Eine Familie unterwegs im VW ID Buzz

Bei seiner Weltpremiere im Herbst 2022 verbreitete Volkswagen-Vorstandsmitglied Thomas Schäfer noch Optimismus „Der ID Buzz“, so glaubte der VW-Markenchef, „ spricht unterschiedlichste Kunden an – Familien, Leute mit großem Platzbedarf fürs Hobby sowie Unternehmer und Handwerker. Für den ID Buzz werden sich Umsteiger aus der SUV- und der Van-Welt ebenso entscheiden wie Fans, die elektrisch fahren möchten.“ Bislang tun sie das allerdings nur mit gebremstem Schaum. Ähnlich wie bei der Konkurrenz üben sich deutsche Autokäufer hinsichtlich der Elektromobilität zurzeit so sehr in Zurückhaltung, dass sich die „Braunschweiger Zeitung“ im Februar diesen Jahres sorgenvoll fragte: „ID Buzz von VW: Wird der Hoffnungsträger zur Enttäuschung?“

Dabei wäre der Nachfolger des legendären VW-Bulli mit seinem eindrucksvollen Platzangebot das ideale Fortbewegungsmittel für Großfamilien samt Gepäck für ausgedehnte Reisen schlechthin. Wir machten deshalb mit einer Familie aus dem Bergischen Land in der Nähe von Köln die Probe aufs Exempel. Würde sie sich für den Van aus der VW-Palette begeistern können, obwohl er seine Kraft ausschließlich aus einer Batterie zieht?

Als der Wagen zur Probe bereitsteht, nimmt Eddi ihn als erster in Beschlag. Kurzer Anlauf, langer Satz – und schon macht er es sich im Kofferraum des VW ID Buzz gemütlich. Der Grund, warum er der Schnellste ist, liegt wahrscheinlich daran, dass er als Hund – und damit einziges Mitglied der Familie – über vier statt nur zwei Beine verfügt. Die anderen, das sind Mutter Jule, Vater Andreas sowie die beiden Söhne Matti und Emil, lassen es langsamer angehen. Sie nehmen den Wagen zunächst von außen unter die Lupe.

Was sie da sehen, entspricht durchaus ihren Vorstellungen von einer bequemen Reiselimousine. Da fällt zunächst die zweifarbig-frische Lackierung in Bay Leaf Green Metallic vom Boden bis zur Gürtellinie und darüber in Candy ins Auge wie VW die Kombination aus Türkis und Weiß nennt. Vorne verbreitet die knuffige Nasenpartie mit freundlichem Lächeln Sympathie, dahinter lassen sich die beiden Seitentüren links wie rechts konventionell öffnen, während die beiden hinteren Einstiege als Schiebetüren funktionieren. Zuletzt gähnt eine großzügig gestaltete Heckklappe, die bei Bedarf das Beladen von sperrigem Gepäck ohne größere Anstrengungen verspricht.

Ein paar Tage soll das Auto der Familie zum Ausprobieren zur Verfügung stehen, denn Jule und Andreas werden demnächst vor der Entscheidung stehen, welches Fahrzeug sie sich als neue Familienkutsche anschaffen wollen. Sie besitzen derzeit als Zweitwagen einen batteriebetriebenen Kleinwagen, und die größere Limousine, ein Fahrzeug der oberen Mittelklasse mit Dieselmotor, ist inzwischen in die Jahre gekommen. Welches Modell die Nachfolge antreten soll, steht noch in den Sternen. Hauptsache, das Auto bietet viel Platz und wenn es elektrisch fährt, ist das auch kein Hindernis. Denn was den nötigen Strom angeht, so ist die Familie zumindest im Sommer autark. Andreas hat das Hausdach weitestgehend mit Solarpaneelen zugedeckt, kann den Strom für sonnenlose Stunden speichern und hat die gerechte Elektrizitätsverteilung zwischen Haushalt und Mobilität inklusive E-Bikes minutiös ausgetüftelt. Dass der Nachfolger des legendären VW T1 in die engere Wahl kommt, wäre also im Bereich des Möglichen.

