Praxistest Seat Mó 50: Ein Kilometer gleich ein Prozent

Seat, einst jahrelang Sorgenkind im Volkswagen-Konzern, hatte es zuletzt erneut nicht leicht: Machte doch kürzlich die Äußerung von VW-Markenchef und Seat-Aufsichtsratsvoritzendem Thomas Schäfer die Runde, wonach die Zukunft des Unternehmens vor allem im Sportableger Cupra liege und die Kern- eher zur Mobilitätsmarke weiterentwickelt werde. So hat Seat bereits seit dreieinhalb Jahren den Elektro-Leichtkraftroller Mó 125 im Programm. Nun ist noch die 45-km/h-Version Mó 50 dazugekommen.

Optisch unterscheidet sich der Kleinkraftroller der Kategorie L1e nicht vom großen Bruder. Bei beiden handelt es sich um die Adaption des entsprechend umetikettierten Silence S01 aus dem Seat-Heimatland Spanien. Eine klassische Win-win-Situation: Der Autobauer kommt zu einem ausgereiften Motorroller, und der hierzulande unbekannte Zweiradhersteller erschließt sich unter einem prominenten Namen rasch neue Märkte.

Keine Frage, der Seat Mó ist ein gut gemachter Roller, dem es weder an Wetterschutz noch an Stauraum mangelt. Zwar findet im an sich üppigen Fußraum keine große Getränkekiste Platz, ein Sixpack oder die Einkaufstasche dürfen dort aber gerne mit auf die Reise. Dafür passen in das großzügig bemessene 45-Liter-Staufach unter der Sitzbank tatsächlich zwei Integralhelme – das versprechen viele und auch größere Motorroller, halten es in der Regel aber nicht. Der obligatorische Gepäckhaken ist natürlich vorhanden, zudem finden sich linksseitig zwei USB-A-Anschlüsse. Die Frontverkleidung bietet guten Schutz vor der Witterung, was ebenfalls nicht immer selbstverständlich ist. Die serienmäßige kleine Scheibe lässt sich bei Bedarf durch ein wetterfesteres und deutlich höheres Windschild aus dem Zubehör ersetzen.

Das übersichtliche Cockpit mit Powermeter informiert neben der Batteriekapazität und der Geschwindigkeit auch über Uhrzeit und Außentemperatur, die beiden Tripmaster geben die zurückgelegte Entfernung sogar bis auf den Meter genau an. Abgerufen werden können auch Motor- oder Batterietemperatur. Die beiden Bremshebel sind einstellbar, die Sitzfläche fällt für Fahrer und Sozius üppig aus. Die zweifarbige Sitzbank trägt ebenso zum noblen Erscheinungsbild bei wie der Klavierlack an vorderem Kotflügel und den hinteren Haltegriffen. Dazu kommt in unserem Fall die schicke Metallic-Matt-Farbgebung Tarifa Blau.

Seine Typenbezeichnung 50 darf der spanische Elektroroller durchaus zu Recht tragen. Zwar ist die Höchstgeschwindigkeit in dieser Klasse bekanntermaßen auf 45 km/h begrenzt, aber auf dem Tacho stehen bei voll aufgedrehtem Griff meistens 51 oder 52 km/h. Oder man sieht es analog zum maximal erlaubten Hubraum in dieser Klasse: 50 Kubik. Erst bergab setzt bei 53 km/h auf dem Tacho die Elektronik schnellerem Vorankommen einen Riegel vor. Dafür nimmt der Kleinkraftroller mit seinen vier kW (5,5 PS) Dauer- und sieben kW (9,5 PS) Spitzenleistung wacker normale Steigungen ohne große Leistungseinbußen. Das Fahrverhalten des wendigen Seat mit 15-Zoll-Vorder und 14-Zoll-Hinterrad ist tadellos.

Der „Eco“-Modus hingegen begrenzt den Vorwärtsdrang rigoros auf Tempo 30 und empfiehlt sich letztendlich nur für die gleichnamigen Zonen, wenn man nicht noch mehr als ohnehin schon in dieser Fahrzeugklasse als Verkehrshindernis wahrgenommen werden will. In seltenen Fällen kann die unterste Fahrstufe vielleicht aber auch einmal als Reichweitenverlängerer herhalten, falls es doch einmal knapp mit der Akkukapazität werden sollte – gut 40 Prozent mehr Aktionsradius lassen sich im Spar-Modus herausholen. Das kann für die letzten Kilometer nach Hause durchaus schon einmal entscheidend sein – auch wenn das bei dem einfachen Verhältnis von Reichweite und Akkukapazität her unwahrscheinlich ist. Denn die Rechnung beim Mó ist denkbar einfach: Mit einem Prozent der gespeicherten Energie kommt er einen Kilometer weit, schafft also mit einer vollen Ladung ziemlich exakt 100 Kilometer. Dass dies ebenso in der Einstellung „Sport“ halbwegs aufgeht, liegt an der stärkeren Rekuperation, die im Standardmodus City kaum vorhanden ist. In der höchsten Fahrstufe gibt es auf jeden Fall einen spürbaren Extraschub beim Ampelsprint. Am Topspeed ändert sich nichts, der im Idealfall nun aber immerhin in 3,8 Sekunden erreicht ist. Doch auch schon im Stadt-Modus fährt der Mó auf den ersten Metern vielen Autos an der Kreuzung davon. Die auf der Internetseite angegebene maximale Reichweite von bis zu 172 Kilometern dürfte allenfalls für die Eco-Stufe gelten.

Wie schon vom Mó 125 bekannt, verfügt natürlich auch der leistungsschwächere, aber baugleiche Roller über die einzigartige Trolley-Batterie. Beim seitlichen Herausrausziehen des Akkus klappen automatisch zwei Rollen heraus, mit denen man den 41 Kilogramm schweren Stromspender hinter sich herziehen kann. Wer nicht im Erdgeschoss im eigenen Haus, sondern in einer Mietwohnung lebt, der muss dann allerdings auf einen Fahrstuhl hoffen. Von dem Patent dürften vor allem Sharing-Anbieter profitieren, die ihre Mó-Flotte mit einem Wechselakku schnell wieder flott bekommen.

Seat gibt für eine volle Batterie eine Ladezeit von sechs bis acht Stunden an. Wir kamen auf etwa 13 Prozent Nachschub pro Stunde. Das passt also. Der Ladefortschritt lässt sich dabei übrigens schon von weitem erkennen. Ein LED-Lichtring an der linken Seite zeigt nicht nur an, dass geladen wird, sondern auch wie viel Energie ungefähr schon wieder im Akku steckt: Ein viertel Kreis steht für 25 Prozent, der halbe für 50 Prozent und so weiter.

Fazit: Der Seat Mó ist auch als 50er-Roller ein konzeptionell durchdachtes Fahrzeug mit hohem Nutzwert. Preislich liegt er mit 5950 Euro im Wettbewerbsumfeld im oberen Bereich. Das ist aber aufgrund seiner sehr guten Ausstattung, dem Platzangebot, dem einzigartigen Akku-System und seiner europäischen Herkunft gerechtfertigt. (cen)


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Seat Mó 50.

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Foto: Autoren-Union Mobilität


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