Genf 2024: Geschrumpft und in chinesischer Hand
26. Februar 2024 Von Walther Wuttke, cen
Genf, die IAA und Paris, die großen europäischen Messen leiden unter einem Schwund an Ausstellern und Besuchern. So meidet Stellantis mit seinen vielen Marken schon seit einiger Zeit die Hallen und wird sogar in diesem Jahr in Paris fehlen, der traditionsreiche Brüsseler Salon fällt in diesem Jahr ganz aus, nachdem die großen Importeure abgesagt haben, und in Genf – nun ja – ist die Zahl der Aussteller bei der 100-Jahr-Feier der internationalen Messe sehr überschaubar. Neben Renault und Dacia zeigen vor allem chinesische und ein amerikanischer Hersteller ihre Neuheiten. Während Renault die Neuauflage des R 5 als E-Mobil zeigt, stehen bei Dacia der neue Duster und der elektrische Stadtwagen Spring mit geändertem Design im Mittelpunkt.
Und wie füllen die Verantwortlichen leeren Raum? Richtig, mit Klassikern, die Automobilgeschichte geschrieben haben und von denen viele ihr Debüt in Genf gefeiert haben. Zum ersten Mal werden hier die beiden Karosserien des Bugatti Royale Type 41 gemeinsam präsentiert: der Roadster Esders und das Coupé de Ville Binder.
Zum Auftakt der Messe wurde heute der Sieger bei der Wahl „Auto des Jahres“ bekanntgegeben. Die Wahl fand in diesem Jahr zum 60. Mal statt. Gewonnen hat sie der Renault Scénic E-Tech, der unter anderem den neuen BMW 5 hinter sich ließ.
Bis zum 3. März sollen, so hoffen die Veranstalter, rund 200.000 Besucher in das Messezentrum am Genfer Flughafen kommen. Die meisten Neuheiten kommen in diesem Jahr aus China. Bei BYD, vor 16 Jahren zum ersten Mal in Genf vertreten, steht der neuen Seal U DM-i als Plug-in-Hybridversion des vollelektrischen SUV Seal U. Die Kombination aus Verbrennungsmotor mit 109 PS (80 kW) und eines Elektromotors mit 145 kW (197 PS) soll sich in eine rein elektrische Reichweite von 115 Kilometern übersetzen. Insgesamt soll der Seal U DM-i mehr als 1000 Kilometer weit kommen und im zweiten Quartal bei den Händlern stehen. Gleichzeitig präsentiert BYD seine Luxusmarke Yangwang mit dem, so ein Sprecher der Marke, „stärksten SUV aller Zeiten“. Der Yangwang U8, der auch schwimmen kann, wird von einem 1100 PS (809 kW) starken Motor angetrieben, der den wuchtigen Klotz in 3,6 Sekunden von 0 auf 100 km/h beschleunigt. Für die Chinesen ist der Genfer Salon ein Heimspiel, was bei BYD durchaus wörtlich zu nehmen ist, denn der chinesische Hersteller feierte in Genf auch die Partnerschaft mit der UEFA für die Fußball-Europameisterschaft in Deutschland.
MG stellt in Genf seinen Kleinwagen MG 3 Hybrid Plus vor, der im zweiten Quartal zu den deutschen Händlern rollt. Der Vollhybrid kombiniert einen 102 PS (75 kW) starken Verbrennungsmotor mit einem 100 kW (136 PS) leistenden Elektroantrieb, die je nach Fahrbedingungen den Vortrieb übernehmen. Die Energie für den E-Antrieb stammt von einer 1,83 kW starken Batterie. Der Preis für den 4,11 Meter langen Kleinwagen steht noch nicht fest, soll aber bei rund 20.000 Euro für die Basisversion liegen.
MG feiert in diesem Jahr außerdem sein 100-jähriges Bestehen und als eine Art Geburtstagsgeschenk kommt daher der elektrische Roadster Cyberster auf den Markt. Mit dem Zweisitzer knüpft die einst britische Marke an ihre Wurzeln an. Als Antrieb wählten die Entwickler einen bis zu 400 kW (544 PS) starken Elektromotor, der die vier Räder antriebt. Von 0 auf 100 km/h beschleunigt der Sportwagen nach Werksangaben in 3,2 Sekunden. Die Heckantriebsvariante kommt mit 250 kW (340 PS) auf den Markt. Außerdem stehen auf dem Stand die ersten Modelle der neuen Marke IM, von der allerdings noch nicht bekannt ist, wann und auf welchen Marken die Limousinen angeboten werden.
