Mitsubishi L200: Ein Loblied auf den Pick-up

Was haben noble Oberklassen-Limousinen und hemdsärmlige Pick-ups in Deutschland miteinander gemein? Sie werden bei uns in etwa gleichgroßer Stückzahl verkauft. Rund 25.000 der Pritschenwagen kamen 2020 neu auf die bundesrepublikanischen Straßen, ebenso viele gehörten zu den Spitzenbaureihen der Hersteller. Doch während bei den Luxus-Karossen viel Geld zu verdienen ist, fallen die Margen bei den Pick-ups eher dünn aus. Dagegen helfen nur Kooperationen und selbst die stellen keine Erfolgsgarantie dar.

Bereits in grauer Vergangenheit hatten VW und Toyota hierfür eine Lizenz-Gemeinschaft gebildet, die 1997 auslief. Mit dem VW-Markenzeichen hieß der Toyota nicht Hilux, sondern Taro. Renault, Nissan und Mercedes hatten sich ebenfalls zusammengetan und den selben Wagen mit kleinen Retuschen als Alaskan, Navara und X-Klasse auf den Markt gebracht. Letztere verschwand wieder, kaum, dass sie erschienen ist.

Nach Jahren getrennter Wege finden nun auch Ford und VW einen gedrungenerweise gemeinsamen Pfad und entwickeln die Nachfolger des Ranger, des meistverkauften Pick-ups in Deutschland, und des Amarok, der über das Vertriebsnetz von Volkswagen Nutfahrzeuge verkauft wird. Beide kommen noch in diesem Jahr neu auf die Straßen und werden die Latte wohl etwas höher auflegen. Sechszylinder-Diesel (bei VW) und -Benziner (bei Ford) sind politisch zwar schon lange nicht mehr korrekt, die überzeugte Fan-Gemeinde wird das nicht schrecken. Im Gegenteil, man legt Wert auf Leistung.

Zwar ist der Markt seit einigen Jahren rückläufig, wesentlich liegt das aber auch an der schwindenden Modellvielfalt, die von Problemen bei der Abgasreinigung herrühren. Aktuell erfüllen Pick-ups nur die Abgasnorm EU6d Temp, deren Zulassung läuft jedoch Ende des Jahres aus. Um die Entwicklungskosten für die notwendigen Reinigungssysteme zu stemmen, geht es wieder einmal nur gemeinsam. Die Preise für alle abgaskonformen Pritschenwagen dürften trotzdem kräftig steigen.

Noch aber gibt es Restbestände im Handel, wer einen bockigen Pritschenwagen dem mehr als weichgespülten heutigen SUV vorzieht, wird noch fündig. Um 28.000 Euro startet die Spezies im King-Cab-Format, das heißt mit einer 2+2-Sitzanlage an Bord. Bei ihnen geht es auf der Rückbank eher knapp zu; mehr Sitzkomfort bieten die Doppelkabinen, deren Preislisten bei rund 30.000 Euro beginnen.

Zum Urgestein der Klasse gehört bei uns neben dem Toyota Hilux und dem Ford der Mitsubishi L200, der vorübergehend auch im Fiat-Programm unter dem Namen Fullback zu finden war. Er wird in Thailand gebaut und rechnet sich für den Importeur daher auch in Deutschland. Immerhin greift sein Antriebssystem mit 4x4-Technik, Untersetzung und Differenzialsperre auf jenes des legendären Geländewagens Pajero zurück. Damit schlägt er sich auch auf anspruchsvollem Terrain oft besser, als manch ein chromglänzendes Edel-SUV.

Mit einer Innenraumlänge der Doppelkabine von gut zwei Metern bietet er angemessen viel Platz, darf maximal eine Tonne aufladen und drei Tonnen ins Schlepp nehmen. Für 33.990 Euro gibt es das Double-Cab mit Sechs-Gang-Schaltgetriebe, die Club-Cab-Version kostet 1000 Euro weniger. Das Spitzenmodell L200 Double-Cab Top rückt dann mit Automatik auf satte 44.990 Euro vor. Immer an Bord ist der 2,2-Liter-Diesel mit vier Zylindern und 150 PS (110 kW) Leistung. Die machen den Pritschenwagen bis zu 174 km/h schnell und lassen den Handschalter in 12,4 Sekunden von 0 auf 100 km/h beschleunigen, mit Automatik vergehen dabei 13,5 Sekunden. Die Normverbrauchswerte liegen bei etwa acht Litern, je nach Konfiguration gehört der L200 zu den Effizienzklassen C oder D, der CO2-Ausstoß liegt bei mindestens 198 g/km. Der 75-Liter-Tank hat ein sehr angemessenes Volumen.

