Kommentar: Auto-Kratie à la Paris

In Paris hat die Bürgermeisterin Anne Hidalgo wieder einmal das Auto ins Visier genommen. Jede dieser Aktionen verlangt quasi selbstredend nach Rückendeckung durch den Volkswillen. Deswegen wurde am gestriegen Sonntag in Frankreichs Hauptstadt über die Begrünung von Straßen abgestimmt. 500 Straßen sollen in „rues jardin“, in Gartenstraßen verwandelt werden. Gefragt nach ihrer Meinung wurden 1,4 Millionen stimmberechtigte Pariser. Und am Ende steht eine Mehrheit von 60 Prozent. Das bejubeln heute Medien nicht nur jenseits des Rheins.

Die Wahlbeteiligung lag bei vier Prozent. Also haben sich nicht einmal 40.000 der 1.400.000 Stimmberechtigten für diese Maßnahme ausgesprochen. Nach seriösen Regeln des demokratischen Miteinanders hätte es ein Quorum geben müssen, also eine Untergrenze, von der man ein Ergebnis ernstnehmen dürfte. Das Quorum in Paris lag offenbar knapp über 1. Das kannten wir schon bei der Pariser Abstimmung gegen SUV und schwere Fahrzeuge in der Innenstadt, bei der sich keine zwei Prozent der Befragten für ein Verbot ausgesprochen hatte. Trotzdem dienen beide Ergebnisse als Legitimation. Auch gegen das SUV argumentierte Hildalgo mit der „Mehrheit“ von mehr als 50 Prozent.

Mit der aktuellen „Mehrheit“ zu Blumenstraßen liefert die Pariser Verwaltung wieder ein gutes Bespiel dafür, wie man mit Mehrheiten nicht umgehen sollte. Wer die Bürger für eine nachhaltige Änderung von Mobilitätsverhalten und Lebensqualität in den Großstädten überzeugen will, sollte sie nicht über den Tisch ziehen. Aber das fällt umso leichter, wenn Kommentatoren sich relativ wenig um die Realität kümmern. (aum)


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Peter Schwerdtmann.

Peter Schwerdtmann.

Photo: Auto-Medienportal.Net