taghell, die LED-Scheinwerfer des Sprinter machen Nachtfahrten ohnehin zum Vergnügen.

6,89 Meter lang ist der ML-T 570, das legt auch die Standard-Einrichtung dieser Klasse im Innenraum nahe. Eine L-förmige Mittelsitzgruppe mit einer Tischplatte aus massivem Bambusholz nimmt zusammen mit dem Küchenblock den vorderen Bereich des Wohnraums ein. Der Gasherd hat drei Flammen, in den Kompressor-Kühlschrank passen 154 Liter. Dahinter schließt das Bad mit Kassettentoilette und einer Schwenkwand an, mit der sich der Raum rasch zur Dusche umbauen lässt. Im Heck finden sich zwei längs angeordnete Einzelbetten, die sich zum Kuscheln mit einem Einlegepolster verbinden lassen. Der Schlafkomfort hier ist dank des Tellerfeder-Unterbaus vorzüglich, nur werden sich Camper-Hünen mit der eher knappen Länge der Liegeflächen nicht anfreunden können. 1,79 und 1,85 Meter sind kein Gardemaß. Immerhin ist die Kopffreiheit trotz der Dachstaukästen sehr anständig und auch die Kleiderschränke unter den Fußenden der Betten sind sehr gut zugänglich. Dank der Breite von 2,30 Metern herrscht an Bord ein großzügiges Raumgefühl und es gibt keine Engstellen, an denen sich die Bewohner im Weg stehen.

Das Innenraumdesign ist mit vielen Bambuselementen und den kontrastreich abgesetzten Klappen der Schränke überaus ansprechend. Vor allem die kleinen, einhängbaren Ablagekästchen, die variablen Beleuchtungskörper und die aus Hymers Spitzenmodell Venture S übernommene Pendelleuchte geben dem ML-T eine Alleinstellung und verleihen ihm ein sehr wohnliches Ambiente. Die Armaturen in Küche und Bad sind den aktuellen Tendenzen folgend mattschwarz gehalten, der charmante Fliesenspiegel hinter dem Waschbecken der Küche ist dagegen weniger oft zu sehen. Das Stauraumangebot ist unterdessen üppig, zwei große Rollauszüge im Unterschrank der Pantry müssen auch vor umfangreicher Kochausstattung nicht passen, weniger überzeugt haben uns die neuen Pushlock-Schlösser, die von einem Lederbändchen als Griff geziert werden. Zum einen muss man immer zweimal hinfassen, um den Schrank oder die Schublade zu öffnen, zum anderen dürfte der natürliche Werkstoff besonders in der Küche irgendwann speckig und unansehnlich werden.

Energetisch ist das Allradmobil konsequent auf Autarkie getrimmt. Zwei Solarmodule auf dem Dach laden mit bis zu 190 Watt vier Lithium-Akkus, jeder von ihnen hat 80 Ah. Ein Wechselrichter mit 1800 Watt Leistung macht aus deren Energie 230 Volt Wechselstrom. So lassen sich Haushaltsgeräte über die vier Bord-Steckdosen ohne nennenswerte Einschränkungen betreiben. Zudem übernehmen zwei doppelte USB- und eine 12-Volt-Steckdose das Aufladen von Smartphones oder Tablets. 120 Liter Frischwasser sind an Bord, die fließen vor dem Hahn stets durch einen Filter und werden so gereinigt. In den Abwassertank, dessen Ablassventil sich elektrisch öffnen lässt, passen 100 Liter. Und damit auch die übrige Entsorgung nicht zu Schwierigkeiten führt, stattet Hymer den ML-T 570 mit einer Reservekassette für die Toilette aus, die über den beiden Fünf-Kilogramm-Flaschen im Gaskasten untergebracht ist.

