Interview Eugenio Franzetti: „Die Formel E ist für uns auch ein Image-Booster“
15. Juli 2025 Von Guido Borck
Herr Franzetti, warum hat sich DS für die Formel E und nicht für eine der vielen anderen Rennserien entschieden?
„Weil der Motorsport ein fantastisches Instrument für Forschung und Entwicklung sowie für das Marketing ist. Als DS gegründet wurde, beschlossen wir, eine neue Marke zu schaffen: eine Premiummarke, die von Anfang an elektrifiziert war. Wir gründeten die Motorsportabteilung mit der Idee und dem Ziel, den Motorsport zu nutzen, um die Elektrifizierung der Marke zu beschleunigen – dank unserer enormen Motorsporterfahrung – und um die Bekanntheit und das Image der Marke zu stärken. Wir teilen unsere Erfahrungen mit den Ingenieuren, die neue Fahrzeugreihen wie beispielsweise den DS Nummer 8 entwickelten. Wir brauchen einen Booster, um die Sichtbarkeit der Marke zu erhöhen. Das hat sehr gut funktioniert. Auch, weil die Formel E eine der besten Meisterschaften in Bezug auf die Kapitalrendite ist. Man hat eine Kostenobergrenze, so dass die Kosten kontrolliert werden können, und der Wert der Sichtbarkeit ist sehr hoch. Somit ist das Verhältnis perfekt.“
Was macht den Reiz der Formel E aus und was erhoffen Sie sich von diesem Engagement?
„Wir wollen Erfahrungen sammeln und diese mit den Ingenieuren teilen, die unsere aktuelle Modellreihe sowie die kommenden Fahrzeuge entwickeln. Das ist unser klares Ziel, denn es handelt sich um hochtechnologischen Motorsport, den wir in unseren Serienmodellen weiterentwickeln wollen. Dank unserer Erfahrungen konnten wir bereits einige großartige Elektroautos und Hybridfahrzeuge entwickeln. So hat das aktuelle Gen-3-Auto den neuen Nummer 8 beeinflusst. Auf die nächste Generation, Gen-4, müssen wir zwei Jahre warten, denn sie startet erst 2027. Stellantis hat bereits angekündigt, dass wir dabei sein werden. Welche Marke es letztendlich sein wird, entscheidet Stellantis Motorsport. Aber wichtig ist, dass wir dabei sein werden. Deshalb arbeiten wir bereits an der neuen Antriebseinheit für das Gen-4-Auto.“
Wie wird die elektrifizierte Rennserie vom Publikum angenommen?
„Laut der Formel-E-Organisation hat die Serie fast 450 Millionen Fans. Das ist eine riesige Gruppe weltweit. Das Wichtigste ist jedoch, dass sich unsere Fangemeinde im Vergleich zu anderen Meisterschaften unterscheidet. So wissen wir beispielsweise, dass der Frauenanteil unter den Fans in der Formel E höher ist als in der Formel 1 und das die Fangemeinde jünger ist. Das ist sehr wichtig, denn wir wollen eine andere Zielgruppe erreichen als andere Motorsportarten. Die Formel E hat in puncto Technologie, Sichtbarkeit und Bekanntheit einen großen Sprung gemacht. Deshalb betone ich, dass dies vielleicht eine der besten Meisterschaften ist, auch in Bezug auf die Investitionsrendite. In elf Jahren hat sich diese Meisterschaft technologisch enorm weiterentwickelt. Das erste Auto der ersten Generation musste aufgrund der begrenzten Reichweite während des Rennens gewechselt werden. Ein großer Schritt nach vorne war deshalb das Gen-2-Auto, da kein Fahrzeugwechsel mehr nötig war und das Auto 48 bis 50 Minuten ohne Aufladen fahren konnte. Mit den Modellen Gen-3 und Gen-3 Evo sind die Autos nun leichter und noch leistungsstärker. Der aktuelle DS E-Tense FE25 verfügt in manchen Situationen sogar über Allradantrieb mit 350 Kilowatt (476 PS), davon 50 Kilowatt vorne und 300 Kilowatt hinten. Technologisch gesehen ist das innerhalb von nur elf Jahren ein großer Schritt.“
Können die Technologien aus der Formel E auch in die Serienproduktion übertragen werden?
„Ja, auf jeden Fall. Eine der wichtigsten Technologien ist die Regeneration, also das Aufladen der Batterie beim Bremsen. Wir bremsen das Auto mit den Motoren: 80 Prozent unserer Bremsleistung werden von den beiden Motoren erzeugt, jeweils einem vorne und einem hinten. Wir bremsen mit 600 Kilowatt und laden dabei die Batterie auf. Bedenken Sie, dass beim Evo der dritten Generation fast 50 Prozent der Energie, die Sie während des Rennens verbrauchen, wieder aufgeladen werden. Das ist beeindruckend. Die Software ist die größte Erfahrung, die wir mit den Entwicklern des straßenzugelassenen Autos teilen können – gerade, weil es sich um Software handelt. So ist es beispielsweise auch beim DS Nummer 8.“
Gibt es weitere Beispiele für den Technologietransfer?
„Ein weiterer wichtiger Aspekt ist die Miniaturisierung der Komponenten. Im Motorsport muss man daran arbeiten, Gewicht und Abmessungen zu reduzieren – und genau das tun wir. Ein Elektromotor in unserem Formel-E-Auto ist heute so groß wie ein Buch, der Wechselrichter ebenso. Die Miniaturisierung und das Gewicht der Hardware der Antriebseinheit sind also ein weiterer wichtiger Aspekt. Diese Dinge werden von der Formel E in die Serienautos übertragen.“
Was sind die Zukunftspläne von DS für alternative Antriebssysteme in Serienfahrzeugen?
„Wir arbeiten nach wie vor an Elektromotoren, Hybriden und Verbrennungsmotoren. Angesichts der sich entwickelnden Situation müssen wir flexibel sein. In der Formel E experimentieren wir an der Zukunft des Elektrofahrzeugs. Das ist Teil der Botschaft, die wir nicht nur in der Meisterschaft, sondern auch mit der Marke DS an die Menschen senden. Wir haben Untersuchungen durchgeführt und wissen, dass potenzielle Käufer von Elektroautos eher Marken bevorzugen, die an der Formel E beteiligt sind, als andere. Deshalb betreiben wir Motorsport für Forschung und Entwicklung, für Marketing und für kommerzielle Zwecke in der Serienfertigung.“ (aum)
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DS-Motorsportdirektor Eugenio Franzetti.
Photo: Stellantis via Autoren-Union Mobilität
DS-Motorsportdirektor Eugenio Franzetti.
Photo: Stellantis via Autoren-Union Mobilität
Maximilian Günther (D) im DS E-Tense FE25.
Photo: Stellantis via Autoren-Union Mobilität
Jean-Eric Vergne (F) im DS E-Tense FE25.
Photo: Stellantis via Autoren-Union Mobilität