Kommentar: Werden die Autofahrer zu den nächsten Querdenkern?

Der Bericht zur Forderung von Greenpeace nach 30 Millionen rein elektrischer Fahrzeuge in Deutschland bis 2030 provozierte bis heute 458 Kommentare in der Online-Ausgabe einer linksliberalen norddeutschen Wochenzeitung. Die Lektüre deutet schon an, was Menschen erwartet, die sich kein Elektroauto leisten können oder sich weigern, sich eines anzuschaffen – aus Prinzip oder weil die Elektromobilität ihre Ansprüche nicht erfüllt. Aus mancher Zeile der Kommentare spricht Ungeduld mit den ewiggestrigen, unbelehrbaren und unsolidarischen neuen Querdenkern, auf die eine Gesellschaft keine Rücksicht nehmen darf.

„Zirpende_Grille“ weiß: „In den Großstädten…ist ein eigenes Auto für den Großteil der Bevölkerung reichlich überflüssig. Eine Kombination aus Fahrrädern, ÖPNV und Car-Sharing ist hier die Lösung,“ Noch weiter geht „Caloricus“, der den Verzicht auf Auto für besser hält als dessen Ersatz durch ein E-Auto: „Wären nur jene mit dem Auto auf den Straßen unterwegs, die tatsächlich darauf angewiesen sind, hätten wir paradiesische Zustände.“ Doch „eschwenk“ gaubt die Zusage von „Caloricus“ nicht, niemand möchte jenen, die auf ihr Auto angewiesen sind, dieses wegnehmen. „Hören Sie auf zu lügen, genau das betreiben Sie doch die ganze Zeit.“ Und „nochandizer“ weist darauf hin, es „ist eh egal wie viele E-Autos in Deutschland fahren, der Faktor auf die Welt dürfte bei unter 0,2 Prozent liegen, was bekanntlich in etwa dem vielbesagtem Tropfen entspricht.“ Und „casta neda“ weiß: „Wenn der Strom durch Kohle oder Gas gewonnen wird, dann bringt das null.“

Damit ist die Spannweite der Diskussion abgesteckt. Doch es geht auch emotionaler und wird damit bedenklich, weil sich selbst in dem hoch rational angesiedelten Wochenblatt auf einmal eine Blase zeigt. So berichtet „Fiedenstaube2019“ von „Mamapanzern“ in München. Und „Ridikolau“ hat „noch nie wirklich krass ein Auto vermisst“. Er outet sich als Stadtmensch, „so wie ca 75 Prozent bis 80 Prozent der Einwohner in D“. Andere korrigieren diese Zahlen gleich in Richtung Realitität. Aber „lissi“ ist das egal „Der Fetisch Auto muss weg. Es kann nicht sein, dass ein paar gestrige Narzissten unbehelligt auf Kosten aller rumballern (ein Auto ist auch eine Waffe).“ Und „Soliton weiß die Antwort auf die Frage, warum so ein Wirbel um ein paar Autos gemacht wird: „Weil es nicht nur um das Klima geht, sondern um den alten ideologischen Kulturkampf der Grünen gegen das Auto.“ Darauf „Boesor“: „Sieht eher so aus als führen Sie einen Kulturkampf gegen die Grünen.

Insgesamt wirkt die Diskussion in „Zeit online“ sehr ausgewogen. Zwar überwiegen die Wendefreunde, doch der Ton bleibt zurückhaltend. Hier wird argumentiert und selten gestritten. Dennoch schimmern selbst hier Emotionen und Vorurteile durch, die in der weiteren Diskussion die heute üblichen Verhärtungen und Blasen auslösen können. Hoffentlich sprechen wir dann nicht wieder von einer Spaltung der Gesellschaft (aum/Peter Schwerdtmann)


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Peter Schwerdtmann.

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Foto: Auto-Medienportal.Net