Gute Zeiten für Schnäppchenjäger: Wertverfall bei Elektroautos
30. Juli 2025 Von Guido Reinking
Das zeigt such auch auf den Höfen der Autohändler: Sauber aufgereiht stehen die Gebrauchtwagen auf dem Parkplatz eines Mercedes-Händlers in Hamburg. Auffällig viele Elektroautos sind darunter, Modelle der Typen EQA, EQE und EQC. Bei einigen sind die Preise mit einem roten Filzstift nach unten korrigiert. Der Verkäufer preist die Fahrzeuge in den höchsten Tönen: „Wir haben gerade erst die Garantie auf unsere gebrauchten Elektroautos verlängert. Es gibt jetzt fünf statt der vorher üblichen zwei Jahre.“ So sollen die Kunden sicher sein können, dass Batterie und Antrieb lange halten. Viele der Autos sind ehemalige Leasing-Fahrzeuge, die der Händler zurückgenommen hat. Wie ein drei Jahre alter EQA. Er soll noch 26.000 Euro kosten. Neu war das Elektro-SUV einmal doppelt so teuer. Mercedes nennt solche Autos „Junge Sterne“.
Gebrauchtwagen-Käufer können derzeit also echte Schnäppchen machen. Für den Autohandel, für Hersteller und Autobanken ist der Wertverfall jedoch eine Katastrophe: Denn viele der Autos sind Leasing-Rückläufer. Die in den Verträgen festgelegten Restwerte lassen sich am Markt nun nicht mehr erzielen. Beim Kilometer-Leasing steht aber der Leasing-Geber, also die Autobank oder der Händler, für den Restwert bei Vertragsende gerade. Der Kunde muss den Wagen nur mit der vereinbarten Laufleistung und in ordentlichem Zustand abgeben, dann ist er aus allem raus.
Weil die Quote der geleasten Fahrzeuge bei Elektroautos aber besonders hoch ist, kommen immer mehr zum Handel zurück: Selbst 28 Prozent der privat genutzten BEV sind geleast, hat der ADAC festgestellt. Bei Verbrennern sind es nur fünf Prozent. Bei Firmen- und Flottenfahrzeugen ist die Quote naturgemäß sogar noch höher. Hier sind rund 80 Prozent der Fahrzeuge nicht gekauft und finanziert, sondern geleast. Das ist auch vernünftig: Wegen des Restwertrisikos sollte man Elektroautos leasen, nicht kaufen.
Die Gründe für die schwachen Restwerte sind vielfältig: Bei den typischen Gebrauchtwagenkunden ist das Interesse an den Stromern gering, denn sie haben oft keine Garage oder einen festen Stellplatz, an dem sie mit eigenen Strom laden könnten. Ständig auswärts laden zu müssen ist aber umständlich und teuer. Ein weiterer Grund ist der technische Fortschritt bei neuen BEV: Die Batteriekapazität steigt und mit ihr die Reichweite, der Stromverbrauch sinkt, die Ladezeiten werden kürzer, die Software im Auto wird immer leistungsfähiger. Das entwertet die älteren Fahrzeuge.
In der Industrie ist das Thema präsent. Opel-Vertriebschef Tobias Gubitz sagte unlängst im Interview: „Das ist in der Tat noch eine Herausforderung. Dabei gibt es gute Argumente für gebrauchte Elektroautos: Ihre Wartung ist weniger kostenaufwendig als bei Verbrennerfahrzeugen. Die Batterien halten sehr lange, wie man an den älteren Elektroautos sehen kann. Wer zuhause laden kann, fährt günstiger als mit einem Verbrenner.“ Weil Bremsen und Motoren langsamer verschleißen als bei Benziner oder Diesel, und die Batterie ist deutlich haltbarer als zunächst gedacht, so Gubitz, „sollten Elektrofahrzeuge eigentlich einen höheren Restwerte haben als Verbrenner“. Das glaubt auch Mercedes und gibt deshalb eine längere Garantie.
Um es den Kunden einfacher zu machen, bieten Händler auch gebrauchte BEV im Leasing an. Modelle wie die Kleinwagen Renault Zoe, Fiat 500e oder Dacia Spring, aber auch vollelektrische Kompaktmodelle werden schon für Leasingraten von unter 200 Euro angeboten. Der Händler hat das Auto dann wenigstens für zwei oder drei Jahre vom Hof. Dann kommen sie zurück – zu schwer kalkulierbarem Restwert. (aum)
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