Praxistest Jeep Renegade 4xe: Der Funke springt nicht über

Was tun, wenn der im Grunde adäquate Diesel aus politischen Gründen nicht mehr erwünscht ist, sich der Benziner aber beim Verbrauch aufgrund von Gewicht und Größe des Fahrzeugs von seiner schlechtesten Seite zeigt? Richtig, man macht den Wagen zum Teilzeitelektriker. Den Weg hat die Stellantis-Marke Jeep eingeschlagen, und bietet sein kleinstes SUV als Plug-in-Hybrid für wenigstens 42.600 Euro an.

Wobei klein relativ ist. Mit einer Länge von 4,24 Metern kratzt der kantige Viertürer schon an der Grenze der Kompaktklasse, rund 1850 Kilogramm Leergewicht stellen den Antrieb vor große Herausforderungen. Die sollten mit einer Systemleistung des Verbrenner-Elektro-Ensembles von 240 PS (177 kW) eigentlich zu bewältigen sein. Meint man.

Formal zitiert der Renegade 4xe das Jeep-Urgestein Wrangler mit dem typischen und vertikal aufgestellten Speichengrill, nur die Radhäuser sind weniger markant ausgeformt. Und als wolle man auch an die militärische Vorgeschichte der Urahnen erinnern, hat uns die Marke den Plug-in-Hybriden mit der 1190 Euro teuren Sonderlackierung „Matt Green“ auf den Hof gestellt. Das ist doch Wehrmachtsgrün, kommentiert der Nachbar, der offensichtlich am Vorabend eine der üblichen Weltkriegsdokus auf Phoenix gesehen hat. Dem Forstmann oder Jäger käme der Farbton möglicherweise gelegen, im Straßenbild wirkt er jedoch arg martialisch.

Innen versucht sich die Spitzenversion Trailhawk in Premium-Qualität, was nicht durchgehend gelingt. Die Sitze vorn überzeugen, die Bedienung fällt meist leicht, auch wenn sich viele Funktionen nur über den zentralen Touchscreen steuern lassen. Immerhin gibt es eine eigene Taste am gut bestückten Armaturenbrett, mit der sich der Spurhalteassistent rasch ausschalten lässt. Andere Sicherheitssysteme können weniger erfolgreich gebändigt werden. Die Überwachung des Toten Winkels etwa meldet sich mit ohrenbetäubendem Fiepen zu Wort, wenn der Blinker noch in Reichweite eines überholten Fahrzeugs gesetzt wird. Auch der Parkhelfer heult heftig los, wenn es seitlich eng wird. Ohnehin ist der Renegade kein Leisetreter, schon bei etwa 100 km/h rauscht der Fahrtwind mächtig über das Glasschiebedach (1490 Euro Aufpreis).

Immerhin ist das Platzangebot für Fahrer und Beifahrer angemessen, die Passagiere im Fond sitzen eher beengt, und fürs Gepäck gehen 20 Liter Ladevolumen wegen des Akku-Einbaus unter dem Kofferraumboden verloren. 11,4 kWh leistet das wohl schwerste Bauteil des Hybrid-Jeeps, sie soll für eine rein elektrische Fahrtstrecke von 50 Kilometer genügen, die wir aber trotz Komfortverzicht mit abgeschalteter Klimaanlage und ohne musikalische Unterhaltung nicht erreicht haben. 42 Kilometer waren das Maximum, danach übernimmt der aufgeladene Benziner mit 180 PS (133 kW) die Arbeit und verlangt dann selbst bei gemäßigter Fahrweise mehr als acht Liter Treibstoff auf 100 Kilometer. Das zwingt häufig zur Fahrt an die Tankstelle, denn das auf 36,5 Liter reduzierte Kraftstoffvolumen reicht für wenig mehr als 400 Kilometer Strecke.

