Fahrbericht Lexus LBX: Durchbruch nach Europa?
21. Dezember 2023 Von Frank Wald, cen
So sollen schon im kommenden Jahr 25.000 Einheiten in Europa verkauft werden, obwohl die Auslieferung der ersten Fahrzeuge erst am 15. März 2024 beginnt. Als Konkurrenten hat Lexus für den nur Audi Q2 und Mini Countryman auserkoren, von Größe und Motorisierung würden aber auch Ford Puma oder Nissan Juke passen. Denn anders als es auf den ersten Blick erscheinen mag, ist der nur 4,19 kurze Crossover eng verwandt mit dem Toyota Yaris Cross. Beide basieren auf der sogenannten GA-B-Plattform, allerdings wurden Radstand und Breite vergrößert, die Höhe dagegen reduziert, was dem LBX gegenüber dem Konzernschwestermodell deutlich knackigere Proportionen mit kurzen Überhängen beschert.
Hinzu kommt ein neues, weniger aggressiv gestaltetes Design. Vor allem der bislang für Lexus typische „Diabolo“-Kühlerschlund wurde deutlich entschärft, fließt nun rahmenlos und trapezförmig nach unten weg. Dafür „lächeln“ jetzt Motorhaube und Bi-LED-Scheinwerfer im Verbund mit Motorhaube und Chromstrebe dem Betrachter entgegen. Auch sind die A-Säulen weit nach hinten platziert, was die Motorhaube sichtbar verlängert. Kompakt und knuffig die Heckansicht mit breit geschwungenen Schultern, verbundenen Heckleuchten und dem Markennamen in dicken Lettern darunter.
Selbstbewusst verweisen die Japaner auf die Modellbezeichnung, die im Gegensatz zu den alphanumerischen Kürzeln der übrigen Lexus-Modelle, aus drei Buchstaben besteht – bisher ein Privileg des Supersportwagens LFA – und die das Marketing gerne als „Lexus Breakthrough Crossover“ verstanden wissen will. Dieser „Durchbruch“ soll vor allem bei jüngeren, urbanen Europäern“ gelingen, sei der LBX doch ein „Lexus, in dem man sich in Jeans und Sneakern wohlfühlt und der gleichzeitig luxuriöse Handwerkskunst und Premium-Qualität vermittelt“, blümelt es aus der Pressemappe. Ob die sich allerdings auch die Premium-Preise leisten können, bleibt abzuwarten. Realistischer sind da vielleicht eher solvente „Best Ager“ und „Empty Nester“, deren Kinder aus dem Haus sind und die sich in einem modernen automobilen Look sehen wollen.
Zumal auch der Antrieb besser zu dieser Käuferklientel passen dürfte. Zum Einsatz kommt nämlich lediglich ein Hybridsystem, bei dem ein 1,5-Liter-Dreizylinder im Verbund mit einem Elektromotor eine Systemleistung von 136 PS (100 kW) generiert. Mit 185 Nm Drehmoment reisst der Wagen keine Bäume aus, entwickelt aber gleichwohl durch den stets präsenten Elektro-Boost einen flotten Antritt und ist auch schon nach 9,2 Sekunden auf Landstraßentempo. Auch die 170 km/h Spitze qualifizieren den Crossover nicht gerade zum jugendlichen Heißsporn. Dafür mutiert er mit einem zweiten Elektromotor an der Hinterachse als „E-Four“ zum Allradler, was ihn allerdings weder stärker noch schneller werden lässt. Im Gegenteil, für den Standard-Sprint auf Tempo 100 braucht er dann sogar vier Zehntel länger.
