Interview Andreas Marx: „Wir werden weiter wachsen“

Opel gehört zu den Gewinnern auf dem Heimatmarkt. Die deutsche Marke im Stellantis-Konzern konnte ihren Marktanteil zuletzt ausbauen und setzt auch in den kommenden Jahren auf Wachstum. Über die Zukunft der Marke, die in diesem Jahr ihr 120-jähriges Bestehen feiert, sprach Walther Wuttke von der Autoren-Union Mobilität mit Deutschland-Chef Andreas Marx.

Herr Marx, in der Zulassungsstatistik des vergangenen Jahres hat Opel als einzige Volumenmarke zugelegt. Haben Sie ein besonderes Erfolgsgeheimnis?

„Das vergangene Jahr war bei uns durch die neue Ausrichtung unseres Produktportfolios gekennzeichnet. Unser Pace-Plan hatte zum Ziel, elektrisch und global zu werden, aber vor allem wieder in die Gewinnzone zu kommen. Das haben wir relativ schnell erreicht. Gleichzeitig konnten wir zahlreiche Investitionen in neue Produkte realisieren. Im vergangenen Jahr haben wir neue Modelle wie Mokka und Crossland auf den Markt gebracht, jetzt den neuen Astra. Im Nutzfahrzeugbereich haben wir den neuen Movano und mit dem Rocks-e eine ganz neue Form urbaner Mobilität vorgestellt. Geholfen hat natürlich auch, dass der Corsa zum meistverkauften Kleinwagen Deutschlands avancierte. Das alles hat dazu beigetragen, dass wir im Jahr 2021 – trotz aller Herausforderungen in den Lieferketten und der globalen Halbleiterkrise – zur wachstumsstärksten Volumenmarke auf dem deutschen Automobilmarkt geworden sind und unseren Marktanteil auf 6,2 Prozent ausgebaut haben.“

Der neue Astra steht auf der Stellantis Plattform EMP2, die auch von den anderen Marken genutzt wird. Wie haben Sie die Opel-DNA integriert?

„Die Plattform lässt sich für die verschiedenen Marken sehr flexibel einsetzen. Für den neuen Astra bedeutet diese Flexibilität, dass die Opel-Bedürfnisse und -Ansprüche umgesetzt werden konnten und in die Entwicklung eingeflossen sind. Dazu gehören unter anderem die Präzision der Lenkung, die Abstimmung des Feder-Dämpfer-Systems und die Karosseriesteifigkeit. Am Ende geht es darum, wie sich ein Opel – auch im Vergleich zu anderen Stellantis-Marken – anfühlt, wie er sich fährt, etcetera. Auch die Merkmale der Sitze sind Opel-spezifisch definiert. So legen wir unter anderem eine andere Polstersteifigkeit fest und suchen immer nach weiteren Vorteilen für unsere Kunden. Übrigens haben wir ob der vielfältigen Einstellmöglichkeiten die Zertifizierung unserer Sitze durch die Aktion Gesunder Rücken für den neuen Astra erhalten. Schon im Lastenheft für ein neues Modell wird die Opel-DNA fest verankert.“

Ist Opel jetzt eigentlich vollkommen unabhängig? Es gab ja Zeiten, als Dinge in Detroit festgelegt wurden und Rüsselsheim nicht gehört wurde.

„Wir sind eine eigenständige und klar differenzierte Marke im Stellantis-Konzern. Dies ist wichtig und sinnig zugleich. Wir stehen ja durchaus auch im Wettbewerb zueinander.“

Welche Rolle spielt Opel im Stellantis-Konzern?

„Als einzige deutsche Marke im Konzern haben wir eine sehr gute Ausgangsposition. Deshalb haben wir auch das Ziel, die typischen Opel-Eigenschaften so herauszuarbeiten, wie der Kunde das von uns erwartet. Das reicht von der Fahrwerksabstimmung bis zu den Sitzen – in einem Opel fährt und sitzt man eben, wie sich das für einen Opel gehört. Opel hat in Sachen Technologien ein eigenes Profil. Ein wichtiger Baustein ist dabei beispielsweise auch unser Intellilux Pixel-Licht, das wir als einen Kern unserer DNA entwickelt haben. Dies ist auch ein Beispiel für die Differenzierung.“

Opel will im Jahr 2028, also in gerade sechs Jahren, eine vollelektrische Marke sein. Doch dann wird es noch Märkte geben, die Modelle mit Verbrennungsmotoren verlangen. Wird es dann eine eigene Produktion für diese Märkte geben?

