Caravan-Salon 2023: Die Messe ist gelesen

Am Sonntag hat der Caravan-Salon des Jahres 2023 seine Pforten geschlossen. Jetzt wird aufgeräumt und resümiert und dabei ist in der Branche ein vorsichtiges Aufatmen zu vernehmen. 253.000 Besucher haben sich in den vergangenen zehn Tagen ihre Wege durch die Düsseldorfer Hallen gebahnt, das ist keine Rekordzahl, bestätigt aber, dass sich die interessierte Kundschaft weder von dramatisch gestiegenen Preisen noch hohen Zinsen schrecken lässt. Die Verkäufer waren wohl zufrieden, nicht wenige Gäste nutzten den Salon-Besuch, um sich gleich ihr neues Wunschmobil oder den Traumcaravan zu sichern.

Für einen bestimmten Teil der Kunden spielt Geld ohnehin eine eher untergeordnete Rolle. Sie beschweren sich zwar, wenn der Stellplatz zehn Euro Übernachtungsgebühr kostet und die Mülltonne nicht geleert ist, geben aber gewaltige Summen für ihr Reisemobil aus – unter 100.000 Euro geht da oft gar nichts. Immer mehr Interessenten wünschen sich etwa einen Allradantrieb, vor allem der Mercedes-Benz Sprinter aber auch der billigere Ford Transit werden gerne mit dieser Option bestellt und schnell rauscht der Kaufpreis um bis zu 8000 Euro nach oben. Am liebsten wird der Traktionsgewinn mit besonders dicken Geländereifen und teils martialischen Accessoires zu Markte getragen. Die steigern die Kaufsumme nochmal um fast 5000 Euro (Delta Aluminiumräder mit BF Goodrich All Terrain Reifen) oder 1200 Euro (Ansaugschnorchel für Luftfilter für größere Wattiefe). Dass Off-Road-Fahrten in den meisten Teilen Europas tabu sind und die Wüsten Nordafrikas längst kein wirklich zu empfehlendes Reiseziel sind, spielt dabei keine Rolle.

Es gibt aber auch den Wunsch nach mehr Sicherheit. Ohnehin haben sich eine Menge von Assistenten im Zuge der Aufrüstung der Basisfahrzeuge an Bord etabliert, die jüngste Entwicklung gilt der Überwachung des toten Winkels. Bislang war er nur für Kastenwagen im Angebot, Mercedes will ihn künftig auch für große integrierte Mobile fit machen. Auffällig ist der Trend zu pechschwarzen Armaturen in Bad und Küche, vielleicht schätzen Camper es besonders, wenn Kalkablagerungen einfach besser zur Geltung kommen.

Auf der Stelle treten unterdessen Wohnmobile mit elektrischem Antrieb. Zwar zeigen manche Marken Wohnwagen, die speziell für den Betrieb mit einem Batterieauto konstruiert sind, doch beschränkt sich das Angebot bei den Reisemobilen auf einige wenige Exponate des ID Buzz von VW, so etwa der ID Bee von Nordvan. Die hohen Batteriegewichte, die bei größeren Campern für respektable Reichweiten Voraussetzung sind, mindern die Zuladung drastisch und mit 3,5 Tonnen Gesamtgewicht, die mit der Führerscheinklasse B gefahren werden dürfen, kommt man nicht weit. In Vorbereitung ist jedoch eine Gesetzesänderungen seitens der EU, wonach der Führerschein B auch das Führen von Fahrzeugen mit bis zu 4,25 Tonnen zulässigem Gesamtgewicht gestattet. Voraussetzung ist jedoch, dass das Fahrzeug mit einem alternativen Antrieb unterwegs ist, wozu auch Mildhybrid-Systeme zählen. Möglicherweise tritt die Novelle schon nächstes Jahr in Kraft.

