Praxistest La Strada Avanti L: Für alle Jahreszeiten gerüstet

Das Kind hat keinen Namen. Während die Bezeichnungen anderer Klassen in der Welt der Reisemobile als Alkoven oder Teilintegrierter auf Akzeptanz stoßen, ist den Herstellern der Begriff Kastenwagen für ein ausgebautes Transportfahrzeug nicht mehr fein genug. Camper-Van oder gar CUV (für Camping Utility Vehicle) sind vorschlagsweise in Umlauf. Dabei zählt diese Spezies zu den meistverkauften Campingfahrzeugen.

Bleiben wir also beim Kastenwagen und wenden uns einem besonders gelungenen Vertreter seiner Art zu. Avanti heißt das knapp sechs Meter lange Urlaubsvehikel und stammt aus der kleinen aber feinen Werkstatt von La Strada in Echzell, welches wiederum in der hessischen Wetterau liegt. Reisemobil-Manufaktur nennt sich die Marke selbst und tatsächlich ist die Jahresproduktion mit 330 Fahrzeugen eher überschaubar.

Einst hat La Strada vornehmlich Transporter von Mercedes-Benz ausgebaut, seitdem auch der Fiat Ducato als Basisfahrzeug genutzt wird, gehören Lieferzeiten zum Serienstandard. Das liegt vor allem an den umfangreichen Individualisierungsmöglichkeiten, die der Hersteller anbietet. Rund zehn verschiedene Möbeldekore sind im Programm, dazu kommen weitere kontrastierende Farben von dezent bis bunt für die Möbelklappen und Schranktüren. Wer zusätzlich mit den vielfältigen technischen Spezialitäten sein Wunschmobil konfiguriert, kann beinahe sicher sein, dass er übers Jahr betrachtet keinen Doppelgänger finden wird.

Ausgebaute Kastenwagen sind nicht gerade die Klassiker fürs Wintercamping. Aber als der Wettermann im Fernseher dann doch eine Winterwelle auch in tieferen Lagen ankündigte und anschließender Sonnenschein in den Mittelgebirgen vorweihnachtlichen Glanz verbreiten sollte, haben wir uns auf den Weg in den Taunus gemacht. Verschneite Parkplätze waren mangels offizieller Übernachtungsangeboten unser Zuhause, zwar haben eifrige Gemeindevertreter die meisten von ihnen mit dem Zusatzschild „nur Pkw“ versehen, doch ist nach jüngster Juristen-Meinung und Rechtsprechung ein Wohnmobil mit einem solchen vor dem Gesetz gleichgestellt. Dennoch stellen wir uns nicht in die erste Reihe, denn die frühmorgendliche Diskussion mit dem übereifrigen Feldschütz wollen wir uns ersparen.

Die Avanti L ist seit mehr als 25 Jahren im La-Strada-Programm und hat vier gurtgesicherte Sitze für Mitfahrer sowie zwei Schlafplätze an Bord. Als Isolierung sind innen Thermomatten an das Aufbaublech geklebt, auch die samtige Innenverkleidung an Dach und Wänden schützt vor Kälte. Alles weitere überlassen wir der Truma Combi 4, die mit bis zu 4000 Watt den Innenraum per Warmluft heizt und dabei mindestens 160 Gramm Gas in der Stunde verbraucht. Zweimal elf Kilogramm speichern die Flaschen an Bord, das reicht theoretisch für fast 140 Stunden Betrieb. In der Praxis aber dürfte die Batterie sehr viel früher erschöpft sein. Auch wenn der AGM-Akku 150 Ah speichert, Licht, Wasserpumpe und der Kompressor-Kühlschrank nuckeln ebenfalls an seinen Zellen.

Passend positioniert

Die verschließbaren Luftauströmer sind passend positioniert. Einer wärmt das Fußende des hinten quer angeordneten Doppelbetts (1,97 mal 1,45 Meter). Auch die Essecke um die Halbdinette und das Fahrerhaus werden versorgt. Die Nasszelle mit ihrer komfortabel nutzbaren Kassetten-Toilette und einem gut zugänglichen Waschbecken hat einen eigenen Ausströmer. Im verspiegelten Schrank finden die üblichen Hygiene-Accessoires mühelos Platz, auch beim Duschen herrscht keine Raumnot. Einzig der Duschvorhang ist knapp geschnitten, gerne schmiegt er sich an die nasse Haut und behindert die Körperpflege. Besser ist es, ihn wegzulassen, die Wände sind mit pflegeleichtem Kunststoffdekor in der jeweilig gewählten Variante bezogen und dank perfekter Silikonarbeiten an allen Fugen dicht. Die Duschtasse im Boden hat zwei Abläufe, auch wenn der Avanti mal nicht völlig waagerecht steht, gibt es also keine Restwasserpfützen. Die Flügeltür mit Magnetverschlüssen ist ebenfalls spritzwassergeschützt, während der Fahrt klappert sie wie die Klappen und Deckel der übrigen Einbauten auch bei schlechter Wegstrecke kaum.

Zwei sehr spezielle Details sorgen im Avanti für verbesserte Reise- und Wintertauglichkeit. Da wäre zunächst die variable Rückenlehne der Halbdinette, die sich um ein paar Grad neigen lässt und so eine optimale Oberkörperhaltung beim angeschnallten Mitfahren oder entspannten Dinner erlaubt. Das findet sich eben nur in Premiummobilen. Fürs Campen bei Kälte hingegen leistet ein Vorhang, gute Dienste, der Bett und Bad nicht nur optisch sondern auch thermisch vom Vorderwagen trennt. Der blickdichte Stoff erlaubt auch den Verzicht auf den Einsatz der Verschattungsjalousien im Fahrerhaus, die Scheiben bleiben daher länger kondenswasserfrei.