Inzwischen ist fast vergessen, dass der ID Buzz von heute bereits vor 52 Jahren einen Vorläufer besaß. 1972 zeigte Volkswagen auf der Hannover-Messe einen Kleinbus mit einem Elektromotor im Heck. Der hatte freilich wegen der unzureichenden Batteriekapazität damaliger Zeiten nur die recht beschränkte Reichweite von 85 Kilometern. Wie sehr sich die Technik seither weiter entwickelt hat, beweist der Buzz. Seine realistische Reichweite liegt in der Gegend von 390 Kilometern, und an einer DC-Schnellladesäule kann er laut Werksangaben eine Ladeleistung von bis zu 170 kW vertragen und – wenn diese Stromtankanlage tatsächlich so viel hergeben würde wie sie verspricht – die Batterie innerhalb von einer halben Stunde von fünf auf 80 Prozent füllen.

Zusätzlich zeigt eine Menge bereits serienmäßig vorhandener Assistenzsysteme von der Abstandswarnung über das vorausschauende Notbremssystem oder die Verkehrszeichenerkennung bis zum Müdigkeitswarner und dem Spurhalte- und Ausweichassistenten, dass die Zeit seit 1972 nicht stehen geblieben ist. Daneben aber erinnert das Buzz-Design mit seinen kurzen Überhängen, der geräumigen Innenausstattung unverkennbar an den Ur-Bulli, während seine progressive Elektrotechnik für die Zukunft steht.

Bewähren soll sich der ID Buzz bei einer Fahrt von der Kölner Bucht in das nicht weit entfernte Moseltal und den südlich davon liegenden Höhenzug Hunsrück. Den ersten Tourenabschnitt absolviert das Fahrzeug auf vierspuriger Strecke weitestgehend der Nase nach. Zum Meckern oder gar Beschwerden gab es keinen Anlass. Der Geradeauslauf ist dank des großen Radstands einwandfrei, erst später auf engen Landsträßchen im Hunsrück fällt Andreas, dem zuvor die Höchstgeschwindigkeit auf der Autobahn von 145 km/h zu wenig war, hin und wieder die Neigung des Autos zum leichten Untersteuern in flott gefahrenen Kurven auf. Das Fahrzeug versucht dann beispielsweise in Linkskurven nach rechts auszubrechen – allerdings nur dann, wenn die Grenzen der Physik in gefährliche Reichweiten gelangt waren. Ansonsten bereitete der ID Buzz keine Probleme.

Jule begeistert sich insbesondere für die vielen Ablagemöglichkeiten im Auto für jede Menge Krimskrams. Bei einer anderen Tour funktioniert sie den Wagen kurzerhand für sich und Sohn Emil in ein provisorisches Wohnmobil um. Bei umgeklappten Rücksitzlehnen passt nämlich dort, wo Handwerker zwei Europaletten verstauen können, locker auch eine breite Matratze hinein. Das reicht für einen erholsamen nächtlichen Schlaf der beiden während der VW in der Hofeinfahrt von Jules Vater – also Emils Opa – geparkt wird.

Ginge es nach Jule und den Söhnen hätte der ID Buzz durchaus Chancen, in die engere Wahl zu kommen. Nur Andreas ist skeptisch. Er wünscht sich gerne mehr Temperament von seinem nächsten Auto. Und es käme ihm auch grade recht, wenn der Wagen darüber hinaus eine höhere Anhängelast bewältigen könnte. Immerhin träumt der passionierte Segler von einem eigenen Boot. Aber da kann ihm geholfen werden – zumindest, was das Fahrzeug angeht.

