BYD vertraut auf das Auge Gottes und ultraschnelles Laden

In China geht alles schneller als in der alten Welt. Gefühlt im Wochenrhythmus tauchen neue Marken aus dem Nichts auf, und nun bringt BYD auch beim Laden der Batterie eine neue Geschwindigkeit ins Spiel. Der weltweit größte Hersteller von Elektrofahrzeugen hat mit der neuen Plattform „Super-e“ eine Technologie entwickelt, mit der sich die Ladezeiten auf das Niveau eines Tankvorgangs verkürzen. Super-e steht für eine Ladeleistung von bis zu 1000 kW oder zwei Kilometer Reichweite pro Sekunde, was sich in 400 Kilometer nach fünf Minuten Aufenthalt an der Ladestation übersetzt.

Bisher ist die neue 1000-Volt-Architektur für die aktuell in China angebotenen Modelle Han L, einer Premium-Limousine, und das siebensitzige SUV Tang L, verfügbar, die wahrscheinlich demnächst auch in Europa angeboten werden. Die beiden Fahrzeuge werden von einem 580 kW (788 PS) starken Motor angetrieben und erreichen, so BYD, eine Höchstgeschwindigkeit von mehr als 300 km/h.

„Wir planen, die Ladestationen gegen Ende des Jahres auch bei unseren europäischen Händlern aufzubauen, wenn sie über ausreichend Platz verfügen und danach auch an den Autobahnen in Europa zu installieren“, blickt BYD-Chefin Stella Lee in die Zukunft. Wenn sie dabei nicht mal vom eher behäbigen deutschen Planungsrecht ausgebremst wird. „Insgesamt planen wir vom kommenden Jahr an, einige tausend Stationen in Europa zu installieren. Für uns ist das ultraschnelle Laden ein Wendepunkt und soll potenzielle Kunden überzeugen, die bisher wegen der langen Ladezeiten der Elektromobilität skeptisch gegenüberstehen.“

Mit der neuen Ladetechnik „Flash Cahrging“ (Flash = engl. Blitz) übertrifft BYD die Mitbewerber, die mit einer 400- oder 800-Volt-Technologie unterwegs sind. Wobei die 1000 kW tatsächlich „nur“ bis zu einem Ladestand von 20 Prozent geliefert werden, doch danach pendelt sich die Leistung auf immer noch beeindruckende 650 kW ein und liegt nach 60 Prozent bei durchaus immer noch beeindruckenden 400 kW. Und weil in China eben alles schneller geht, hat BYD in der Volksrepublik bereits 10.000 entsprechende Ladestationen aufgestellt.

Um die Ladeleistung in die Batterie zu bringen, besteht eine Ladestation) aus zwei 500 kW starken Säulen, die über zwei Kabel mit dem Auto verbunden sind. Damit die Batterie die hohe Leistung schadlos übersteht, hat BYD seine selbst entwickelten so genannten Blade-Batterien entsprechend modifiziert und auch das Kühlsystem angepasst. Neben den eigenen Ultraschnell-Ladestationen hat BYD auch eine Technologie entwickelt, mit der bestehende Schnellladesysteme auf die höhere Leistung gebracht werden können.

Wenn sich die Ladezeit so deutlich verkürzen lässt, ist dann noch Platz für die Feststoffbatterie, von der sich die Hersteller vor allem wegen der höheren Reichweite einen Wendepunkt für die Verbreitung der Elektromobilität versprechen? BYD sagt ja. „Unsere Entwickler arbeiten intensiv an dieser Batterie, und wir werden sie um das Jahr 2030 auf den Markt bringen“, erklärt Stella Lee.

Nicht nur bei der Batterietechnik ist China rasant unterwegs, auch beim autonomen Fahren ist BYD schnell und lässt die Fahrzeuge vom „Auge Gottes“ durch den Verkehr lenken. Die Entwickler tauften ihre Sensorik aus welchen Gründen auch immer „God’s Eye“, und in Xian zeigt Versuchsingenieur Qin Chuan in einem Dolphin Surf, wie der Kleinwagen autonom durch den Verkehr zum Kongresszentrum der Millionenmetropole rollt, wo die Feier zur Produktion des einmillionsten Dolphin stattfindet.