„Ich gehe davon aus, dass sich die Märkte wesentlich dynamischer in Richtung Elektrifizierung entwickeln werden als wir uns das heute vorstellen können.“

Der nächste Astra wird nach diesen Plänen dann aber als vollelektrisches Modell kommen?

„Zunächst kommt der aktuelle Astra schon im nächsten Jahr in einer Elektrovariante auf den Markt. Ab 2023 wird der Astra als Benziner, Diesel, Plug-in-Hybrid und als Elektromodell angeboten. Über diesen Lebenszyklus werden wir dann erleben, wie sich diese verschiedenen Antriebsarten in Deutschland und Europa verteilen. Vom Jahr 2028 an sind wir in Europa komplett elektrisch.“

Bei der Elektrifizierung der leichten Nutzfahrzeuge haben Sie bereits die gesamte Flotte elektrifiziert und sind dort bereits wesentlich weiter als bei den Personenwagen. Was ist der Treiber dieser Entwicklung?

„Die typischen Mobilitäts- und Nutzungsprofile im gewerblichen Bereich kommen der Elektrifizierung sehr entgegen. Die letzte Meile in der Logistik gehört dazu, aber auch der Handwerker mit seinem überschaubaren Tages-Fahrpensum. Und irgendwann stellt sich ja auch die Frage, ob Gewerbetreibende mit Verbrennerfahrzeugen überhaupt noch in die Innenstädte dürfen. Darauf müssen sich die Unternehmer ein- und entsprechend umstellen. Wir stehen in diesem Segment noch am Anfang, registrieren aber eine gute Nachfrage. Und wir sehen dabei einen Nebeneffekt: Wer unsere elektrischen leichten Nutzfahrzeuge fährt, erlebt auf diese Weise womöglich elektrische Mobilität zum ersten Mal. Das könnte die nötige Überzeugungsarbeit leisten, später auch privat auf ein elektrisches Fahrzeug umzusteigen.“

Den Wasserstoffantrieb setzt Opel bisher ausschließlich beim Vivaro ein. Hat diese Technik bei Personenwagen eine Chance?

„Wir sehen zur Zeit in der Tat beim Wasserstoffantrieb die größten Chancen im Nutzfahrzeugbereich, wo sich diese Technik gut integrieren lässt. Die Akzeptanz steigt auch deshalb, weil sich der Tank mit geringem Zeitaufwand füllen lässt und größere Reichweiten möglich sind.“

Wann wird Opel wieder emotionalere Modelle auf den Markt bringen?

„Wir haben bereits bekanntgegeben, dass wir einen Manta-e auf die Straße bringen werden. Ich halte auch den neuen Astra und den Mokka für emotionale Fahrzeuge, und den Rocks-e darf man ebenfalls nicht unterschätzen. Die Menschen, vor allem die junge Zielgruppe, die ihn erleben, sind nach unserer Erfahrung und Einschätzung regelrecht elektrisiert von dieser Art der Mobilität. Das gilt vor allem in den Städten, aber auch auf dem Land ist dieses Modell eine echte Alternative, um mobil zu bleiben. Auch im gewerblichen Bereich sehen wir beachtliches Potenzial, beispielsweise Kurier- und Pizzadienste. Die dritte Zielgruppe ist die ältere Generation, die auf diese Weise mobil bleibt und dadurch zusätzliche Lebensqualität gewinnt.“

Wo sehen Sie Opel in fünf Jahren?

„Wir sind im vergangenen Jahr gewachsen, und wir wollen auch in den nächsten Jahren wachsen.“ (Walther Wuttke, cen)


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Andreas Marx.

Andreas Marx.

Foto: Auto-Medienportal.Net/Opel