Am Verbrennerausstieg will der VW-Chef nicht rütteln
13. März 2024 Von Guido Reinking, cen
Und der Wind kommt derzeit tatsächlich von vorn: Das abrupte Ende der Elektroauto-Förderung in Deutschland hat der Nachfrage nach Batterieautos einen erneuten Schlag versetzt. Chinesische Hersteller kommen mit preiswerteren Modellen nach Europa und haben VW in China längst überholt. Nun wird in der EU das für 2035 geplante Verbrennerverbot wieder infrage gestellt. Dabei hat VW im vergangenen Jahr 35 Prozent mehr Elektroautos verkauft als 2022. Insgesamt ist der Absatz nur um zehn Prozent gestiegen.
Doch derzeit sieht es nicht danach aus, dass die E-Auto-Rallye weitergeht. Denn die Verunsicherung der Kundschaft wächst. „Wir erwarten von der Politik Planungssicherheit“, sagt Blume dazu. Und stellt klar: Wenn es nach ihm ginge, würden die Regeln nicht neu angepasst. Klimaneutrale Kraftstoffe, die Porsche bereits in Chile industriell herstellt, sieht Blume eher im Transportsektor, für Flugzeuge, Schiffe oder die Bestandsflotte an Autos – und vielleicht noch für Nischenfahrzeuge.
Der Konzern baut deshalb derzeit drei Batteriezellfabriken. Sie sind Teil der 170 Milliarden Euro, die VW in den nächsten fünf Jahren investieren will. Auch das ist ein Rekordwert, der in den nächsten Jahren wieder sinken soll, wie VW-Finanzchef Arno Antlitz ankündigte. Denn VW muss derzeit noch beides tun: Neue Elektroautos bauen, ohne die Verbrenner zu vernachlässigen. 130 Milliarden Euro investiert VW in die E-Mobilität, 50 Milliarden in Benziner und Diesel.
Denn in vielen Märkten ist ein Ende des Verbrenners noch nicht in Sicht ist. Also muss der nach Toyota zweitgrößte Autohersteller der Welt zweigleisig fahren. Blume: „Diese Flexibilität ist ein echter Wettbewerbsvorteil, um auch in Zukunft erfolgreich zu sein.“ Denn bisher hat nur Europa das Datum für den Verbrennerausstieg genannt. China, Nordamerika – mit Ausnahme Kaliforniens – und Südamerika drücken sich noch vor einem festen Termin. Und auch das Datum in Europa wackelt.
Die hohe Investitionsquote von 8,1 Prozent ist ein Grund, weshalb VW mit den eigenen Geschäftszahlen nicht wirklich zufrieden ist. „Robust“, sei das Ergebnis für 2023, so Finanzchef Antlitz, und das soll es auch 2024 bleiben. Mit 9,24 Millionen verkauften Autos hat VW im vergangenen 322,2 Milliarden Euro eingenommen. Unter dem Strich blieben dabei 22,6 Milliarden Euro an operativem Gewinn übrig. Die Rendite lag also bei sieben Prozent.
Das kann aber Investoren und auch das VW-Management nicht befriedigen. Denn Wettbewerber wie der Multi-Marken-Konzern Stellantis (u.a. Peugeot, Opel, Fiat, Jeep) verdienen deutlich mehr pro Auto: Der Konzern hat mit weniger Umsatz (189,5 Milliarden Euro) mehr Gewinn erzielt und eine Marge von 12,8 Prozent eingefahren.
Da will Volkswagen erst noch hin: „Wer mich kennt weiß, ich bin ein Freund von zweistelligen Umsatzrenditen“, sagt Blume, der in Personalunion auch Porsche führt. Er will damit sagen: Das Renditeziel von 8,5 Prozent, das er Volkswagen verordnet hat, ist die Mindesthöhe, die gerne übertroffen werden darf. Doch dazu müssen die Kosten sinken. Und der größte Kostenblock im VW-Konzern mit seinen weltweit 684.000 Beschäftigten ist das Personal.
„Der Vorstand verzichtet auf fünf Prozent seiner Bezüge denn auch hier sollten wir voran gehen“, sagt Blume, der im vergangenen Jahr als VW- und Porsche-Chef über acht Millionen Euro verdient hat. In den 114 Werken des Konzerns müssen die Arbeiter aber wohl keine Lohnkürzungen befürchten. Doch wird VW Stellen abbauen – und das möglichst geräuschlos. Die Babyboomer gehen auch bei Volkswagen in den nächsten Jahren in Rente. Viele ihrer Stellen werden nicht neu besetzt werden. Zumindest in diesem Bereich kommt der Wind für den Konzern mal aus der richtigen Richtung. (cen)
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