Das Wetter spielt nicht mit, es regnet, und die Sicht ist schlecht – denkbar schlechte Voraussetzung für die Sensorik. Im wuseligen Stadtverkehr behält der Ingenieur noch das Lenkrad fest in der Hand. „Der Verkehr ist zu stark“, erklärt Qin Chuan und steuert auf die Stadtautobahn. Dort vertraut er sich und seine Begleiter dem mit dem Navigationssystem verbundenen göttlichen Auge an, indem er an einer Wippe links am Lenkrad zieht, und an den Außenspiegel leuchten fortan grüne Dioden, um dem restlichen Verkehr mitzuteilen, dass wir von nun an autonom unterwegs sind.

BYD definiert seine Technik als autonomes Fahren nach Level 2,5 obwohl der kleine Doplhin Surf den größten Teil der Strecke ohne Eingriff des Fahrers absolviert. Offensichtlich hatten die BYD-Marketingexperten den passenden Namen gewählt, denn die aufwendige Technik verzögert ohne jede Hektik, wenn sich andere Autos vor den Dolphin drängeln, wechselt souverän die Spur, findet die korrekte Ausfahrt, verzögert in der scharfen Rechtskurve, um auf die neue Straße abzubiegen, wo Qin Chuan wieder die Regie übernimmt. Insgesamt fünf Millimeterwellen-Radarsysteme, zwölf Kameras und zwölf Ultraschall-Sensoren ermöglichen die autonome Fahrt und darüber hinaus 27 weitere Assistenzsysteme, zu denen auch das automatische Parken gehört, das bei Bedarf auch vom Smartphone aus gesteuert werden kann.

„Ich nutze God’s Eye regelmäßig, wenn ich in mein Büro fahre“, erzählt Stella Lee und erklärt gleichzeitig, dass die Technik (noch) nicht nach Europa kommen wird. „Das wird noch einige Jahre dauern, und wir werden dann auch einen anderen Namen finden.“ Gleichzeitig bereitet BYD seine stärkere Präsenz in Europa vor. Die Fabrik in Ungarn wird gegen Ende des Jahres mit der Produktion beginnen. Dort soll der Dolphin Surf produziert werden. Die Kapazität liegt zunächst bei 150.000 Autos pro Jahr, die allerdings verdoppelt werden kann. Außerdem ist eine Fertigung in der Türkei geplant, und angeblich gibt es Pläne für ein Mailänder Designzentrum. (aum)


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Bilder zum Artikel

Flash Charging: BYD lädt mit bis 1000 kW.

Flash Charging: BYD lädt mit bis 1000 kW.

Photo: Autoren-Union Mobilität/Wuttke


Flash Charging: BYD lädt mit bis 1000 kW.

Flash Charging: BYD lädt mit bis 1000 kW.

Photo: Autoren-Union Mobilität/Wuttke


Flash Charging: BYD lädt mit bis 1000 kW.

Flash Charging: BYD lädt mit bis 1000 kW.

Photo: Autoren-Union Mobilität/Wuttke


BYD feiert den einmillionsten BYD Dolphin Surf.

BYD feiert den einmillionsten BYD Dolphin Surf.

Photo: Autoren-Union Mobilität/Wuttke


Produktionsjubiläum: Der einmillionste BYD Dolphin Surf.

Produktionsjubiläum: Der einmillionste BYD Dolphin Surf.

Photo: BYD via Autoren-Union Mobilität


BYD-Chefin Stella Lee.

BYD-Chefin Stella Lee.

Photo: BYD via Autoren-Union Mobilität


Flash Charging: BYD lädt mit bis 1000 kW.

Flash Charging: BYD lädt mit bis 1000 kW.

Photo: BYD via Autoren-Union Mobilität