Als Neuling präsentiert sich auch der chinesische Hersteller Shenzer mit einem Luxus-Van, der den programmatischen Namen „Royal Palace“ trägt und auf 5,40 Metern immerhin Platz für zwei Passagiere im Fond bietet. Als Antrieb wählten die Chinesen einen eher bescheiden anmutenden 2.0-Liter-Vierzylinder, der mit einer Neun-Gang-Automatik verbunden ist. Shenzer nutzt die Messe, um Vertriebspartner zu finden.
Der amerikanische Elektrospezialist Lucid zeigt in Genf sein erstes Elektro-SUV. Der Gravity soll zu sieben Erwachsene 700 Kilometer weit bringen. Außerdem stellen die Amerikaner mit dem Air Sapphire nach eigenen Angaben die erste Luxus-Sportlimousine vor, die von drei Motoren angetrieben wird.
Zielgruppe der Veranstalter sind „die Autobegeisterten, und all jene, die an den neuesten Entwicklungen der individuellen Mobilität interessiert sind“, erklärt Pressechef Mesquita in der Schweizer Tageszeitung „Blick“. Und: „Wir stellen das Auto in den Mittelpunkt.“ Und nicht auf Plätze in der Genfer Innenstadt, was auch am Termin der Messe liegt. Genf im Winter ist nicht gerade ein Ort, der zu Aktivitäten im Freien einlädt, und außerdem gehört die Genfer Stadtregierung ohnehin nicht zu den besonders autofreundlichen Verwaltungen.
Genf im Jahr 2024 ist auch eine Wette auf die Zukunft. „Nach einer langen Abwesenheit von vier Jahren ist der Genfer Automobilsalon zurück. Wir setzen auf einen dynamischen und unternehmerischen Wiederaufbau. Und unser Ziel ist es, den Autosalon von Jahr zu Jahr wachsen zu lassen“, blickt Alexandre de Senarclens, Präsident der Stiftung Comité permanent du Salon international de l‘Automobile in die Zukunft. Im kommenden Jahr soll der Salon auf jeden Fall wieder stattfinden, genauso wie der Genfer Ableger in Qatar. Die Termine werden demnächst bekanntgegeben. (cen)
Wenn Sie der Artikel für Ihr Medium interessiert, registrieren Sie sich bitte hier!
Dann können Sie den Artikel oder die Bilder und Videos herunterladen.
Genf 2024: Yangwang U8.
Foto: Autoren-Union Mobilität/Andreas Herker
Genf 2024: Renault 5 E-Tech Electric.
Foto: Autoren-Union Mobilität/Andreas Herker
Genf 2024: Renault 5 E-Tech.
Foto: Autoren-Union Mobilität/Andreas Herker
Genfer Automobilsalon 2024.
Foto: Autoren-Union Mobilität/Andreas Herker
Genf 2024: Dacia Spring.
Foto: Autoren-Union Mobilität/Andreas Herker
Genf 2024: Dacia Duster.
Foto: Autoren-Union Mobilität/Andreas Herker
Genf 2024: Dacia Sandrider.
Foto: Autoren-Union Mobilität/Andreas Herker
Genf 2024: MG Cyberster.
Foto: Autoren-Union Mobilität/Andreas Herker
Genf 2024: MG Cyberster.
Foto: Autoren-Union Mobilität/Andreas Herker
Genf 2024: MG Cyberster.
Foto: Autoren-Union Mobilität/Andreas Herker
Genf 2024: Der Renault Scenic E-Tech Electric ist Europas „Auto des Jahres“.
Foto: Autoren-Union Mobilität/Walther Wuttke
Genf 2024: Shenzer Royal Palace.
Foto: Autoren-Union Mobilität/Walther Wuttke
Genf 2024: Shenzer Royal Palace.
Foto: Autoren-Union Mobilität/Walther Wuttke
Genf 2024: Lucid Gravity.
Foto: Autoren-Union Mobilität/Andreas Herker
Genf 2024: Lucid Air.
Foto: Autoren-Union Mobilität/Walther Wuttke
Genf 2024: Lucid Air.
Foto: Autoren-Union Mobilität/Andreas Herker
Genf 2024: Lucid Air Sapphire.
Foto: Autoren-Union Mobilität/Andreas Herker
Genf 2024: Yangwang U8.
Foto: Autoren-Union Mobilität/Andreas Erker
Genf 2024: Yangwang U8.
Foto: Autoren-Union Mobilität/Andreas Erker
MG 3 Hybrid Plus.
Foto: Autoren-Union Mobilität/MG Motor
MG 3 Hybrid Plus.
Foto: Autoren-Union Mobilität/MG Motor
MG 3 Hybrid Plus.
Foto: Autoren-Union Mobilität/MG Motor
MG 3 Hybrid Plus.
Foto: Autoren-Union Mobilität/MG Motor
MG 3 Hybrid Plus.
Foto: Autoren-Union Mobilität/MG Motor