Kommentar: Der Klügere gibt nach

Parallelen zur hiesigen AfD sind bei der italienischen Partei „Fratelli d’Italia“ unverkennbar. Hat sie sich doch als postfaschistisch, rechtsradikal und rechtsextrem einen Namen gemacht. Aber anders als Weidels und Höckes Haufen in Deutschland hat sie zwischen Po und Busento weitestgehend das Sagen, allenfalls gebremst durch ihre – ebenfalls politisch mehr oder weniger rechts agierenden – Koalitionspartner Forza Italia und Lega. Vorsitzende und gleichzeitig Ministerpräsidentin ist Giorgia Meloni, ihr Parteifreund Adolfo Urso Minister für Unternehmen und „Made in Italy“ wie es ganz offiziell heißt. Und der sorgte jetzt mit reinrassigem Populismus für Aufsehen.

Erst am 10. April hatte das jüngste Modell und gleichzeitig der wichtigste Zukunftsträger von Alfa Romeo, das voll elektrische SUV Milano, in Mailand Weltpremiere gefeiert. Fünf Tage später handelte sich Alfa Romeo wegen der Namensgebung von Urso lautstarken Protest ein. Ein Auto, so der nationalbewusste Minister in Rom, dürfe schon von Gesetz wegen auf gar keinen Fall die Bezeichnung einer italienischen Stadt aufweisen. Schließlich werde es gar nicht auf italienischem Boden gefertigt.

Tatsächlich liegt die Produktionsstätte des jüngsten „Alfisti“ in Tychy im Süden Polens. Dort lässt Stellantis NV, die Muttergesellschaft von Alfa Romeo, eine ganze Reihe Modelle aus der Vielzahl ihrer unterschiedlichen Marken von Fiat über Jeep und Opel bis Lancia bauen.

Ob der Protest etwas damit zu tun hat, dass Urso jüngst den 15. April zum „Giornata Nazionale del Made in Italy“ erklärte, also zum Nationalfeiertag von Made in Italy? Das liegt auf den ersten Blick nahe. Tatsächlich jedoch dürfte das Motiv ein tieferes sein. Denn Stellantis und Urso sind sich bereits seit längerer Zeit nicht grün. Den Minister ärgert es, dass der italienisch-französische Konzern mit Sitz in den Niederlanden „immer weniger Autos und Autoteile in Italien produzieren lässt“ wie die Frankfurter Allgemeine mutmaßte. Deshalb poche er auf den Schutz von Herkunftsbezeichnungen wie er auch von der EU gewährt werde. Danach darf zum Beispiel Champagner nur aus der Champagne stammen, Parmaschinken nur aus Parma und Lübecker Marzipan nur aus Lübeck.

Ob so etwas freilich im Zeitalter der Globalisierung auch für Autos gilt, ist mehr als zweifelhaft. Die werden fast überall auf der Welt aus Komponenten zusammengebaut, die ihren Ursprung wer weiß wo haben und ohne die sie nicht funktionieren würden. Winziges Beispiel dafür sind etwa elektronische Bauteile aus Taiwan oder Batterien aus China.

Alfa Romeo ließ jedoch den Proteststurm aus Rom wegen seines Milano elegant an sich vorbei ziehen wie ein Torero den angriffslustigen Stier. Statt zu schmollen oder sich seinerseits bei Minister Urso zu beklagen, tauften sie den Milano kurzerhand um.

Der heißt jetzt Junior.

Dazu hieß es unmittelbar nach der ministeriellen Rüge in einer Pressemitteilung von Alfa Romeo am Montag lapidar: „Der Name Milano ist nicht ok? Dann eben Junior!“ Einen Seitenhieb in Richtung Rom konnten sich die Norditaliener allerdings nicht verkneifen: „In einer der wichtigsten Wochen für die Zukunft von Alfa Romeo erklärte ein italienischer Regierungsbeamter (Anmerkung der Redaktion: Damit meinten sie den Minister), dass die Verwendung der Modellbezeichnung Milano für den kürzlich vorgestellten neuen Kompakt-SUV gesetzlich untersagt ist. Obwohl Alfa Romeo der Meinung ist, dass der Name alle gesetzlichen Anforderungen erfüllt, hat Alfa Romeo beschlossen, ihn im Sinne gegenseitigen Verständnisses von Milano in Junior zu ändern.“

Der Klügere gibt halt nach. Und außerdem haben beide Namen bei Alfa Romeo ihre eigene Geschichte. Bereits von 1985 bis 1992 hieß der Alfa Romeo 75 in den USA Milano, und der Alfa Romeo Zagato Junior war ein zweitüriges Sportcoupé, das von 1969 bis 1975 vom Band lief. (cen/hrr)


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Bilder zum Artikel

Alfa Romeo Milano.

Alfa Romeo Milano.

Foto: Autoren-Union Mobilität/Stellantis


Hans-Robert Richarz.

Hans-Robert Richarz.

Foto: Auto-Medienportal.Net