Bosch setzt auf Künstliche Intelligenz und Vielfalt im Antrieb
18. April 2024 Von Guido Reinking, cen
Damit steht Bosch vor dem gleichen Dilemma wie die gesamte europäische Automobilindustrie: Die Politik schreibt eine Technologie vor, aber viele Kunden wollen sie nicht kaufen. Ergebnis: Die Werke für Verbrenner-Komponenten sind derzeit bei Bosch voll ausgelastet, was man für die Produktion von Teilen fürs Elektroauto nicht sagen kann.
Dabei muss Bosch nicht nur den europäischen Markt im Blick haben, wo das Unternehmen 2023 fast die Hälfte des Umsatzes von 91,6 Milliarden Euro erzielt hat. 27,9 Milliarden kommen bereits aus Asien-Pazifik, vor allem aus China und Indien. Dort gehen die Uhren anders: Während Europa vor allem auf den batterieelektrischen Anrieb für Pkw und Lkw setzt, ist man in China und Indien breiter aufgestellt. „In Indien kommt in diesem Jahr ein Wasserstoffmotor mit unserer Technologie im Nutzfahrzeug auf die Straße“, sagt Hartung. Bosch hat mitgeholfen, diesen Antrieb zu entwickeln. Wasserstoff verursacht bei der Verbrennung keine Abgase und kann klimaneutral erzeugt werden.
In der Wasserstoff-Technologie sieht Bosch ohnehin die Zukunft. Das Unternehmen baut nicht nur Brennstoffzellen, die aus Wasserstoff abgasfrei elektrischen Strom erzeugen, sondern steigt in den Markt für Elektrolyse-Anlagen ein, in denen Wasserstoff erzeugt wird. Hartung: „Bis 2030 kann unser Umsatz mit Wasserstoff-Technik voraussichtlich fünf Milliarden Euro erreichen.“ Doch auch hier werde der Leitmarkt, wie beim Elektroauto, zunächst China sein.
In allen drei Bereichen, Verbrenner, Brennstoffzelle und batterieelektrischer Antrieb, wollen sich die Stuttgarter engagieren. Die Mobilitätssparte macht 56,2 Milliarden Euro des Umsatzes aus, der im vergangenen Jahr währungsbereinigt um 6,9 Prozent gewachsen ist. Damit bleibt Bosch die Nummer eins weltweit. Zweitgrößter Bereich sind Konsumgüter wie Waschmaschinen (129,9 Milliarden Euro), gefolgt von Energie- und Haustechnik (7,7 Milliarden Euro) sowie der Industrietechnologie (7,4 Milliarden Euro).
2023 hat Bosch mit seinen 429.416 Mitarbeitern ein operatives Ergebnis von 4,8 Milliarden Euro erzielt, eine Milliarde mehr als 2022. Doch die Zahl der Beschäftigten wird sich voraussichtlich nicht halten lassen: „Um wettbewerbsfähig zu bleiben, müssen wir auch Strukturen verändern und Stellen abbauen“, sagt Bosch-Chef Hartung. Wie viele Stellen verloren gehen, hängt auch von politischen Entscheidungen ab. Hartung: „Wir können die Arbeitsplätze, die zum Beispiel mit dem bevorstehenden Aus von Verbrennungsmotoren in europäischen Neufahrzeugen verlorengehen, nicht eins-zu-eins mit neuen Technologien ersetzen.“ Bosch müsse sich nicht nur um das ökologische, sondern auch um das gesellschaftliche Klima kümmern. Hartung: „Zwar ist es eine gute Nachricht, dass wir 2023 besser abgeschnitten haben als erwartet. Aber 2024 ist erneut anspruchsvoll.“
Um die deutschen Standorte und Arbeitsplätze wettbewerbsfähig zu halten, investiert Bosch in diesem und im nächsten Jahr vier Milliarden Euro in Anlagen, Forschung und Entwicklung. Einer der Schwerpunkte ist hier die Künstliche Intelligenz (KI). Tanja Rückert, verantwortlich für Digitalisierung bei Bosch, beschreibt an einem Beispiel, wie KI schon jetzt eingesetzt wird: Bleibt ein Auto liegen, kann der Fahrer oft die Pannenhilfe nicht sofort erreichen, weil das Callcenter überlastet ist: „Wir haben einen Assistent Chat Bot entwickelt, der in einer natürlichen Sprache spricht, Dialekte und Fremdsprachen versteht. So kann ein Großteil der Anfragen sofort beantwortet und das Problem gelöst werden, ohne Wartezeit. Die Zufriedenheitsrate der Nutzer beträgt 98 Prozent. Damit verdienen wir heute schon Geld.“ Bosch sieht daher künstliche Intelligenz als die Zukunftstechnologie, die alle Bereiche beeinflussen wird. Stefan Hartung: „Kein Unternehmen hat in Deutschland im vergangenen Jahr so viele Patente angemeldet wie Bosch – auch bei KI liegen wir hier an der Spitze.“
Wenn Sie der Artikel für Ihr Medium interessiert, registrieren Sie sich bitte hier!
Dann können Sie den Artikel oder die Bilder und Videos herunterladen.
Bosch-Produktion einer Wasserstoff-Brennstoffzelle in Feuerbach bei Stuttgart.
Foto: Autoren-Union Mobilität/Bosch
Elektrolyse-Modul zur Wasserstoff-Herstellung von Bosch.
Foto: Autoren-Union Mobilität/Bosch
Bosch-Geschäftsführer Stefan Hartung.
Foto: Autoren-Union Mobilität/Bosch