Fakten für die Verbrenner-Diskussion: Ein provokanter Leitfaden

Befürworter gaben sich nach der Abstimmung im EU-Parlament nur wenig Mühe, ihren Triumph über das sogenannte „Verbrennerverbot“ zu verbergen. Gemeinsam, fraktions- und länderübergreifend war der batterieelektrische Personenwagen als einziger Ausweg aus der Klimakrise festgeschrieben worden. Doch jetzt regt sich offener Widerstand in Deutschland, Italien, Polen, Bulgarien, bei Verbänden und Herstellern. Ein Shitstorm braust über das Land. Jetzt sollte jeder gewappnet sein. Deswegen hier noch einmal die entscheidenden Argumente:

Die einen nennen es Ziel, die anderen eine Utopie: Bis 2035 sollen in Deutschland 15 Millionen batterieelektrische Autos zugelassen werden. Heute sind es vielleicht schon mehr als 800.000. Deutschland ist ein reiches Land. Wir werden es schaffen, unsere Lieferketten für Batterieingredienzen, fertige Zellen und ganze Batterien auch ohne China und im Wettbewerb zum Beispiel mit den asiatischen Automobilherstellern zum Laufen zu bringen. Bis dahin haben wir die Kohleverstromung auch so weit heruntergefahren, dass ein Elektroauto tatsächlich weniger CO2 emittiert als ein Diesel. Wir werden auf diese Leistung stolz sein. Doch gerade dieser Tage erreichte uns die Meldung, in Deutschland sind zum ersten Mal mehr als 60 Millionen Kraftfahrzeuge zugelassen.

Fakt ist deshalb: 2035 fahren immer noch drei von vier Kraftfahrzeugen mit Verbrennungsmotoren.

Nicht erst der Angriff der Russen, auch der Klimawandel haben dafür gesorgt, dass der Schutz der Menschen vor schädlichen Abgasen in den Hintergrund getreten ist. Der Menschen wegen hatten Umweltpolitiker im Anfang der Diskussion Fahrzeuge gefordert, die keine schädlichen Abgase ausstoßen. In der Sprache der Gesetzgeber wurde daraus die Pflicht zu „emissionsfreien“ Automobilen. Damit sind alle Autos mit Auspuff verboten, einerlei ob nun Veilchenduft, reines Wasser oder das Kohlendioxid heraustritt, das für die Herstellung des Kraftstoffs verwendet worden war und nun wieder freigegeben wird. Wir haben Verfahren, die aus Pflanzenresten, grünem Wasserstoff und Strom das Benzin sowie Diesel für Auto und Schiff und sogar Kerosin für die Jets ermöglichen – klimaneutrale e-Fuels.

Trotzdem wird dieser Fakt oft unterdrückt: Nicht der Verbrennungsmotor ist schlecht fürs Klima. Es sind die Kraftstoffe, die wir ihm einfüllen.

Gerade vergangene Woche reklamierte der Bundesverband der Luft- und Raumfahrtindustrie (BVLR) die e-Fuels für sich. Denn die flüssigen alternativen Kraftstoffe lassen sich behandeln wie das fossile Kerosin. Technische Änderungen an der Infrastruktur oder an den Flugzeugen sind kaum nötig. Dasselbe gilt für den e-Schiffsdiesel und den e-Kraftstoff für den Lkw. Diese Art der Verwendung von alternative Kraftstoffen fördert die Europäische Union ausdrücklich. Nur für den Pkw lehnt die EU dieselben Kraftstoffe aber strikt ab, mit der Begründung, sie seien für dem Privatwagen zu uneffektiv und zu teuer.

Für Brüssel ist Fakt: Der nützliche Verkehr erhält alternative Kraftstoffe, dem persönlichen (unnützen) Verkehr wird er vorenthalten.

Mit der Entscheidung gegen die e-Fuels entsteht ein Gegensatz zwischen Stadt und Land. Auf dem Land hat die Elektromobilität eine Chance, die sie in der Stadt nicht hat, weil die übliche Bebauung mit Einfamilienhäusern das Laden von Elektroautos im privaten Umfeld erleichtert. Das fehlt in der Stadt immer noch flächendeckend. Dafür hat der Städter Bus und Bahn, aber auch in aller Regel die kürzeren Wege. Das Ergebnis der jüngsten Wahl in Berlin wird auch so interpretiert: Die grüne Verkehrspolitik gefiel nur im Zentrum. In den ländlich geprägten Außenbezirken fand die grüne Verkehrsbehinderungspolitik mit ihrer Mischung aus Straßensperrungen, Verweigerung von Neubauten, Fahrrad-Schnellwegen keine Chance.

Und so wird Fakt: Wir spalten die Bürger dieses Landes in S-Bahn-Nutzer und Landeier.

Doch die Spaltung unserer Gesellschaft wird weitergehen. Die Bereitschaft, Elektroautos zu kaufen, könnte größer sein. Wenn wir die 15 Millionen in weniger als zwölf Jahren erreichen wollen, brauchen wir viel mehr echte oder erzwungene Begeisterung mit einem System aus Zug und Druck. Die aktuelle Umweltprämie deckt aber nur einen Teil des e-Aufpreises ab. Da muss der Druck den Erfolg bringen. Das Muster ist auch aus Berlin bekannt: Kosten für Verbrenner hoch, Straßen und Parkflächen sperren, Alternativen wie Zweiräder fördern, Autofahrer gesellschaftlich ächten und so weiter wie bekannt. Und schon ist die Gesellschaft quer geteilt in Ihr da oben und Wir hier unten.

Fakt: Aus unserem Land wird eine Zwei-Klassen-Gesellschaft von privilegierten Autobesitzern und Absteigern, die auf die persönliche Mobilität mit ihrem Auto verzichten müssen. (cen/Rudi Mentär)



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Wahlkreisergebnisse der Berliner Wahl 2023. Die Farben stehen für die Parteien der Kandidaten, die die Wahlkreise gewonnen haben. Die rot-rot-grüne Verkehrspolitik gefiel nur den City-Bewohnern.

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Foto: Autoren-Union Mobilität/Berlin