Auch das Fahrverhalten ist weniger dynamisch oder sportlich, sondern eher als solide und souverän zu bezeichnen. Lenkung und Fahrwerk sind präzise und direkt, vermitteln ein gutes Feedback zum Asphalt, der Abrollkomfort ist ebenfalls gut. Bemerkenswert ist jedoch das stufenlose CVT-Getriebe, das diesmal fast ohne lästigen Gummiband-Effekt vergleichsweise aufmerksam und direkt vor sich hin schnurrt und nur noch mal kurz aufheult, wenn abrupt das Gaspedal getreten wird. Was dann umso mehr ins Ohr sticht, weil ansonsten bis 100 km/h kaum etwas zu hören ist. Eine Ausgleichwelle am Motor absorbiert wirksam Vibrationen, Dichtungen und Isoliermatten im Dachbereich, rund um die Motorhaube sowie geräuschdämmende Bleche, Verkleidungen, Leisten und Schaumstoff dämpfen die akustische Kulisse auf Oberklasse-Niveau. Je nach Ausstattung gibt es on top dazu noch Akustikverglasung, die den Geräuschpegel weiter absenkt.
Lexus spricht bei seinem Zwitterantrieb jetzt von einem „selbstaufladenden Hybridantrieb“, auch wenn er keine fünf Kilometer rein elektrisch noch emissionslos fahren kann. Wie soll er auch, wenn der bipolare Nickel-Metallhydrid-Akku gerade mal eine Kilowattstunde Strom speichern kann. Dafür spart der automatisierte Wechsel aus Verbrenner und Elektromotor aber ordentlich Sprit beim städtischen Stop&Go sowie im Schubbetrieb auf der Kurz- und Langstrecke, was den kombinierten WLTP-Gesamtverbrauch unterm Strich zwischen 4,7 bis 4,4 Liter pendeln lässt. Ein Wert, der selbst bei unseren Testfahrten spielend zu erreichen war. Beim Allradler werden daraus im Schnitt bis zu 5,0 Liter.
Dass man in einem für die Klasse ungewöhnlich hochwertigen Auto sitzt, spürt man vor allem im Interieur. Schon die Türen, die mit einem satten Plopp schließen, geben einen ersten Hinweis darauf. Umgekehrt wird’s dafür etwas fummelig, weil die elektromechanischen Tastenöffner nicht immer zuverlässig funktionieren und stattdessen mit etwas Fingerhakeln betätigt werden müssen. Die Oberflächen sind weiträumig unterschäumt und alles, was die Hände berühren, fühlt sich hochwertig und gut verarbeitet an. Dazu kommen vier „Atmospheres“-Konfigurationen, die Farben, Oberflächen und Styling-Details in je zwei sportlichen oder eleganten Anmutungen vereinen. Dabei tragen die Varianten Emotion und Cool Zweifarb-Lackierung und 18-Zoll-Leichtmetallfelgen, die Versionen Elegant und Relax sind einfarbig lackiert, Sitze, Türverkleidungen, Instrumententafel und Polster an der Mittelkonsole sind hier mit veganem Synthetikleder oder dem aus dem Lexus LS bekannten Semianilinleder mit Kontrastnähten bezogen.
Am Lenkrad genießt der Fahrer einen guten Überblick, die wichtigsten Bedienelemente und Informationsquellen sind direkt um ihn herum angeordnet. Mit Ausnahme der Basisversion schaut er dabei immer auf ein digitales 12,3-Zoll-Kombiinstrument, in dem über nicht immer treffsicher zu bedienenden Sensortasten am Dreispeichen-Lenkrad eine Vielzahl von Funktionen angezeigt und nach Gusto eingestellt werden können. Letzteres gibt es ab Werk allerdings nur in den Topversionen Cool und Original Edition, ebenso wie das Head-Up-Display, das im Paket mit weiteren Goodies wie Einparkautomatik mit Fernsteuerung in allen anderen Ausstattungen 3700 Euro kostet. Eine indirekte Beleuchtung, optional in 64 möglichen Farben, an den Türgriffen, im Fußraum, an der Ladeschale sowie im unteren Konsolenfach sorgen für Edel-Ambiente, ein optionaler Premiumsound von Mark Levinson mit 13 Lautsprechern für entsprechende akustische Untermalung.