Unter den gläsernen Abdeckungenen des Küchenblocks finden sich eine Edelstahlspüle und zwei Gasbrenner mit Zündautomatik. Die Arbeitsfläche lässt sich mit einer Klappe nach vorne verlängern, was allerdings den Ein- oder Ausstieg durch die seitliche Schiebetür des Ducato verengt. Der 80-Liter-Kühlschrank ist auf Augenhöhe und als Raumteiler zwischen Pantry und Schlafbereich eingebaut. Wer 456 Euro extra investiert, bekommt statt des Absorbergeräts ein leistungsfähiges Kompressorsystem.

Der Tisch der Halbdinette mit ihren angenehm straffen Polstern wird nach dem Drehen der beiden bequemen Sitze im Fahrerhaus zur Essecke für vier, die doppelte und verschiebbare Tischplatte erlaubt nicht nur opulente Menüfolgen sondern leistet auch als Arbeitsfläche gute Dienste. Hilfreich sind in allen Fällen die dimmbaren LED-Lichtleisten, die ganz nach Stimmung einen mollig warmen Farbton abgeben oder die Abendlektüre altersfreundlich erhellen. Stauraum für die Bordbibliothek gibt es in zwei Dachschränken, ein weiteres großes Fach ist über den Sitzen im Fahrerhaus eingebaut.

Zügig unterwegs

Motorisiert mit dem 140 PS (103 kW) starken Vierzylinder-Diesel kann der Avanti zügig unterwegs sein. Tempo 160 als Höchstgeschwindigkeit schafft die 2,3-Liter-Maschine mühelos, wer eine Sat-Anlage auf dem Dach hat, sollte sich mit 130 km/h begnügen, empfiehlt der Hersteller. Die Geräuschentwicklung des Motors ist dezent, der Verbrauch bei entspannten Fahrten auf den Landstraßen gering. Zu danken ist dies nicht zuletzt dem ökonomischen Schaltverhalten der neunstufigen ZF-Automatik, die dem Fiat das Sparen beibringt. 8,4 Liter Diesel verlangt der Avanti im Schnitt auf 100 Kilometer, zusammen mit dem 90-Liter-Tank, den es im Technik-Paket dazu gibt, wird er zum Reichweitenmeister.

Das Fahren auf schneebedeckter Straße funktioniert mit den Ganzjahresreifen von Continental weitgehend sicher. Die Achtung vor dem Gewicht des Campers sollte aber vor allem bei Gefälle nicht verloren gehen, denn beladen brachte unser Testwagen gut 3350 Kilogramm auf die Waage, und die drücken ziemlich, wenn die Fahrbahn glatt ist. Hilfreich ist die Kriechfunktion der Automatik, die selbstständig ein gewähltes Tempo beibehält. Die Traktion lässt sich ebenso kontrollieren, zumindest auf den nicht geräumten Flächen unserer Übernachtungsstätten kam der Ducato immer mühelos aus den Startlöchern.

Bei einer Länge von 5,99 Metern gilt der Avanti L noch als kompakter Camping-Van. Was das Fahren in der Stadt eher mühevoll macht, ist der 4,04 Meter lange Radstand, der den Wendekreis vergrößert und das Rangieren erschwert. 2,65 Meter Höhe verbieten überdies den Besuch von Parkgaragen. Dennoch kommt der Fiat sicher durch die City, eine Rückfahrkamera und Parksensoren helfen dabei.

Die Konfiguration des eigenen Traummobils gibt es jedoch nicht zum Nulltarif. Für unseren Avanti L stand ein Basispreis von fast 70.000 Euro auf der Rechnung. Auf gut 28.000 Euro haben sich die Extras summiert, allein die Solar- und Sat-Anlagen, die Automatik und eine Markise machen schon rund 12.000 Euro aus. Dennoch ist die Produktion bei La Strada mehr als gut ausgelastet, mit bis zu sechs Monaten Lieferzeit muss gerechnet werden. Dann aber steht dem Urlaubsvergnügen nichts mehr im Weg in einem vorzüglich verarbeiteten Premiumreisemobil, dessen durchdachte und daher überaus taugliche Ausstattung die Ferienfahrt auch im Winter zum Genuss macht und sich am Ende gewiss nicht nachteilig auf den Wiederverkaufspreis auswirkt. (cen)

Daten La Strada Avanti L

Länge x Breite x Höhe (m): 5,99 x 2,05 x 2,65
Radstand (m): 4,04
Antrieb: 4-Zyl.-Turbodiesel, 2287 ccm, FWD, Aut.
Leistung: 103 kW/140 PS bei 3800/min,
Max. Drehmoment: 380 Nm bei 1700/min
Leergewicht: 2870 kg Zuladung 630 kg
Max. Anhängelast: 2500 kg
Stehhöhe: 1,95 m
Schlaf-/Sitzplätze: 2/4
Frisch-/Abwassertank: 100/80 l
Testverbrauch: 8,4 l / 100 km,
Basispreis: 69.070 Euro
Testwagenpreis: 98.430 Euro


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La Strada Avanti L.

La Strada Avanti L.

Foto: Autoren-Union Mobilität/Michael Kirchberger


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La Strada Avanti L.

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