Nachdem auch der elektrische Antrieb des Caravans kaum Fahrt aufnimmt, hat Knaus eine Wohnwagenbaureihe entwickelt, die sich mit besonders geringem Gewicht für den Gespannbetrieb mit Elektroautos eignen soll. Der Yaseo 340 PX wiegt unbeladen nur 905 Kilogramm und kostet 22.490 Euro. Die Aerodynamik des Bugs wurde außerdem überarbeitet und die Stirnfläche verkleinert, statt 2,30 Meter ist der Yaseo nur 2,20 Meter breit, die Länge des Einstiegsmodell liegt bei 3,5 Metern, der Yaseo 500 DK misst 5,3 Meter und wiegt 1150 Kilogramm. Sein Preis liegt bei 28.990 Euro. Energie bekommen beide Caravans aus der Batterie des Zugwagens, über das Ladekabel werden Kühlschrank, Klimaanlage und Induktionskochfeld mit Strom versorgt.

Um den Preisschock der jüngeren Vergangenheit weniger abstoßend zu gestalten, setzen einige Hersteller auf Minderausstattung. Weinsberg zeigt den Caralife auf Fiat Ducato, der aufgrund der Blechwand zwischen Wohnraum und Fahrerkabine keinen Durchgang zwischen den Vordersitzen nach hinten hat. Dies lässt neue Grundrissideen zu, so steht die voll ausgestattete Winkelküche vorn im Wohnraum, der hintere Teil mit Hochbett und ausfahrbarem Tisch gefällt mit Lounge-Charakter. Statt Waschraum und Kassettentoilette gibt es einen 32-Zoll-Smartfernseher, die Holztäfelung an den Wänden erinnert an skandinavisches Design. Der Preis liegt jedoch jenseits der Komfortzone, gut 60.000 Euro muss der Caralife-Kunde ausgeben. Unterdessen müssen für Standard-Ausbauten bei anderen Herstellern mindestens 75.000 Euro für ein kompaktes Reisemobil ausgegeben werden.

Ebenfalls ohne Nasszelle aber billiger geht der Yako Go von Dethleffs an den Start. Er nutzt den Ford Transit als Basis und fällt mit seiner 1,85 mal 1,35 Meter großen Heckklappe auf, die den Essensgästen in der Sitzgruppe nicht nur einen Panoramablick ermöglicht, sondern auch als Ladeöffnung für den Transport des Sportgeräts oder als Regenschutz beim Freiluft-Dinner fungiert. Die seitliche Eingangstür hat zwei Flügel und taugt daher ebenfalls für das Beladen. Bad und Dusche sind nicht an Bord, der Basispreis von 46.660 Euro sieht auf den ersten Blick sozialverträglich aus, aber auch beim Yako Go gibt es eine lange Liste mit Sonderausstattungen.

Bürstner macht mit dem Habiton den Renault Kangoo zum Microcamper. Er bekommt ein integriertes Dachzelt und ist mit weniger als zwei Metern Höhe alltagstauglich. Das Zelt wird ebenso die Liegeflächen im inneren mit Pressluft aufgeblasen, die Campingbox mit Kocher, Kühlbox und Spüle im Heck und eine große Zeltmarkise bereiten den Raum fürs Freizeitvergnügen mit Partyzone. Noch ist das Fahrzeug eine Studie, im kommenden Jahr wird er aber vermutlich zum Preis von etwa 40.000 Euro auf die Straßen kommen. (cen/mk)


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Bilder zum Artikel

Caravan-Salon 2023: Hymer Summiteer 6.0.

Caravan-Salon 2023: Hymer Summiteer 6.0.

Foto: Autoren-Union Mobilität/Michael Kirchberger


Caravan-Salon 2023: Weinsberg Caralife.

Caravan-Salon 2023: Weinsberg Caralife.

Foto: Autoren-Union Mobilität/Michael Kirchberger


Caravan-Salon 2023: Dethleffs Yako Go.

Caravan-Salon 2023: Dethleffs Yako Go.

Foto: Autoren-Union Mobilität/Michael Kirchberger


Caravan-Salon 2023: Bürstner Habiton.

Caravan-Salon 2023: Bürstner Habiton.

Foto: Autoren-Union Mobilität/Michael Kirchberger


Knaus Yaseo.

Knaus Yaseo.

Foto: Autoren-Union Mobilität/Michael Kirchberger


Caravan-Salon 2023: Totwinkel-Überwachung an einem Reisemobil.

Caravan-Salon 2023: Totwinkel-Überwachung an einem Reisemobil.

Foto: Autoren-Union Mobilität/Michael Kirchberger


Caravan-Salon 2023.

Caravan-Salon 2023.

Foto: Autoren-Union Mobilität/Michael Kirchberger