Griffgünstig in die Mittekonsole integriert ist das Infotainmentsystem mit 9,8-Zoll-Multimedia-Touchdisplay. Es ist mit dem neuen Link Connect System ausgestattet, das neben cloudbasierter Navigation auch über einen Sprachassistenten verfügt, der beispielsweise über das Kommando: „Hey Lexus, mir ist kalt“, die Innenraumtemperatur erhöht. Das iPhone kann per Apple Carplay drahtlos, Android-Geräte nur über eine Kabelverbindung integriert werden. Bis zu drei Nutzer können ihre individuellen Einstellungen für Multimedia, Innenraumbeleuchtung, Instrumentenanzeige sowie Sicherheits- und Assistenzsysteme vornehmen. Der Fahrer wird über den Schlüssel oder das verbundene Bluetooth-Gerät erkannt – bei Varianten mit Fahrermonitor sogar per Gesichtserkennung.
Apropos: Nur wenige Einschränkungen macht Lexus bei den Fahrassistenten. Bis auf den Kreuzungs- und adaptiven Fernlichtassistenten sind so gut wie alle zeitgemäßen elektronischen Helferlein serienmäßig an Bord. Leider aber eben auch der Fahrermonitor, der beim Überfahren der Fahrbahnbegrenzung oder Überschreiten der Tempolimits mit verschiedenen Warntönen nervt. Man kann den elektronischen Wächter abschalten, aber nach jedem Stopp ist das Gefiepe wieder da.
Auf der Rückbank ist in dem Fünfsitzer bequem Platz für Kopf und Knie, zu dritt könnte es je nach Körperumfang dennoch eng werden. Das gilt auch für den Kofferraum, der bescheidene 332 Liter Gepäck über eine recht hohe Ladekante verstaut. Beim Allrad stehen sogar nur noch 255 Liter Volumen zur Verfügung. Dafür ist er mit Ausnahme der Basisversion elektrisch zu öffnen und schließen, was in dieser Klasse eher selten zu haben ist.
Ob Lexus mit dem LBX der „Durchbruch“ gelingt, wird am Ende nicht zuletzt eine Preis-Wert-Frage sein. Zwar startet der Wagen bis Ende 2023 noch zum Einführungspreis ab 32.990 Euro, dann auch schon inklusive Navisystem und Fahrassistenzsysteme. Doch schon in zwei Wochen beträgt der reguläre Listenpreis 34.300 Euro. Und wer noch etwas mehr Komfort möchte, muss je nach „Atmosphere“-Konfiguration und Extra-Optionen bis zu mehr als 10.000 Euro drauflegen. Und dann ist man doch schnell wieder an der 50.000er-Grenze. (cen/fw)
Daten Lexus LBX
Länge x Breite x Höhe (m): 4,19 x 1,83 x 1,56
Radstand (m): 2,58
Antrieb: R3-Benziner, 1490 ccm, (69-kW-E), FWD, CVT-Automatik
Systemleistung: 100 kW / 136 PS bei 5500 U/min
Max. Drehmoment: 185 Nm bei 3500–4500 U/min
Höchstgeschwindigkeit: 170 km/h
Beschleunigung 0 auf 100 km/h: 9,2 Sek.
WLTP-Durchschnittsverbrauch: 4,7 - 4,4 Liter
Abgasnorm: 6e
CO2-Emissionen: 107-100 g/km
Leergewicht / Zuladung: min. 1280 kg / max. 475 kg
Kofferraumvolumen: 332–994 Liter
Max. Anhängelast: 750 kg
Basispreis: 32.990 Euro
Testwagenpreis: 42.810 Euro
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Lexus LBX.
Foto: Autoren-Union Mobilität/Lexus
Lexus LBX.
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Foto: Autoren-Union Mobilität/Frank Wald
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Head-up-Display im Lexus LBX.
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Adaptives Fernlicht im Lexus LBX.
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