Offroad kann der Renegade. Zumindest auf tiefem Geläuf beweist er Traktionsstärke, die Bodenfreiheit verspricht auch in anspruchsvollerem Gelände Tauglichkeit. Obwohl der Antrieb entkoppelt ist, der Benziner die Vorderräder antreibt und der 44 kW (60 PS) starke Elektromotor bei Bedarf nur die Hinterräder mit Drehmoment versorgt, gibt es eine Differenzialsperre und eine Geländeuntersetzung fürs sechsstufige Automatikgetriebe. Auf Asphalt kommt die hohe Systemleistung aber leider nicht zum Tragen. Eher träge geht das Motorenduo ans Werk, mit zwei Passagieren und etwas Gepäck müssen immerhin rund zwei Tonnen in Schwung gebracht werden. Auch das Zusammenspiel ist seine Stärke nicht, gelegentlich ruckelt‘s im Antriebsstrang, dann wieder wartet der Elektriker im Heck lange, bis er die Ärmel hochkrempelt und zupackt. Die Fahrleistungen lesen sich gut: 7,1 Sekunden für den Sprint von 0 auf 100 km/h versprechen mehr als subjektiv empfunden wird. Die Spitze von 199 km/h beeindruckt angesichts der strengen Karosserieform. Schnelles Fahren wird durch die gerade um die Mittellage unpräzise Lenkung jedoch nicht zum Vergnügen.

Das führt auch bei gemächlicher Fahrt in Kurven bisweilen zum Überlenken, den sauberen Strich um die Biegung gelingt dem Chauffeur im Renegade erst nach langer Gewöhnungsphase. Die Bremsen agieren kraftvoll und lassen sich besser dosieren als die Lenkung. Das Federungsverhalten ist ausgewogen, kann aber auf schlechten Straßenbelägen nicht jede Verwerfung eliminieren.

Zwei Stunden dauert es, bis der Akku des Renegade an einer öffentlichen Ladesäule gefüllt ist. In den meisten Fällen ist der Aufwand höher als der Nutzen, zumal der theoretische Normverbrauch von rund zwei Litern Benzin auf 100 Kilometer für die meisten, die auf längeren Strecken unterwegs sind, eben rein theoretisch bleibt. Wer eine Wallbox in der heimischen Garage installieren kann, ist besser bedient. Der kann sich auf der Kurz- oder Mittelstrecke über einen Durchschnittsverbrauch von 4,6 Liter freuen. Und der ist für ein SUV in dieser Klasse ein überaus angemessener Wert. (ampnet/mk)

Daten Jeep Renegade 4xe Trailhawk

Länge x Breite x Höhe (m): 4,24 x 1,81 x 1,72
Radstand (m): 2,57
Motor: R4-Benziner, 1332 ccm, Turbo, Direkteinspritzung
Leistung: 133 kW / 180 PS bei 5750 U/min
Max. Drehmoment: 270 Nm bei 1850 U/min
Elektromotor: 44 kW / 60 PS
Drehmoment E-Motor: 250 Nm
Batterie: Hochvolt-Lithiumionenbatterie, 11,4 kWh
Systemleistung: 177 kW / 240 PS
Höchstgeschwindigkeit: 199 km/h
Elektrische Höchstgeschwindigkeit: 130 km/h
Beschleunigung 0-100 km/h: 7,1 Sek.
Elektr. Reichweite (Herstellerangabe): 50 km
WLTP-Durchschnittsverbrauch: 2,2–2,3 Liter
CO2-Emissionen: 50–54 g/km
Testverbrauch: 4,6 Liter
Tankinhalt 36,5 Liter
Leergewicht / Zuladung: min. 1845 kg / max. 470 kg
Kofferraumvolumen: 330–1277 Liter
Max. Anhängelast: 600 kg / 1150 kg
Basispreis: 42.600 Euro
Testwagenpreis: 47.060 Euro


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Bilder zum Artikel

Jeep Renegade 4xe.

Jeep Renegade 4xe.

Foto: Auto-Medienportal.Net/Michael Kirchberger


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Jeep Renegade Trailhawk 4xe.

Jeep Renegade Trailhawk 4xe.

Foto: Auto-Medienportal.Net/Jeep


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