Noch in diesem Jahr soll der Vorverkauf für den ID Buzz GTX beginnen. Der superstarke Elektro-Wagen ist künftig mit zwei Radständen, zwei Batteriegrößen und wahlweise als Fünf-, Sechs- oder Sieben-Sitzer erhältlich. Zwei E-Maschinen – eine treibt die Vorderachse mit 80 kW (109 PS) an, die andere mit 210 kW (286 PS) die Hinterachse – sorgen zusammen für Allradantrieb. Die Höchstgeschwindigkeit der GTX-Modelle soll bei 160 km/h liegen, aus dem Stand auf 100 km/h beschleunigen könnte der Kraftprotz in etwas mehr als sechs Sekunden. Was die Anhängelast angeht, so verspricht VW mögliche 1800 Kilogramm. Wäre das was? „Vielleicht.“

Am Ende des Familientests winken Jule, Andreas, Matti und Emil dem Buzz nur ein hoffnungsvolles „Goodbye, vielleicht bis später“ hinterher. Und Eddi? Der wedelt mit dem Schwanz. (cen/Hans-Robert Richarz)

Daten VW ID Buzz Pro

Länge x Breite x Höhe (m): 4,71 x 1,99 x 1,93
Radstand (m): 2,99
Antrieb: Synchron-Motor, 1-Gang-Getriebe, RWD
Leistung: 150 kW / 204 PS
Max. Drehmoment: 310 Nm
Höchstgeschwindigkeit: 145 km/h
Beschleunigung 0 auf 100 km/h: 10,2 Sek.
WLTP-Durchschnittsverbrauch: 20,5–21,7
kWh Batteriekapazität: 82 kWh
WLTP-Reichweite: max. 423 km
Leergewicht / Zuladung: 2471 kg / 529 kg
Kofferraumvolumen: 1121–2205 Liter
Max. Anhängelast: 1000 kg
cw-Wert: 0,285
Basispreis: 64.581 Euro


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Kommt der VW ID Buzz in Frage? Die Testfamilie (von links): Sohn Matti, Hund Eddi, Mutter Jule, Sohn Emil und Vater Andreas.

Kommt der VW ID Buzz in Frage? Die Testfamilie (von links): Sohn Matti, Hund Eddi, Mutter Jule, Sohn Emil und Vater Andreas.

Foto: Autoren-Union Mobilität/privat


VW ID Buzz.

VW ID Buzz.

Foto: Autoren-Union Mobilität/privat


VW ID Buzz in Cochem an der Mosel.

VW ID Buzz in Cochem an der Mosel.

Foto: Autoren-Union Mobilität/privat


Mit dem VW ID Buzz in Cochem an der Mosel.

Mit dem VW ID Buzz in Cochem an der Mosel.

Foto: Autoren-Union Mobilität/privat


VW ID Buzz in Cochem an der Mosel.

VW ID Buzz in Cochem an der Mosel.

Foto: Autoren-Union Mobilität/privat


Der VW ID Buzz tankt auf: Zeitvertreib an der Ladesäule.

Der VW ID Buzz tankt auf: Zeitvertreib an der Ladesäule.

Foto: Autoren-Union Mobilität/privat


Sohn Emil im kurzfristig zum Wohnmobil umfunktionierten VW ID Buzz.

Sohn Emil im kurzfristig zum Wohnmobil umfunktionierten VW ID Buzz.

Foto: Autoren-Union Mobilität/privat


Familienhund Eddi im VW ID Buzz.

Familienhund Eddi im VW ID Buzz.

Foto: Autoren-Union Mobilität/privat


VW ID Buzz.

VW ID Buzz.

Foto: Autoren-Union Mobilität/privat


VW ID Buzz im Hunsrück.

VW ID Buzz im Hunsrück.

Foto: Autoren-Union Mobilität/privat


VW ID Buzz beim Familientest im Hunsrück.

VW ID Buzz beim Familientest im Hunsrück.

Foto: Autoren-Union Mobilität/privat