Praxistest Dacia Spring: Elektriker zum Schnäppchenpreis

22. November 2023 Von Guido Borck, cen

Der Aktionsradius unsereres Testwagens liegt mit einer Batteriefüllung bei maximalen 220 Kilometern nach WLTP, da es die kräftigere Ausführung mit 48 kW (65 PS) ist. Trotzdem bleibt der Rumäne immer noch ein Schnäppchen unter den Stromern. Er kostet inklusive Elektrobonus attraktive 17.373 Euro. Wobei die Bezeichnung Rumäne nicht ganz stimmt, weil der Dacia aus einer Kooperation mit dem chinesischen Hersteller Dongfeng stammt. Er wird in Wuhan gebaut und im Reich der Mitte sowohl als Dongfeng Fengguang E1 wie auch als Renault K-ZE (Kay-Zee) verkauft.

Extreme? Die Rumänen haben Humor

Dacia bietet die kräftigere Spring-Variante ausschließlich in der höchsten Ausstattungslinie an. Dabei beweisen die Rumänen einen gewissen Sinn für Humor, denn die Topversion trägt die Zusatzbezeichnung Extreme. Trotz seiner vollmundigen Namensgebung geht der Dacia Spring Extreme jedoch nicht bis ans Äußerste, sondern bleibt mit einigen exklusiven Ausstattungsdetails dezent auf dem Boden.

So gibt sich der Spring Extreme an seinen kupferfarbenen Dekor an den Außenspiegeln sowie der Dachreling zu erkennen, während der Innenraum mit weiteren Kupferelementen verziert wurde. Serienmäßig bringt er ein Multimedia-Navi mit sieben Zoll großem Touchscreen mit. Darüber hinaus sind eine Rückfahrkamera sowie weitere elektrische Helfer für die Fenster und Spiegel ebenfalls mit an Bord. Auch eine manuelle Klimaanlage zählt zum werksseitigen Lieferumfang.

In Sachen Ausstattung bringt Deutschlands günstigstes Elektroauto also bereits schon alles Wesentliche mit. Das gefällt. Abstriche müssen hingegen an anderen Stellen gemacht werden. So herrscht rund ums Cockpit eine triste Hartplastik-Landschaft. Außerdem sitzen der Fahrer und Beifahrer nur auf einfachem Gestühl, dem es an Seitenhalt fehlt. Und da der Elektro-Zwerg nicht nur in der Länge kurz ist, sondern auch in der Breite recht schmal ausfällt, thronen die beiden Vorsitzenden außerdem eng nebeneinander.
Während das Platzangebot vorne noch passabel ausfällt, geht es für die Passagiere im Fond bedeutend enger zu. Dort reicht der knapp bemessene Knieraum allenfalls für Kleinkinder. Sofern Erwachsene überhaupt ihre Beine hinter die Vordersitze einfädeln können, fühlen die sich massiv eingeengt und höchstens auf der Kurzstrecke einigermaßen wohl. Zumindest geht das Kofferraumvolumen mit bis 1100 Litern in Ordnung.

In der Stadt spielt der Dacia seine Trümpfe aus

Daher empfiehlt sich der Dacia Spring eher als Kleinstwagen für die gefestigte Zweier-Beziehung. Zumal die Zuladung mit nur 250 Kilo (inklusive Fahrer) für einen Viersitzer viel zu gering ausfällt und die Dachreling zu einer schmucken Zierleiste verkümmert, da sie partout keine Lasten tragen darf. Wer sich damit arrangieren kann, lernt den Dacia spätestens bei der Parkplatzsuche zu schätzen. Dank seiner kurzen Abmessungen lässt sich der wendige Rumäne nahezu in jede Parklücke bugsieren.

Ob denen ein Starter-Knopf zu teuer war? Um den Stromer zum Leben zu erwecken, dient ein ganz gewöhnlicher Zündschlüssel der konventionell gedreht werden muss. Anschließend wird über den Drehregler auf der Mittelkonsole die Fahrstufe eingelegt. Da er keine dezidierte Parkposition hat, muss beim Abstellen immer die mechanische Handbremse angezogen werden. Ziemlich ungewöhnlich und leicht antiquiert für ein modernes Elektroauto. Jedoch lassen sich diese Eigenheiten bei so einem günstigen Schnäppchenpreis leicht verschmerzen.

Der Spring legt flott los

Beim Fahren hat das kleine Elektromotörchen mit dem Dacia ein leichtes Spiel. Zwar fällt die Leistung auf dem Papier eher bescheiden aus, doch wiegt der Spring auch nur eine Tonne und ist für einen Stromer ein richtiges Leichtgewicht. Dementsprechend flott schwimmt der Rumäne im Verkehr mit. Einzig bei höherem Tempo wünscht man sich vom Antrieb mehr Durchzugskraft. Er beschleunigt in überschaubaren 13,7 Sekunden auf die 100er-Marke und bei 125 km/h setzt die Elektronik zugunsten der Reichweite einen elektronischen Riegel vor.

Apropos Reichweite. Die angegebenen 220 Kilometer schafften wir nicht ganz. Der realistische Aktionsradius mit Stadt und Landstraße sowie Autobahnanteil liegt im Schnitt bei 180 Kilometern. Wer den Dacia Spring jedoch nur in der City bewegt, kommt westlich weiter. Unter besten Bedingungen und bei normalen reicht die Akkuladung dann locker für 250 Kilometer. Überhaupt liegt das Revier des Dacia überwiegend in der Stadt. Überlandfahrten oder Touren über die Autobahn bereiten mit ihm wenig Freude, da das Fahrwerk ähnlich schwammig anspricht wie die indifferente Lenkung. Das ist schade.

Auch für das Laden benötigt der Dacia viel Zeit. Damit der kleine Akku mit einer Kapazität von 26,8 kWh wieder randvoll befüllt wird, vergehen an einer Wallbox fast 8,5 Stunden. An einer CCS-Schnellladestation geht´s zwar um einiges schneller, da der Spring jedoch nur mit einer Ladeleistung von 30 kW nuckelt, dauert es fast eine Stunde. Dann ist das Speicherdepot von 0 auf 80 Prozent hoch gepuscht.

So erhält man mit dem Dacia Spring Extreme 65 zwar ein überaus günstiges Elektroauto, bei dem aber auch einige Abstriche in Kauf genommen werden müssen. Oder man wartet einfach auf den Nachfolger, denn Dacia hat bereits für 2024 einen neuen Spring angekündigt. Und der dürfte sicher um einiges besser und moderner werden. (cen)

Daten Dacia Spring Extreme Electric 65

Länge x Breite x Höhe (m): 3,73 x 1,77 x 1,51
Radstand (m): 2,42
Antrieb: Elektromotor, FWD, 1-Gang-Getriebe
Leistung: 48 kW / 65 PS bei 4050–6000 U/min
Max. Drehmoment: 113 Nm bei 500–4060 U/min
Höchstgeschwindigkeit: 125 km/h
Beschleunigung 0 auf 100 km/h: 13,7 Sek.
WLTP-Durchschnittsverbrauch: 14,5 kWh
Batteriekapazität: 26,8 kWh
WLTP-Reichweite: 220 km
Leergewicht / Zuladung: min. 1050 kg / max. 250 kg
Kofferraumvolumen: 290–1100 Liter
Basispreis: 24.550 Euro

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