Im Bücherregal: Mit dem Wohnmobil durch Benelux
29. März 2025 Von Michael Kirchberger
Die landschaftliche und auch kulturelle Vielfalt lässt sich am besten bei einem Tripp mit dem Reisemobil erleben, und als hilfreichen Reiseführer ist jetzt im zu Mair-Dumont gehörenden Kunth-Verlag der Atlas „Mit dem Wohnmobil durch die Niederlande, Belgien & Luxemburg“ erschienen, mit dem es tatsächlich gelingt, die unterschiedlichen Landstriche mit Tulpenfeldern und Windmühlen, Grachten und Poldern, Granitfelsen und tief eingeschnittenen Flusstälern miteinander zu verbinden.
Zehn verschiedene Routenvorschläge macht der Guide, entlang der Grenzen, entlang der Flüsse oder einfach durch thematische Verbundenheit interessante Regionen. Die Touren sind zwischen 230 und 520 Kilometer lang, alle auf einmal werden wohl auch die enthusiastischsten Camper nicht absolvieren. Oder vielleicht doch? Denn wen das Reisefieber erst einmal gepackt hat, verlängert gerne immer aufs Neue.
Die erste Route führt über 330 Kilometer durch die Hansestädte Hasselt und Zwolle immer entlang des Flusses Issel. Der von der Handelsmacht geschaffene Reichtum lockte nicht nur Kaufleute und Arbeitskräfte an, sondern auch die wilden Männer aus dem Norden, die mit ihren Drachenbooten dank geringem Tiefgang fast mühelos flussaufwärts schippern konnten und es auf die Schmuckschatullen und Geldspeichern der Hanse abgesehen hatten. Hier wie in Frankreich machten die Wikinger fette Beute, heute sind die Besucher eher harmlos, die Region gilt als friedvoll und sicher.
Nicht so sicher ist das Ijsselmeer, das mit einem 220 Kilometer langem Routenvorschlag umrundet wird. Zumindest dann, wenn der Wind zu heftig weht und die Segler sich zu spät für ein Reff entscheiden. Die Wellen des grünen Binnenmeers sind kurz und steil, haben schon so manchen Skipper zur Verzweiflung gebracht und den einen oder anderen Leichtmatrosen seekrank gemacht. Das Gewässer ist meist kaum mehr als zwei Meter tief, aber die reichen eben auch, um darin zu ertrinken. Malerisch und absolut besuchenswert sind die Hafenstädte Medemblick, Hindeloopen, Lemmer und natürlich Enkhuizen, wo gemütliche Hafenkneipen zur Rast einladen. Besonders eindrucksvoll ist die Fahrt über den Afsluitdijk, mit dem die Niederlande 1932 das Ijsselmeer von der Nordsee getrennt haben und so weitere Landgewinnung in der heutigen Provinz Flevoland vorantreiben konnten.
Die Niederlande sind eben eine sehr wasserreiche Nation. Das zeigt sich auch auf Tour drei, die über 372 Kilometer durch Friesland nach Groningen führt. Hier wird klar, dass die Begrifflichkeiten verwirren können. Die Camper treffen auf das Slotermeer, das Heegermeer oder das Tjeukermeer, was nichts anderes als große, durch Kanäle miteinander verbundene Seen sind. Das, was wir als Meer kennen, bezeichnen Niederländer als Zee.
Tour Nummer 4 führt von Amsterdam über 435 Kilometer nach Süden ins belgische Mons, vorbei an den Tulpenfeldern des Keukenhofs und der berühmten Käsestadt Gouda, wo der Holzschuh immer noch als Standard für die Fußbekleidung der Markthändler gilt. In Rotterdam lohnt eine Rundfahrt zu Wasser durch den größten Hafen Europas, Antwerpen begeistert mit dem originalgetreu möblierten Rubens-Haus, Gent mit seinem prachtvollen historischen Stadtkern. Den kann auch Brügge für sich beanspruchen, dort beginnt Route Nummer 5, die über 520 Kilometer wiederum Richtung Norden bis nach Den Helder führt, wo die Fähren zur Insel Texel ablegen. Sie bleibt hauptsächlich in enger Nähe zur Nordseeküste, daher gehören Leuchttürme hier zu den beliebtesten Fotomotiven.
420 Kilometer lang ist die sechste Tour von Sankt Vith nach Lüttich, die im wilden Zickzack die grüne Lunge Belgiens kreuzt. Vielen nahezu unbekannt ist die Städtchen Dinant am Ufer der Maas. Sie ist die Geburtsstadt von Alphonse Sax, der das gleichnamige Instrument später in Brüssel erfunden hat. Konzerte und Ausstellungen sind zu besuchen, viele mehr als drei Meter hohe Kunststoff-Saxophone zieren die Straßen Dinants heute. Eine Fahrt durch das Großherzogtum Luxemburg ist als Tour Nummer 7 ausgewiesen, entlang der Maas endet die Route acht nach 460 Kilometern in Roermond. Es folgen 282 Kilometer von Denekamp nach Utrecht, und 455 Kilometer schlägt der Reiseführer als zehnte Tour vom Panne nach Luxemburg vor.
Das Reisebrevier für Wohnmobil-Fahrer aus dem Kunth-Verlag zeigt nicht nur die schönsten Touren durch die Niederlande, Belgien und Luxemburg, sondern verweist auch auf die empfehlenswerten Camping- und Stellplätze. Ein eigener Atlanten-Teil hilft bei der Pfadfindung. Und er gibt seinen Konsumenten eine ganze Menge an Informationen mit auf den Weg. Etwa, dass es in Benelux ein ausgezeichnetes Radwegenetz gibt, allein in den Niederlanden umfasst es 37.000 Kilometer. Das Bike also unbedingt mitnehmen, zumal die drei Länder als die sichersten Fahrradreviere der Welt gelten. Oder dass rund ein Viertel der Landfläche der Niederlande unterhalb dem Meeresspiegel liegt. Vielleicht doch eine Schwimmweste an Bord vorhalten? Wie auch immer, der Reiseführer für Wohnmobiltouren in Benelux ist eine unterhaltsame und lehrreiche Lektüre, die jede Bordbibliothek bereichern.
„Mit dem Wohnmobil durch die Niederlande, Belgien & Luxemburg“ von Jutta M. Ingala und Katinka Holupirek hat 288 Seiten mit vielen Abbildungen und Illustrationen. Der Band kostet 29,95 Euro (aum)
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