Wie die meisten anderen Fahrzeuge seiner Gattung, übt der L200 den Spagat zwischen Ackerfurche und Schlossremise. Denn nicht nur Bauer Plaat und Maler Klecksel soll er ein genügsamer, robuster Transport- und Mobilitätshelfer sein, auch Fred Freizeit will gerne mit ihm auf Reisen gehen. Während Mitsubishi ein reichhaltiges Sortiment an Werkstatt-Ausrüstung, Kühlcontainern, Feuerwehrzubehör und anderen sinnvollen Ausstattungen für Gewerbetreibende oder Einsatzkräfte beim L200 vermitteln kann, finden sich bei den Zulieferern auch Camping-Ein- und Aufbauten für den Trip ins Wochenende und sogar in einen richtigen Urlaub. Das Angebot reicht von einem Dachzelt mit aufblasbarem Tragwerk bis zur fast schon luxuriösen Wohnkabine ab etwa 12.000 Euro. Dabei ist eine Küche mit Kocher, Kühlschrank und Wasserversorgung. Also alles für ein überaus komfortables Outdoor-Erlebnis, gepaart mit formidablen Offroad-Eigenschaften.

Dass ein Pick-up ein Nutzfahrzeug ist und immer bleiben wird, zeigt sich an vielerlei Beispielen. Zwar statten die Anbieter ihre Spitzenversionen mit Lederbezügen, Spracherkennung und erklecklich großen Monitoren aus, über den rustikalen Charakter des Basisfahrzeug kann all dies jedoch kaum hinwegtäuschen. Das beginnt beim Einstieg. Mehr als 20 Zentimeter Bodenfreiheit und 50 Zentimeter Wattiefe können Geländegänger begeistern, der Schritt nach oben in den Innenraum erfordert jedoch Ortskenntnis und Erfahrung. Vor allem, wenn unter den Türen, meist wegen der Optik denn als echte Aufstiegshilfe, Einstiegsbretter montiert wurden, ist die Berührung der Hosenbeine mit dem Blech kaum zu vermeiden. Je nach Wetterlage und vorherigem Einsatzfeld muss dann die Waschmaschine bemüht werden – soviel zum Thema Alltagstauglichkeit.

Und dann ist da noch der raubeinige Federungskomfort. Ist die Pritsche leer, hoppelt die Starrachse mit ihren Blattfedern gnadenlos über unebene Fahrbahnen. Wenn dagegen die maximale Zuladung ausgeschöpft wird, bekommt die Fuhre den Charakter eines Wüstenschiffs, den wiegenden Gang eines Karawanen-Kamels. Richtig unsicher wird die Fahrt dadurch nicht, zumal in der jüngsten Modellgeneration nach ABS und ESP längst eine Vielzahl von Assistenten an Bord sind. Am ehesten Abhilfe schafft jedoch eine zusätzliche Luftfederung an der Hinterachse, die je nach Belastung vom an Bord eingebauten Kompressor aufgepumpt werden kann. Besonders für flexibel genutzte Pritschenwagen ist dies ein erheblicher Komfort- und Sicherheitsgewinn.

Die Auswahl wird also kleiner auf dem Markt der Pick-ups. Wer dennoch einen haben möchte, muss sich beeilen oder mehr bezahlen. Die Cowboy-Romantik des wilden Westens geht dabei nicht verloren. (aum/Michael Kirchberger)

Daten Mitsubishi L200 Top 2,2 Diesel Automatik:

Länge x Breite x Höhe (m): 5,36 x 1,82 x 1,78
Radstand (m): 3000
Antrieb: R4-Diesel, 2268 ccm, zuschaltbarer Allradantrieb, 6-Stufen-Automatik
Leistung: 110 PS/150 kW bei 3500/min
Max. Drehmoment: 400 Nm bei 1750–2250/min
Höchstgeschwindigkeit: 171 km/h
Beschleunigung 0 auf 100 km/h: 13,5 Sek.
WLTP-Durchschnittsverbrauch: 7,5–8,4 Liter
CO2-Emissionen: 206 - 231 g/km (Euro 6d Temp)
Leergewicht / Zuladung: min. 2147 kg / max. 1038 kg
Anhängelast: 3100 kg
Ladeflächenlänge: 1,52 m
Ladeflächenbreite: 1,47 m
Basispreis: 33.990 Euro
Testwagenpreis: 44.990 Euro


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Bilder zum Artikel

Mitsubishi L200.

Mitsubishi L200.

Foto: Autoren-Union Mobilität/Michael Kirchberger


Mitsubishi L200.

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Foto: Autoren-Union Mobilität/Michael Kirchberger


Mitsubishi L200.

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Mitsubishi L200.

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Mitsubishi L200.

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Mitsubishi L200.

Mitsubishi L200.

Foto: Auto-Medienportal.Net


Mitsubishi L200.

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Mitsubishi L200.

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Foto: Autoren-Union Mobilität/Michael Kirchberger


Mitsubishi L200 mit Dachzelt „GT Pick-up“.

Mitsubishi L200 mit Dachzelt „GT Pick-up“.

Foto: Autoren-Union Mobilität/Mitsubishi


Mitsubishi L200 mit Campingaufbau.

Mitsubishi L200 mit Campingaufbau.

Foto: Autoren-Union Mobilität/Mitsubishi


Mitsubishi L200 mit Feuerwehr-Aufbau.

Mitsubishi L200 mit Feuerwehr-Aufbau.

Foto: Autoren-Union Mobilität/Mitsubishi