Wortklauberei (46): Es gibt immer zwei Seiten

Heute fordert der BUND die Verkehrsministerkonferenz dazu auf, Mobilität und Klimaschutz nicht gegeneinander auszuspielen. Das ist eine jener zahlreichen Aussagen, die jeder unterschreiben kann, sei er nun für das Elektroauto oder den Schutz des Klimas.

Antje von Broock, Geschäftsführerin beim Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) erinnerte daran: „Der Weltklimarat IPCC hat diese Woche nochmal unmissverständlich klar gemacht: Beim Klimaschutz zählt jedes Zehntel-Grad Erderwärmung, um katastrophale Folgen zu vermeiden.“ Der IPCC hat auch darauf hingewiesen, dass die Uhr für den Klimawandel schneller tickt als bisher geahnt. Deswegen mag jetzt der Experte einwenden: Wir haben nicht die Zeit, darauf zu warten, bis in der zweiten Hälfte dieses Jahrhunderts die meisten Pkw der Welt elektrisch fahren und dann nennenswert CO2 einsparen.

Von Broock: „Auch die Bundesregierung hat sich auf das Pariser Klimaziel festgelegt und dies im Klimaschutzgesetz festgehalten. Mit Amtsantritt haben sich die Bundesminister*innen verpflichtet, ihre ganze Kraft dem Wohle des deutschen Volkes zu widmen und Schaden von ihm zu wenden. Zum Amtseid gehört auch die Verpflichtung, die Gesetze des Bundes zu wahren.“ Jeder hofft, dass dieser Eid auch in Sachen Mobilität eingehalten wird. Heute sind drei von vier Deutschen gegen das Elektroauto. Viele von denen wissen oder ahnen, dass die Elektromobilität bei uns längst den Charakter eines Symbolthemas hat. Es scheint so verflucht plausibel, der Masse der Autos die Verantwortung zuzuschieben und die Menschen an den Pranger zu stellen, die sie nutzen. Das spart die Suche nach Alternativen. Die Menschen sind es selbst schuld, wenn sie weiterhin Auto fahren wollen.

Von Broock: „Mit unserem Appell wollen wir auch Bundesverkehrsminister Wissing an diese Verpflichtung erinnern und ihn auffordern, endlich den Klimaschutz im Verkehrssektor anzugehen.“ Auch die andere Seite will den Klimaschutz. Wir brauchen endlich einen klimaneutralen Kraftstoff für die 1,5 Milliarden Autos weltweit, keine Trostpflaster für die Gutmenschen in gut situierten Gesellschaften, die sich teure Sonderwege leisten können, auch wenn der Einfluss aufs Klima wenig überzeugen kann.

Von Broock: „Geplante Fernstraßenprojekte müssen auf ihre Klima- und Naturschutzwirkung hin bewertet und die Planungen daran neu ausgerichtet werden. Blindlings schneller und mehr Straßen zu bauen führt uns mit voller Fahrt immer weiter in die Klimakatastrophe.“ Ist da jemand, der widerspricht? Wer will schon blindlings Straßen bauen, es sei denn, er ist Straßenbauunternehmer.

Der BUND-Appell muss nur richtig verstanden werden. Dann bleibt wenig Grund zum Streiten. Trotzdem fühlt sich jedeweils die andere Seite beleidigt von den Unterstellungen, die sie zu lesen vermuten.

Ich habe nur etwas zu bemängeln: den Gender-Stern. (cen/Peter Schwerdtmann)


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Peter Schwerdtmann.

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Foto: Auto-Medienportal.Net