Temperiert wird das Mobil von einer sechs kW (acht PS) starken Diesel-Warmluftheizung, die auch das Duschwasser in einem zehn Liter fassenden Boiler erwärmt. Der versorgt auch die Außendusche, deren Mischarmatur in der Heckgarage untergebracht ist. Dort ist auch genügend Platz für zwei E-Bikes und andere Ausrüstung, die auf Aluminium-Riffelblech stehen und sich an Ösen mit Spanngurten sichern lassen. Die Wände der mit bis zu 350 Kilogramm belastbaren Garage sind mit Filz bespannt, das verhindert sowohl Reibungsschäden am Mobil sowie an den Bikes. Serienmäßig stattet Hymer den ML-T mit einem Spaten und einer Axt aus, beide sind ordentlich mit Schlaufen an der Vorderwand befestigt.

Damit erschöpft sich die umfangreiche Serienausstattung des Hymermobils jedoch noch lange nicht. Eine vier Meter breite Markise mit dimmbarer Beleuchtung gehört ebenso dazu wie das MBUX-Infotainment von Mercedes nebst Spurhalteassistent und Verkehrszeichenerkennung sowie die beheizbare Frontscheibe. Im Grunde gibt es nur drei wesentliche Extras, die den Preis des ML-T nochmals erhöhen. Da wären die Leichtmetall-Offroadräder im 18-Zoll-Format für 5790 Euro, die Lederausstattung der Sitzgruppe im Wohnraum für 2990 Euro und die Sat-TV-Anlage, die sich Hymer dann aber auch gleich mit satten 5000 Euro bezahlen lässt. Was zumindest von Hersteller nicht angeboten wird, ist ein Griff im Rahmen der Vordertüren. Denn aufgrund seines Allradfahrwerks ist der 4x4 Sprinter knapp acht Zentimeter höher als die nur zweiradgetriebenen Versionen. Und die gilt es beim Ein- und Aussteigen zu meistern. Eine Aufstiegshilfe wäre da nicht unangemessen.

Bei 4,1 Tonnen liegt das zulässige Gesamtgewicht des ML-T 570 Crossover. Um ihn fahren zu dürfen braucht man einen Führerschein, der vor 1999 ausgestellt wurde oder die neue Fahrerlaubnisklasse C1. In beiden Fällen gilt es jedoch, das Tempolimit von 100 km/h einzuhalten. Was auch im Sinne des Geräuschkomforts eine gute Maßnahme ist. Zudem wirkt sich das Limit wohltuend auf den Treibstoffverbrauch aus. Trotz des hohen Gewichts und der mächtigen Stirnfläche des Hymer kamen wir mit 11,9 Liter 100 Kilometer weit. Bei 90 Liter Vorrat sind so lange Strecken ohne Tankstopp möglich. Angesichts der Vollausstattung und den damit verbundenen Mehrgewichten hatte der Hersteller keine Chance, die 3,5-Tonnen-Grenze einzuhalten. So aber sind beachtliche 690 Kilogramm Zuladung möglich.

Das Allrad-Editionsmodell von Hymer ist ein interessanter Versuch, auch in einer höheren Klasse das Konzept der Komplettausstattung als Kaufanreiz einzusetzen. Wenngleich es beim Crossover vor allem um Abenteuer, Autarkie und Off-Road-Erlebnisse geht. (aum)

Daten Hymer ML-T 570 Crossover

Länge x Breite x Höhe (m): 6,89 x 2,3 x 3,15
Radstand (m): 3,67
Motor: 4-Zyl.-Diesel, 1950 ccm, AWD, Aut.
Leistung: 140 kW/190 PS bei 3500/min,
Max. Drehmoment: 400 Nm bei 1700/min
Testverbrauch: 11,9 Liter/100 km,
Leergewicht: 3410 kg
Zuladung 690 kg
Max. Anhängelast: 1780 kg
Stehhöhe: 1,95 m
Schlaf-/Sitzplätze: 2/4
Frisch-/Abwassertank 120/100 Liter
Gas: 2 × 5 kg
Preis: 156.900 Euro
Testwagen: 165.925 Euro


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Hymer ML-T 570 Crossover.

Hymer ML-T 570 Crossover.

Photo: Autoren-Union Mobilität/Michael Kirchberger


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Hymer ML-T 570 Crossover.

Photo: Hymer via Autoren-Union Mobilität